Sündiges Verlangen: Erotischer Roman (German Edition)
gefragt, alle glauben, ich bin zu alt. Ich lebe in diesem Haus, seit ich fünfzehn war und als Kindermädchen für den kleinen Robert Garell hierherkam. Das Haus gehört viel eher mir als Carolina. Es ist mehr meine Familie als ihre. Jede Nacht habe ich Albträume, in denen ich ausziehen muss. Doch das wird nicht geschehen. Niemals!«
»Darum hast du neulich im Schlaf so laut geschrien«, erinnerte sich Nika. Wieder versuchte sie, mit dem Stuhl von Helene wegzurücken, aber die alte Frau hielt mit erstaunlicher Kraft die Lehne fest. Wenn Nika die Küche verlassen wollte, musste sie Gewalt anwenden. Sicher war sie stärker als Helene. Aber es widerstrebte ihr, die alte Frau auf den Boden zu werfen und womöglich zu verletzen. Sie musste mit ihr reden. Helene war nicht dumm, sie würde einsehen, dass sie nichts davon hatte, wenn sie ihr etwas antat. Und dass Nika ohnehin keine Gefahr für sie darstellte.
Dichte weiße Dampfschwaden waberten um die beiden Frauen herum. Helene schien nichts davon zu bemerken. Sie löste die Hand von der Stuhllehne und legte sie in Nikas Nacken – eine eiskalte Hand, die für eine so winzige Frau erstaunlich schwer war.
»Ich werde Jan nicht heiraten«, erklärte Nika mit lauter, klarer Stimme. »Morgen früh packe ich meine Sachen und verlasse das Haus.«
»Du lügst. Ich habe euch eben noch in seinem Schlafzimmer gehört. Dein ekelhaftes Schreien und Stöhnen. Und er hat dir die Perlen geschenkt. Er will dich heiraten, und er wird es tun.« Helene packte die Kette in Nikas Nacken und zog daran, sodass Nika das Gefühl hatte, nicht mehr genug Luft zu bekommen. Verzweifelt bemühte sie sich, ruhig zu bleiben.
»Ich habe einen anderen Mann kennengelernt und mich in ihn verliebt. Deshalb werde ich Jan nicht heiraten.« Das war die Wahrheit. Und die musste Helene doch glauben.
»Du lügst. Die anderen Männer haben dich nicht interessiert. Sanders, Volker, Bruno und Steffen – ich dachte, du bist eines von diesen unmoralischen Mädchen aus der Stadt, aber sie konnten dich alle nicht verführen, du wolltest nur Jan.« Die Kette zog sich enger um Nikas Hals. Sie versuchte aufzustehen, aber mit erstaunlicher Kraft drückte Helene sie mit ihrer freien Hand zurück auf den Stuhl.
»Ich habe mich in einen anderen verliebt. Er heißt Falk Sommer und ist Tierarzt«, beteuerte Nika und versuchte, ihren Zeigefinger zwischen die Kette und ihre Kehle zu schieben, doch die Perlenschnur lag schon zu straff um ihren Hals.
»Du hast Jan betrogen! Wie kannst du dir das erlauben!«, zischte Helene, zerrte heftig an der Kette, und Nika röchelte. Endlich begriff sie, dass es ihr nicht gelingen würde, die alte Frau zur Vernunft zu bringen. Sie ruderte wild mit den Armen, während sie erneut aufzustehen versuchte.
Die kleine Frau hing jedoch wie ein Dämon an ihrer Schulter und ließ auch die Kette nicht los. Warum zerriss die Perlenkette nicht? Verzweifelt rang Nika nach Luft.
Sie kämpfte die Panik nieder und gab sich einen Ruck. Dieses Mal unterschätzte sie Helenes Kräfte nicht, und es gelang ihr, auf die Füße zu kommen. Immer noch klammerte die alte Frau sich an ihrer Schulter fest, aber sie hatte vor Überraschung die Kette losgelassen, und Nika sog dankbar Luft in die Lungen.
Inzwischen war die ganze Küche voll weißem Dampf. Nika rannte zur Tür. Ihr verstauchter Fuß schmerzte so sehr, dass es ihr Tränen in die Augen trieb.
Im Dunst sah sie schon die Türklinke und streckte die Hand danach aus. Zwei Schritte noch, höchstens drei. Ein scharfer Schmerz am linken Arm ließ sie herumfahren. Direkt neben ihr war Helenes kleiner, dunkler Schatten. Etwas blitzte im diffusen Licht.
Ein Messer, ging es durch Nikas Kopf. Sie wandte sich um, wollte fort von dieser Verrückten, die versuchte, sie umzubringen, doch ihr verletzter Fuß knickte bei der Drehung unter ihr weg. Mit einem Aufschrei fiel sie nach vorn und stieß mit dem Kopf gegen die Tür, die sich in diesem Moment öffnete. Der dumpfe Schmerz hallte wie ein Hammerschlag durch ihren Schädel. Das Letzte, was sie sah, bevor sie die Besinnung verlor, war Helenes Schatten, der sich über sie beugte, und das blitzende Metall des Messers.
»Ich glaube, sie kommt zu sich.« Wie aus weiter Ferne hörte Nika eine Frauenstimme.
Als sie mühsam die Augen aufschlug, sah sie ihre Umgebung nur verschwommen. Um sie herum herrschte gedämpftes Licht, und jemand beugte sich über sie. Sie fuhr entsetzt zusammen.
»Bitte, lass mich, Helene! Ich
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