Sündiges Abenteuer: Roman (German Edition)
ihren Fall aufzuhalten, hatte sie die Arme ausgebreitet. Blut war über den Boden gespritzt und befleckte die weißen Marmorfliesen. Sie bewegte sich nicht. Sie war tot. Jetzt konnte sie die Gerüchteküche um den Schnitter nicht länger anheizen. Gut so.
Diese Aufgabe hatte er mit Bravour erledigt.
Er hatte festgestellt, dass es gar nicht so schwer war, jemanden zu ermorden, wenn man zur Übung ein paar Mal auf Frauen und Kinder geschossen hatte.
40
Lady Fanchere fuhr vor Aimées Ch â teau vor, zügelte das Pony und hob den Picknickkorb von der Ladefläche. Aimée war bestimmt froh, sie zu sehen, und das war das Mindeste, was Eleonore tun konnte – sie wollte Aimée helfen, das Ch â teau zu verschließen, in dem sie so lange mit Rickie gewohnt hatte. Außerdem wollte sie ihr eine gute Reise wünschen, ehe sie aufbrach und ihr neues Leben begann.
Das Anwesen lag ruhig da. Es war zu ruhig. Keine Vögel sangen in den Bäumen. Nichts bewegte sich in der Umgebung.
Niemand kam heraus, um sie zu begrüßen, kein Diener kam, um ihr beim Tragen zu helfen. Aimée hatte ihre Leute schon entlassen. Sie hatte ihnen Geld, gute Wünsche und Empfehlungsschreiben mit auf den Weg gegeben und sie dann weggeschickt.
Es gab also keinen Grund, sich wegen der Stille unwohl zu fühlen.
Eleonore schleppte den Korb zur Eingangstür, öffnete sie und betrat das Haus. »Aimée!«, rief sie. »Elixabete!« Ihre Stimme hallte die Treppe hinauf und herunter.
Sie war so sehr mit dem sperrigen Korb beschäftigt, dass sie zuerst nicht bemerkte, was da vor ihr mitten in der Halle auf dem Boden lag.
Dann erkannte sie es.
Ein Körper, der vom Sturz zerschmettert war, lag da. Der Körper trug Aimées Kleid, und durch die blutigen Haare auf dem gebrochenen Schädel waren Aimées farbenfrohe Haarbänder geflochten.
Eleonore schrie auf. Sie rannte zu Aimée, hob den leblosen Körper hoch und barg ihn in ihren Armen.
Der Leichnam war noch warm.
Sie schrie erneut.
»Eleonore, warum bist du hergekommen?« Fanchere beeilte sich, mit ihr Schritt zu halten, während sie durch den Palast direkt auf Sandres Arbeitszimmer zusteuerte.
Sie blickte ihn nicht an. Er war ihr Ehemann, und zum ersten Mal in ihrem Leben schämte sie sich vor ihm.
Sie war schließlich auch eine de Guignard.
Er musste ihre Miene bemerkt haben, vielleicht auch ihre blutigen Hände oder … oder etwas anderes. Er packte sie und hielt sie mit aller Kraft zurück. Dann musterte er sie eingehend und fragte: »Was ist los? Was ist passiert?«
»Aimée wurde ermordet. Sie haben Aimée ermordet.« Eleonore wiederholte es wieder und wieder, als könnte sie es irgendwann begreifen, wenn sie es nur oft genug sagte.
»Bist du sicher?« Fanchere schüttelte den Kopf, als verwirrte ihn seine eigene Frage.
Eleonores Kleid war über und über mit Blut befleckt. Dort hatte Aimées zerschmetterter Schädel geruht, als sie ihn an ihre Brust drückte. »Aimée wurde ermordet, und ich werde das jetzt Sandre melden. Er will bestimmt, dass der Mörder gefasst wird. Das weiß ich.« Sie schritt wieder fest entschlossen auf Sandres Arbeitszimmer zu.
Fanchere versuchte nicht, sie aufzuhalten. Aber er blieb dicht neben ihr.
Die Doppeltüren zu Sandres Arbeitszimmer waren geschlossen, davor stand auf jeder Seite ein Wachposten.
Das war Eleonore egal. Sie blickte die beiden Männer herausfordernd an, dann verkündete sie mit einer Stimme, mit der sie noch nie gesprochen hatte: »Ich bin die Cousine des Fürsten. Ich werde hineingehen.«
Sie traten vor, um Eleonore davon abzuhalten.
»Wollt ihr mich mit Gewalt davon abhalten, zu Sandre vorgelassen zu werden?«
Die Wachen wichen zurück.
Fanchere öffnete ihr die Türen.
Sie trat ohne Zögern ein.
Sandre saß ganz entspannt mit einer Pobacke auf dem Schreibtisch und redete mit Jean-Pierre. Er lachte.
Sie lachten gemeinsam.
Als sie Eleonore erblickten, verstummte ihr Lachen.
»Was ist mit dir passiert?«, fragte Sandre. Er klang nicht im Geringsten überrascht.
Darum sagte sie ihm – sagte beiden Männern –, was sie in Aimées Haus vorgefunden hatte.
Aimées Leichnam. Zerschmettert auf den Marmorfliesen.
Elixabete, deren Schädel von einem silbernen Leuchter eingedrückt worden war. Deren Nase gebrochen war, weil jemand nach ihr getreten hatte.
Sandres Trauer war gut gespielt. »Die arme Aimée«, meinte er. »Ich habe schon so etwas befürchtet. Sie konnte einfach nicht ohne Rickie leben. Darum hat sie erst versucht, diese
Weitere Kostenlose Bücher