Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)
zerstört, so etwas von Ihnen zu hören.«
Sie gab einen leisen, dezenten Laut von sich. Ihre Art, belustigte Geringschätzung zum Ausdruck zu bringen. »Wie gerne würde ich das sehen … Schicken Sie mir eine Nachricht, wenn es wirklich so weit ist.«
Der Viscount verneigte sich. »Ja, selbstverständlich.«
»Einem Gerücht zufolge suchen Sie etwas … Dauerhaftes.«
»Meistens spiegeln solche Gerüchte die Wünsche anderer wider.«
»Und manchmal enthalten sie ein Körnchen Wahrheit.«
»Eine respektable Lebensweise hat mich nie gereizt.«
»Als könnten Sie jemals respektabel sein«, seufzte die Countess. »Nein, ich sprach von einer dauerhaften Bindung, das ist ein großer Unterschied.«
»Für einige Leute kommt das so ziemlich auf das Gleiche heraus.«
Nachdenklich starrte sie ihn an. »Auch für Sie, Downing? Das ist die Frage. In diesem Fall bin ich geneigt, den Gerüchten zu glauben. Immerhin haben Sie sich in den letzten Monaten verändert.«
»Wie ich gestehen muss, lasse ich mein Haar derzeit etwas zu lang wachsen. Natürlich werde ich meinen Kammerdiener sofort ohrfeigen.«
»Hm. Jedenfalls wundere ich mich …« Unvermittelt wandte sie sich an Miranda. »Guten Tag, Miss Chase, das war eine sehr interessante Begegnung.«
»Guten Tag, Mylady, es war mir ein Vergnügen.« Miranda knickste höflich.
»Oh, unsere Wege sollten sich bald wieder kreuzen. Kommen Sie demnächst in meinen Salon, mit oder ohne Downing.« Die Countess sagte es so beiläufig, als habe sie nicht soeben eine der begehrtesten Einladungen von London ausgesprochen.
»Downing.«
Er verbeugte sich erneut, wenngleich diesmal etwas steifer.
Wie in Trance verließ Miranda an der Seite des Viscount das Haus. Später vermochte sie sich nicht mehr daran zu erinnern, wie sie in die Kutsche gelangt war. »Die Originalnotizen für Was ihr wollt «, murmelte sie, während der Wagen sanft schaukelnd dahinfuhr. »Um alles in der Welt – wie sind sie in die Hände von Lady Banning geraten?«
»Die Countess ist gleichermaßen raffiniert wie rücksichtslos, wenn sie etwas in ihren Besitz bringen will.«
»Aber ich verstehe nicht, wieso sie dem Tauschgeschäft zugestimmt hat.«
Miranda wusste, dass es nahezu unmöglich war, an Originalnotizen von Shakespeare heranzukommen, denn solche Kostbarkeiten pflegten in mysteriösen Kanälen zu verschwinden.
»Weil sie verrückt ist nach Bilderhandschriften.« Lässig trommelten Downings Finger auf die Samtpolster. »Ich sammle sie speziell als Tauschobjekte für Lady Banning. Dafür opfert sie fast alles. Für Shakespeares Notizen verlangte sie drei Exemplare. Heute habe ich ihr das letzte gebracht. Es hat sich gelohnt.«
Miranda fiel ein, dass die Countess den skandalösen Text aus dem vierzehnten Jahrhundert erwähnt hatte. Vielleicht bevorzugte sie ja sogar dieses Genre.
»Wenn das so ist, werde ich Ihnen die Bilderhandschrift zurückgeben, die Sie mir geschenkt haben, Mylord.«
»Warum denn das?«, fragte er sichtlich verständnislos.
»Die hätte ich niemals annehmen dürfen – ein so teures Geschenk.«
Was hatte sie sich bloß dabei gedacht? Und überdies tat sie ihm vielleicht bei Lady Banning noch gute Dienste.
»Unsinn! Wenn ich die Handschrift brauchen würde, hätten Sie sie nicht bekommen. Übrigens hoffe ich, das Werk gefällt Ihnen.« Sein Blick glitt über ihre Gestalt. »Und ich will, dass Sie’s behalten.«
Unter Mirandas Haut setzte wieder dieses verfluchte Prickeln ein.
»Und genauso eindeutig wünsche ich mir heute Abend Ihre Begleitung in die Vauxhall Gardens.«
»Oh?«
Damit ich die Illustrationen in die Praxis umsetze, dem Sirenenruf folge, mich endlich lebendig fühle?
»Eine Belohnung, weil Sie mir letzte Woche meine Bücher gebracht haben.« Die beiläufige Erklärung stand in krassem Widerspruch zu den eindeutig vorhandenen, unterschwelligen Begierden.
So locker wie möglich erwiderte sie: »Etwas anderes konnte ich schließlich nicht tun, nachdem Sie die Bücher absichtlich im Laden zurückgelassen hatten.«
»Dann belohne ich Sie für die Katalogisierung meiner Bibliothek.« Langsam zeichnete sein Finger ein Muster auf sein Knie.
»Dafür bezahlen Sie mich.«
»Also dann dafür, dass Sie Sonne in meine dunklen Tage bringen. Dinieren Sie heute Abend mit mir.«
Oh, diese gefährliche, verführerisch einschmeichelnde Stimme … Sie durfte ihn nicht zu diesem Maskenfest begleiten, es wäre reiner Wahnsinn. Für alle Zeiten würde der Geist ihrer
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