Suendiger Hauch
Kirchentür her zu ihnen drang, ließ ihn abrupt innehalten.
Der Anblick von Allison Hartman, Lady St. James und Allisons Vater, dem Baron, die sich im Kircheneingang aufgebaut hatten, ließ Kathryn für einen Moment schwanken. Carlyle schoss von seinem Platz hoch, und die Herzogin gab einen kurzen Entsetzensschrei von sich.
Mit zitternden Händen hielt Kathryn sich am Altar fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Am anderen Ende der Kirche dröhnte die Stimme des Barons durch das erschütterte Schweigen der Anwesenden. »Guter Gott, Litchfield, was soll das alles bedeuten? Was, zum Teufel, geht hier vor?« St. James, ein bulliger Mann mit breiter Brust und strammen Waden in weißen Strümpfen, stapfte wie ein wild gewordener Stier den Gang entlang, während sein makelloser, tannengrüner Samtumhang um seine Beine wogte. Unmittelbar vor Lucien, der ihn um einen halben Kopf überragte und mit durchgedrückten Schultern aufrecht vor ihm stand, blieb er stehen. Der Baron legte den Kopf in den Nacken und sah zu ihm auf.
»Sagen Sie mir, dass meine Augen mich täuschen. Sagen Sie mir, dass ich nicht soeben Zeuge Ihrer Hochzeit geworden bin.«
»Ich habe Ihnen eine Nachricht zukommen lassen«, sagte Lucien. »Ich habe Sie um ein Treffen morgen um zwei Uhr mit Ihnen und Ihrer Familie gebeten. Haben Sie diese Mitteilung nicht erhalten?«
»Ich habe sie erhalten. Als ich sie meiner Frau zeigte, flehte sie mich an, nicht bis morgen zu warten. Martha war voller Sorge, dass hier irgendetwas Merkwürdiges vorgeht. Sie fürchtete, dass Sie immer noch mit dieser Verrückten aus dem St. Bart’s zu tun haben.« Er warf einen zornigen Blick in Richtung des Altars. »Wenn die Frau, die Sie soeben geheiratet haben, Lady Kathryn Grayson ist, dann hatte meine Frau offenbar Recht.«
Allison, die die Hand ihrer Mutter umklammert hielt, mischte sich mit zitternder Stimme in das Gespräch. »Lucien? Mylord? Sie haben sie doch nicht wirklich geheiratet?« Sie starrte Litchfield aus ihren großen blauen Augen an, während die Tränen über ihre Wangen flossen. Ihr dunkelblaues Reisekleid aus Seide ließ sie leichenblass aussehen, und als Kathryn ihr erschüttertes Gesicht sah, fühlte sie, wie eine neuerliche Woge von Schuld in ihr aufstieg.
Lucien ging am Baron vorbei und blieb vor Allison stehen.
»Lady Allison. Ich habe Ihnen großes Leid zugefügt. Es war nie meine Absicht, sie in irgendeiner Weise zu verletzen, obwohl genau das, wie es scheint, soeben geschehen ist. Es reicht nicht aus, Ihnen zu sagen, dass es mir Leid tut. Ich werde Sie nicht um Verzeihung bitten, höchstens vielleicht zu einer Zeit, zu der Sie beschlossen haben, mir zu vergeben.«
»Ihnen vergeben?« Ihre Hand entzog sich der seinen, und sie presste schniefend ein zartes Spitzentaschentuch gegen ihre Nase. »Sie haben mein Leben ruiniert, Sir. Sie haben mich vor der gesamten Londoner Gesellschaft zum Gespött gemacht. Niemals, solange ich lebe, werde ich Ihnen vergeben.«
Sie wandte sich um, raffte ihre schwingenden Röcke und rannte aus der Kapelle, während die Absätze ihrer zum Kleid passenden blauen Slipper über den Steinboden klapperten.
Ihre Mutter starrte mit vor Ärger hochrotem Gesicht zu Litchfield empor. »Sie und dieses... dieses Luder. Ich wusste, dass so etwas passieren würde. Wenn diese kleine Hure nicht gekommen wäre -«
»Madam«, warnte Lucien mit ruhiger Stimme. »Ich verstehe, dass all dies Sie sehr aufgeregt hat. Doch ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie von meiner Frau sprechen.«
Ihre Wangen blähten sich, während ihr üppiger Busen sich im Rhythmus ihres Atems hob und senkte. »Sie, Sir, sind alles andere als ein Gentleman.« Sie drehte sich um, um ihrer Tochter zu folgen, und ließ die Kirchentür mit einem Krachen ins Schloss fallen. Die anderen Gäste saßen noch immer in fasziniertem Schweigen auf ihren Bänken, als hätten sie soeben der Aufführung einer Shakespeare-Tragödie beigewohnt.
Die Augen des Barons bohrten sich in Litchfields Gesicht. »Dafür sollte ich Sie zur Rechenschaft ziehen.«
Litchfield sah plötzlich unendlich erschöpft aus. »Das ist Ihr gutes Recht. Ich werde selbstverständlich für alle Unkosten aufkommen, die durch die Hochzeit entstanden sind, und Ihnen erlauben, dass Sie und Ihre Tochter die Zusammenhänge in einer Weise erklären, die Ihnen angemessen erscheint.« Seine Spannung wich ein wenig, während eine tiefe Müdigkeit sich auf seine Schultern zu legen schien. »Es tut mir
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