Sündiges Verlangen: Erotischer Roman (German Edition)
Erstaunen Volker Reimann. Offenbar war er aus irgendeinem geschäftlichen Grund vorbeigekommen, und Helene hatte ihn eingeladen, zum Essen zu bleiben. Carolina hatte kein Interesse an nachbarschaftlichen Beziehungen, wie Robert Garell sie gepflegt hatte, doch Helene versuchte verzweifelt, alte Sitten aufrechtzuerhalten.
Wie üblich, thronte Carolina am Kopf der Tafel, an der problemlos zehn Personen Platz fanden, sodass immer nur das obere Ende gedeckt wurde.
Simone hielt sich einen Moment an Türrahmen fest, dann ging sie entschlossen auf die blonde Frau zu, die ihr Bruder heiraten wollte.
»Hallo, ich bin Simone, Jans Schwester.« Sie streckte die Hand über den Tisch, kam aus dem Gleichgewicht und musste sich neben einem leeren Teller abstützen. Dabei kam ein Weinglas ins Wanken und fiel um. Zum Glück war es noch nicht gefüllt, und Helene stellte es mit der Linken unauffällig wieder an seinen Platz, während sie mit der Rechten noch die Suppenterrine zurechtrückte.
»Veronika. Veronika Lind.« Mit einem schüchternen Lächeln auf den Lippen war ihre künftige Schwägerin aufgesprungen und streckte ebenfalls die Hand aus. Es war eine kleine Hand, ebenso zart wie die Frau, die den hochgewachsenen Garell-Frauen nur bis an die Schultern reichte. Wenn Jan seine Verlobte küssen wollte, musste er sich sicher bücken, was angesichts der Tatsache, dass ihr Bruder auf zierliche, blonde Frauen stand, nicht verwunderlich war.
»Das ging ja schnell mit Jan und dir.« Nachdem sie Veronika die Hand geschüttelt und Volker knapp zugenickt hatte, ließ Simone sich auf ihren Platz sinken.
»Ja. Ich bin selber ziemlich erstaunt.« Nervös schob Veronika ihr leeres Glas hin und her.
»Wo die Liebe hinfällt.« Simone griff nach der bereits geöffneten Weinflasche, schenkte reihum jeweils einen Fingerbreit von dem Riesling ein und füllte ihr eigenes Glas bis zum Rand. Sie brauchte einen kräftigen Schluck, und zwar möglichst schnell.
Ihr war klar, dass ihr Verhalten der Braut ihres Bruders auffallen musste. Doch sie hatte es mittlerweile längst aufgegeben, ihr Tun zu verbergen. Im Grunde versteckte sie auch die Flaschen in ihrem Zimmer nur noch aus Gewohnheit. Da in ihrer Familie über wichtige Dinge grundsätzlich nicht geredet wurde, schwiegen alle zu ihrem Alkoholkonsum. Vielleicht auch, weil es allen, bis auf Helene, egal war.
Carolina war mit anderen Dingen beschäftigt. Und Jan lebte seit Monaten in seiner eigenen Welt. Er machte seine Arbeit auf dem Gut, die hauptsächlich in der Vermarktung der Weine bestand, war aber mit seinen Gedanken woanders. Vielleicht würde die Frau aus Hamburg ihn wieder ins Hier und Jetzt zurückbringen.
»Willkommen, Veronika.« Schwungvoll hob Simone ihr Glas, und ein Teil des Weins schwappte auf das weiße Tischtuch.
»Vielen Dank.« Veronika ließ sich nicht anmerken, dass sie das Malheur bemerkt hatte.
Auch die anderen am Tisch griffen nach ihren Gläsern. Simones Verhalten und ihr leichtes Lallen konnten auch ihnen nicht entgehen. Entweder sie waren daran gewöhnt, oder man sah aus einem anderen Grund diskret darüber hinweg.
Wenn man Carolina sah, war es schwer vorstellbar, dass sie sich einmal liebevoll um ihren Sohn Jan und die kleine, mutterlose Simone gekümmert hatte. Dafür war offenbar Helene zuständig gewesen. Auch Nika gegenüber verhielt Carolina sich kühl und distanziert. Als Nika zum Essen nach unten gekommen war, hatte ihre künftige Schwiegermutter schon am Tisch gesessen. Sie trug ein hochgeschlossenes schwarzes Kleid, ihre dunklen Haare waren streng aus dem Gesicht gekämmt und im Nacken mit einer Spange zusammengefasst. Bei ihrem Anblick fragte sich Nika sofort, ob dies die Frau war, die sie im Weinkeller beim Sex gesehen hatte. Von der Figur her passte es. Aber verhielt sich so eine Gutsherrin, die ihren fünfzigsten Geburtstag schon hinter sich hatte?
Carolina Garell war groß und schlank und besaß einen für ihren schmalen Körper erstaunlich üppigen Busen. Erst auf den zweiten Blick erkannte man, dass sie nicht mehr jung war. Vielleicht war ihr Gesichtsausdruck schon immer so unbewegt gewesen wie an diesem Abend, und durch diesen Trick hatte das Schicksal keine Chance gehabt, Falten in ihre Haut zu graben.
Sie hatte Nika mit wenigen Worten begrüßt und sich in das anschließende unbehagliche Schweigen hinein nach Jan erkundigt. Es tat Nika gut, über ihren Verlobten, seine Geschäfte und seine Pläne für die folgenden Tage zu erzählen, über
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