Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Suendiger Hauch

Titel: Suendiger Hauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
Vom Netzwerk:
unerschütterliche Unterstützung seines Freundes überflutete.
    »Wir werden sie schon finden«, hatte Jason sofort gesagt, als er von ihrem Verschwinden erfahren hatte. »Wir werden einfach nicht aufgeben, bis wir sie gefunden haben.« Entschlossenheit hatte aus seiner Stimme geklungen, und Lucien hatte ihm geglaubt. Er nahm seinen Rock von der Lehne des Stuhls, ignorierte das Hämmern in seinem Kopf und die Müdigkeit in seinen Gelenken und folgte seinem Freund.
    Kathryn verließ ihr kleines schiefergedecktes Häuschen auf dem Kliff außerhalb von St. Ives und ging eilig den Pfad hinab ins Dorf. Sie lebte nun bereits seit fast zwei Monaten im Dorf und arbeitete als Hebamme, erfüllte jedoch nebenbei noch unzählige andere Arbeiten.
    Heute war sie von Agnus Pots gerufen worden, einer alten Frau, die so gebückt ging, dass sie aussah wie ein Gnom. Kathryn sollte der jungen Frau eines Fischers bei der Geburt ihres ersten Kindes helfen. Agnus war bis zu Kathryns Ankunft die erste Hebamme im Dorf gewesen, doch inzwischen war sie zu schwach für diese Arbeit und deshalb dankbar für ihre neue Assistentin.
    Während der ersten Wochen war jedermann klar geworden, dass Kathryn mehr konnte, als nur Kinder zur Welt zu bringen, und ihr Aufgabengebiet hatte sich seitdem stetig erweitert. Menschen jeden Alters und jeder Klasse und mit den unterschiedlichsten Krankheiten suchten sie in ihrem Häuschen am Dorfrand auf, und Kathryn tat ihr Bestes, um ihnen zu helfen.
    Es war genau das Leben, das sie sich immer erträumt hatte. Ihre Arbeit war wichtig, sie tat etwas Nützliches und fühlte sich gebraucht.
    Aber auch einsam, schrecklich einsam.
    Sie vermisste Lucien mehr, als sie sich jemals hätte vorstellen können. Ihr fehlte sein Lächeln, der Klang seiner Stimme, seine Schritte, wenn er im Raum umherging. Sie vermisste den kleinen Michael und machte sich große Sorgen um ihn. Sie vermisste ihre Heimat in Sussex, ihren Ehemann und ihre Familie, und es gab keinen einzigen Tag, an dem ihr dieses Gefühl nicht einen tiefen Stich versetzte. Sie betete, Lucien möge ihr vergeben, dass sie erneut Unruhe in sein Leben gebracht hatte.
    Das kleine Haus des Fischers tauchte vor ihr auf. Kathryn schob ihre traurigen Gedanken beiseite, öffnete die aus rohen Brettern bestehende Haustür und trat in das Zimmer, in dem die junge Lisette Gibbons wimmernd auf dem Bett lag.
    »Wie geht es ihr?«, fragte Kathryn Agnus, während sie den dicken Bauch des Mädchens betrachtete, der sich zwischen den abgenutzten, doch sauberen Laken wölbte.
    »Sie hat Schmerzen, starke Schmerzen, aber ich glaub nich’, dass was nich’ in Ordnung ist. Das Kind kommt wohl bald.«
    Kathryn trat an die Bettkante, wrang das feuchte Tuch, das in einer Schüssel neben dem Bett lag, aus und tupfte die
    Schweißtropfen ab, die sich auf Lisettes glühend heißer Stirn gebildet hatten. Sie war eine große junge Frau, blond und blauäugig mit ausladenden Hüften, was die Geburt des Kindes erheblich erleichtern würde.
    »Entspannen Sie sich«, sagte Kathryn beruhigend. »Das Kind kommt bald, und dann ist alles vorbei.«
    »Ich sterbe«, stöhnte Lisette. »Ich sterbe, genauso wie meine Schwester.« Stöhnend und schwitzend fluchte sie über den Schmerz, ihren aufgeblähten, plumpen Leib und schließlich über ihren Ehemann, der sie in diese Lage gebracht hatte.
    Kathryn drückt sanft ihre Schulter. »Es ist schon in Ordnung, Lisette. Sie werden nicht sterben. Versuchen Sie einfach, ruhig zu bleiben. Wenn die nächste Wehe kommt, will ich, dass sie so fest wie möglich pressen.«
    Das Mädchen wimmerte und biss so fest auf ihre Unterlippe, dass ein kleiner Tropfen Blut herausquoll. Sie war schweißnass und ihr Nachthemd klebte klamm an ihrem schwerfälligen Körper. Ihre Handgelenke waren am Kopfende des Bettes angebunden.
    »Tu, was sie dir sagt, Kind«, wies Agnus Pots sie an, »und sei froh, dass sie hier is’. Ich bin zu alt und schwach, um die Arbeit selbst zu machen so wie früher.«
    Kathryn lächelte die alte Hebamme an und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, auf der sich ebenfalls Schweiß gebildet hatte. Lisette wurde jäh von der nächsten heftigen Wehe überrollt, doch obwohl sie vor Schmerz schrie, tat sie genau, was Kathryn ihr gesagt hatte, und plötzlich glitt ein kleiner Junge auf diese Welt.
    Kathryn übergab das Baby Agnus, der es mit gurrenden Geräuschen säuberte und in eine Wolldecke hüllte, bevor sie es in die Arme seiner völlig

Weitere Kostenlose Bücher