Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)
Fanchere, die sich in ihre nachmittäglichen hellen Kleider gekleidet hatten, die direkt auf den Fürsten zusteuerten. Leider war Miss Chegwidden nicht in ihrem Schlepptau. Da drohten ernste Probleme.
Jean-Pierre brachte sich in Position, um das Gespräch zu belauschen.
»Eleonore, du hast mir doch versprochen, dass Miss Chegwidden an dieser Gesellschaft teilnehmen wird. Sag mir jetzt nicht, dass sie nicht mitgekommen ist.« Sandre klang nicht fürstlich, sondern eher verdrießlich.
»Nein, Sandre. Es tut mir wirklich leid.« Lady Fanchere wirkte, als bedauerte sie es sehr.
»Ist es wegen Aimée? Sie bleibt doch nicht wegen Aimée fern, oder?« Er hob die Stimme, wenn er ihren Namen sagte.
»Das ist nicht der einzige Grund«, sagte Eleonore beruhigend. »Aimée hat sich mit ihrer Zofe in ihr Haus begeben, bis sie abreist. Man hat mir gesagt, jemand von unserem Personal habe sich verletzt, und Miss Chegwidden sah sich gezwungen, dort zu bleiben und sich um ihn zu kümmern.«
Sandre atmete schwer. Er war eindeutig wütend, doch er hielt sich vor seiner Cousine und vor den anderen Gästen sichtlich zurück. Ein paar ausländische Besucher und ihre Diener waren von den Wachsoldaten nicht besonders sanft angefasst worden. Die Gerüchte über die zunehmende Instabilität des Lands taten ein Übriges, sodass immer mehr Reisende Moricadia verließen und ihr Geld mitnahmen. Sandre konnte es sich nicht leisten, noch mehr Gäste zu verprellen, indem sich die Nachricht verbreitete, dass es zu einem fürstlichen Tobsuchtsanfall gekommen sei. »Ich hoffe, die Verletzung deines Dieners ist nicht so schlimm, dass du Unannehmlichkeiten hast, Eleonore.«
Jean-Pierre trank sein Glas leer und fand im selben Moment ein Tablett mit frischem Absinth direkt vor seiner Nase. Er schaute den Lakaien nicht an. Es interessierte ihn nicht, wer der Mann war. Das Einzige, was ihn interessierte, war die Antwort auf seine Frage. Also machte er einen Schritt nach vorne und fragte: »Wer wurde verletzt?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe nicht danach gefragt.« Sie drückte die Hand auf ihren Unterleib. »In letzter Zeit habe ich den Anblick von Blut nicht besonders gut vertragen.«
»Dann ist es eine ernsthafte Verletzung?« Jean-Pierre tauschte sein leeres Glas gegen ein volles.
»Ich glaube schon«, antwortete sie. »Warum fragst du?«
Jean-Pierre schaute sich um. »Wo ist eigentlich Durant?« Er war vor zwei Jahren noch nicht Teil des inneren Kreises gewesen, als Sandre Michael Durant einkerkern ließ. Aber er erinnerte sich sehr gut an Durant. Er war eingebildet gewesen, hatte viel gelacht und die Damen mit seinem Charme verführt. Die Männer hatte er bei jeder Gelegenheit übertrumpft und immer im Spiel gewonnen – genau der Typ Mann, der in die Rolle des Schnitters schlüpfen mochte.
»Der letzte Ball war zu viel für seine Stimme. Der arme Mann.« Plötzlich schien sie zu verstehen, in welche Richtung seine Fragen abzielten. Mit einem tadelnden Blick in Jean-Pierres Richtung wandte sie sich an Sandre. »Mein Fürst, wenn er nicht in unserer Gesellschaft ist oder mit Eurer Erlaubnis an einem gesellschaftlichen Ereignis teilnimmt, ist Michael Durant stets in dem Witwensitz eingeschlossen, und unsere Diener und Wachen passen auf ihn auf.«
»Das stimmt, Euer Hoheit«, sagte Fanchere.
Jean-Pierre hob seine Augenbrauen. Es bedurfte einer Menge, um Fanchere zum Sprechen zu bringen.
»Ihr habt ihn meiner Obhut anvertraut«, sagte Fanchere mit seiner langsamen, exakten Stimme. »Ich bin kein Narr, der glaubt, sich erlauben zu dürfen, Euch zu enttäuschen.«
Präzise und auf den Punkt, fand Jean-Pierre. Mit zwei Sätzen hatte Fanchere Sandre daran erinnert, dass Sandre ihm vertraute. Zugleich ließ er subtil durchblicken, dass Fanchere sich vor dem Fürsten und seinen brutalen Repressalien fürchtete. Was er übrigens auch sollte, wie Jean-Pierre inzwischen wusste.
»Absolut richtig«, sagte Eleonore. »Außerdem wird Aimée vor Einbruch der Nacht in unser Haus zurückkehren und ist zur Stelle, um für Miss Chegwidden als Anstandsdame zu fungieren. Im Übrigen würde Miss Chegwidden nie etwas tun, von dem sie glaubt, es sei falsch.«
Sandre lachte. Er lachte tatsächlich! »Unser Cousin Jean-Pierre glaubt allen Ernstes, dass Michael Durant der Schnitter sein könnte. Aber ich kenne diesen bemitleidenswerten Aristokraten besser. Er fällt ja schon bei meinem Anblick zu einem Häuflein Elend zusammen. Ich versichere euch, er würde sich
Weitere Kostenlose Bücher