Suendiger Hauch
Leidenschaft, ihren unschuldigen Küssen, die so real zu sein schienen, dass er sich allzu gern hatte täuschen lassen, was ihn schließlich in dieses Verderben geschickt hatte.
Statt hier herumzusitzen und sich selbst zu bedauern, sollte er lieber hinaufgehen und sich das holen, was Kathryn Grayson so überzeugend an jenem Abend angeboten hatte. Das, was sie gegen die Sicherheit, seinen Namen tragen zu dürfen, eingetauscht hatte. Lucien ließ den Deckel ein wenig zu heftig zuschnappen und warf die Dose auf den Tisch zurück. Einige Strähnen seines schwarzen Haares hatten sich gelöst. Er riss das Band in seinem Nacken auf und schleuderte es von sich, sodass sein Haar wild und ungebändigt in sein Gesicht fiel.
Er trank einen weiteren Schluck aus seinem Glas, lehnte sich auf dem Sofa zurück und dachte an Kathryns süßen kleinen Körper, die Sanftheit ihrer Lippen, während er sich wünschte, er wäre in der Lage, sie für all dies bezahlen zu lassen.
Kathryn stand stumm in der Mitte des königsblauen Schlafzimmers, das sie schon während ihres ersten Aufenthaltes im Schloss bewohnt hatte. Sie war nicht in den Privaträumen der Marquise untergebracht worden, wie es eigentlich in Anbetracht der Tatsache hätte sein sollen, dass sie Litchfields Frau war. Auf der anderen Seite hatte sie ohnehin nicht erwartet, dass dies so sein würde.
Die Hochzeit war vorüber, und sie war eine verheiratete Frau. Nun, zumindest so gut wie verheiratet. Die Treuegelübde waren nicht abgelegt worden und würden auch niemals abgelegt werden. Sie würde nie wirklich Luciens Frau sein, denn so sehr sie ihn auch liebte, er würde ihre Liebe niemals erwidern. Er wollte eine süße, sanfte Frau wie Allison Hartmann, als was Kathryn weiß Gott nicht bezeichnet werden konnte. Er missbilligte ihre Studien und konnte ihre Entschlossenheit nicht verstehen, mit der sie sich darauf stürzte, mehr über
Krankheiten und die Heilkünste zu erfahren. Dennoch war es etwas, das ihre gesamte Aufmerksamkeit forderte und das sie nie würde aufgeben können.
Kathryn durchquerte das Zimmer, setzte sich auf den Sessel unter dem Fenster und lauschte dem eisigen Regen, der gegen die Fensterläden prasselte. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, sah sie wieder die schreckliche Szene vor sich, die Tränen in Allison Hartmans Augen und den Zorn in Luciens Gesicht.
»Das Schlimmste ist überstanden«, hatte die Herzogin gesagt, als Kathryn und Tante Winnie sie aus der Kapelle begleitet hatten. »Es ist eine Schande, dass es so weit gekommen ist, doch jetzt ist es vorbei und vergessen. Von jetzt an können die Dinge nur besser werden.«
Doch Kathryn hatte den Kopf geschüttelt. »Er hasst mich. Ich habe seine Heiratspläne mit Allison Hartman durchkreuzt und ihn vor seinen Freunden bloßgestellt. Lucien wird mir nie verzeihen.«
»Sie haben getan, was Sie tun mussten. Vielleicht später einmal -«
»Ich habe einen Fehler gemacht. Egal, was passiert wäre, ich hätte das nicht tun dürfen - nicht mit ihm. Nicht nach allem, was er für mich getan hat.«
Velvet hatte eine Hand auf Kathryns Schulter gelegt. »Lucien liebt Allison Hartman nicht. Er hat es mir selbst gesagt. Und ich glaube nicht, dass sie ihn liebt. Geben Sie ihm etwas Zeit, Kathryn. Sie sind ihm wichtig, das war vom ersten Tag an so. Vielleicht wird er irgendwann einmal in der Lage sein, das alles hinter sich zu lassen und zu vergessen.«
Kathryn fühlte, wie eine neuerliche Woge des Schmerzes sie überrollte. Dieses Gefühl hatte sie seit der Hochzeit so oft übermannt, dass es sich zu einem fast ständigen Pochen in ihrem Körper entwickelt hatte. »Ich habe ihn hintergangen. Ich wollte es nicht, aber ich habe es getan. Ich wünsche mir so sehr, es gäbe einen Weg, es ungeschehen zu machen«, hatte sie resigniert geantwortet.
In diesem Augenblick betrat Tante Winnie das Schlafzimmer und unterbrach ihre düsteren Gedanken. Sie trug noch immer das malvenfarbene Seidenkleid, und ihr silberblondes Haar schimmerte im Schein des Kaminfeuers. Mit entschlossenem Lächeln kam sie auf Kathryn zu. Zumindest auf Tante Winnie konnte sie sich verlassen.
»Komm, Liebes«, sagte sie. »Es ist Zeit, dass du diese Kleider ausziehst. Immerhin ist dies tatsächlich deine Hochzeitsnacht.«
Kathryn fühlte einen bohrenden Schmerz in der Magengegend. Unwillkürlich quollen die Tränen aus ihren Augen und bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen. Sie versuchte, sie unauffällig wegzuwischen, doch Tante Winnie
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