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Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Mallory
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zu.
    »Warum kommen Sie heute wieder hierher?«
    Unbehaglich trat Miranda von einem Fuß auf den anderen. »Weil ich die Bücher in der Bibliothek ordnen soll.«
    »Das weiß ich, Miss. Aber was machen Sie am Hintereingang? Sie können den Vordereingang benutzen.« Das Mädchen zeigte zur Zufahrt.
    »Ich dachte, ich sollte hier reingehen«, erwiderte Miranda verlegen.
    »Nein, durch die Küche muss nur unsereins, Sie nicht.«
    »Ich arbeite doch genauso hier wie Sie.«
    »Nein, nein. Gehen Sie mal schön vorne rein. Wenn ich Sie in die Küche lasse, macht die Köchin mir die Hölle heiß.«
    »Sie verstehen nicht …«, begann Miranda.
    »Wie auch immer, Sie müssen vorn anklopfen«, fiel das Mädchen ihr resolut ins Wort, und eine ältere Magd, die hinzugetreten war, nickte energisch.
    Na schön. Miranda fügte sich in ihr Schicksal, war aber fest überzeugt, dass man ihr vorne die Tür weisen würde. Andererseits verspürte sie keine Lust, weiter mit dem Küchenmädchen zu streiten.
    Als sie um die Ecke des Hauses bog, sah sie Jeffries auf den Eingangsstufen stehen. Gebieterisch winkte er sie zu sich, und unwillkürlich drehte sie sich um, ob er jemand anderen gemeint haben könnte. Da sie niemanden entdeckte, stieg sie gottergeben die Stufen hoch. Offenbar hatte sich die Nachricht über ihre Ankunft bereits im ganzen Haus herumgesprochen.
    »Guten Morgen, Miss Chase.« Der Butler führte sie in die Halle. »Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen?«
    Verblüfft schlüpfte sie aus ihrem Mantel und erinnerte sich gerade noch rechtzeitig an ihre Manieren. »Ja, bitte. Danke, Mr. Jeffries.«
    »Soll ich Sie zur Bibliothek geleiten?«
    Sie starrte ihn entgeistert an. Was war das? Seit wann »geleitete« ein Butler eine bezahlte Arbeitskraft irgendwohin? Bestenfalls wies er einen Lakaien an, ihr den Weg zu zeigen. Oder die Haushälterin – es sei denn, die war nur für Zimmermädchen und Zofen zuständig. Andererseits war hier alles anders, denn welcher Viscount holte schon seine Bücher eigenhändig in einem Laden ab? Irgendwie schien das insgesamt ein verrückter Haushalt zu sein.
    »Äh … Ja bitte, das wäre nett.« Natürlich hätte sie auch alleine zur Bibliothek gefunden, doch das schickte sich bestimmt nicht. Miranda kannte sich aus mit gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Durch ihre Mutter, die an einem Lehrinstitut für höhere Töchter unterrichtet hatte und ihr alles beibrachte, was zur Etikette gehörte. Sie war immer davon ausgegangen, dass die Tochter eines Tages in ihre Fußstapfen treten würde, aber nach ihrem Tod hatte sich alles geändert.
    »Hier entlang.« Jeffries verneigte sich höflich, wenngleich ihm anzumerken war, dass er ihre Anwesenheit missbilligte.
    Ich bin nur hier, um die Bibliothek zu organisieren , hätte sie am liebsten gesagt, doch das würde zu albern klingen.
    In dem langen Gang unterbrachen zwei Hausmägde ihre Arbeit, um Miranda zu mustern – die eine verstohlen, die andere offenkundig. Noch nie hatte sie sich so fehl am Platze gefühlt, und sie merkte zum ersten Mal, welch ein Segen es war, in der Buchhandlung mit den Schatten zwischen den Regalen verschmelzen zu können.
    Endlich erreichten sie die Bibliothek. »Man wird Ihnen später ein Lunchtablett bringen, Miss Chase«, sagte der Butler.
    »O nein, ich kann in die Küche …«
    Jeffries hob eine Hand. »Diese Mühe müssen Sie sich nicht machen. Brauchen Sie sonst noch etwas?«
    »Nein, danke.«
    »Dann wünsche ich Ihnen einen guten Tag. Bitte, läuten Sie, wenn Sie etwas benötigen.«
    Seine knappe Verbeugung und sein kühler Tonfall deuteten darauf hin, dass er genau das erwartete. Vermutlich war er an anspruchsvollere Besucher gewöhnt.
    Erleichtert atmete sie auf, als sich die Tür hinter ihm schloss. Schon nach wenigen Sekunden verhallten seine Schritte im Flur. In vornehmen Häusern legte man Wert darauf, dass das Personal sich so unauffällig wie möglich bewegte, um die Herrschaften nicht zu stören. Nur in den Küchenräumen herrschte fröhliche, lärmende Geschäftigkeit.
    Manchmal wünschte Miranda, sie könnte aufs Land zurückkehren, wo sie früher mit ihrer Familie zumeist gelebt hatte. Als Tochter eines strengen, angesehenen Gelehrten. Nur schien es ihr fraglich, ob man ihr, als inzwischen junger Frau, noch die Freiheiten erlauben würde, die sie in ihrer Kindheit genossen hatte, als sie sich mit dem Bruder im Dorf herumtrieb und ungezwungen durch Wälder und Felder streifte. Nein, dort stand sie bestimmt mehr

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