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Suess und ehrenvoll

Suess und ehrenvoll

Titel: Suess und ehrenvoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Avi Primor
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bei der Abschiedsfeier in seinem Elternhaus. »Der Wehrdienst ist eine heilige Pflicht. Aber hüte dich davor, Berufssoldat zu werden. Das Militärleben führt zu Müßiggang, und wer müßiggeht, verkümmert.«
    In der Grundausbildung gab es keinen Müßiggang, doch vielleicht würde seine künftige Militärlaufbahn wirklich so aussehen, wie Madame Duprez gesagt hatte. Einstweilen hätte er nichts dagegen, ein weniger anstrengendes und hartes Leben zu führen.
    Berufssoldat wollte er ohnehin nicht werden. Dabei würde man ihm gewiss vorschlagen, Offizier zu werden. Er hatte schließlich Abitur gemacht! Aber der Offizierskurs, vielleicht an sich ja eine schöne Herausforderung, führte zum Berufsmilitär. Er würde sich auch zu keiner Eliteeinheit melden. Seine drei Jahre Wehrdienst würde er pflichtgemäß und ohne Komplikationen ableisten. Er würde niemals den Befehl verweigern, sich aber auch nicht freiwillig melden.
    In der Woche vor dem Abschluss der Grundausbildung wurde doppelt so viel exerziert wie zuvor. Die Rekruten beklagten sich nicht, wenn sie halbe Tage lang auf dem Appellplatz Parademarsch üben mussten. Gegen die Übungen im Felde war das Exerzieren ein reines Vergnügen. Louis fand sogar ästhetischen Gefallen daran. ›Vater würde unsere Parade sicher mit einem Ballett vergleichen‹, dachte er.
    Der Abschlussappell fand dann sehr plötzlich, mehrere Tage früher als geplant statt. Er war auch nicht so feierlich, wie man es hätte erwarten können. Das Militärorchester, mit dem man geprobt hatte, war nicht anwesend. Der Bataillonskommandeur, Major de Boissieu, empfing die Soldaten nicht wie vorgesehen zu Pferde. Er stand auf einem kleinen Podium und hielt mit ernster Miene eine kurze Ansprache. »Eure Grundausbildung wird um einige Tage abgekürzt. Ihr seid jetzt Soldaten. Frankreich braucht euch.« Er ließ den Blick in die Runde schweifen und fuhr fort: »Die letzten Tage waren die dramatischsten der neueren Geschichte. Deutschland hat Frankreich den Krieg erklärt. Euer Bataillon gehört ab jetzt der kämpfenden Truppe an. Ich beende hiermit meine Tätigkeit in der Grundausbildung und gehe an die Front. Und zwar schon morgen früh. Es tut mir leid, dass wir keine Zeit haben, den Abschluss eurer Ausbildung gebührend zu feiern. Man wird euch jetzt eure Ausrüstung aushändigen. Eure Vorgesetzten werden euch über die weiteren Vorbereitungen informieren. Rüstet euch zum Schutz des Vaterlands! Es lebe Frankreich!«
    Bisher hatte Louis seinen Eltern kaum geschrieben und ihnen nur ab und zu eine Postkarte mit wenigen Zeilen zukommen lassen. Auch seine Eltern hatten ihm nur kurze Grüße gesandt, da sie annahmen, dass er nach der Grundausbildung Heimaturlaub bekommen und ihnen in Ruhe erzählen würde, was er erlebt hatte. Ein weiterer Grund war die Zensur, die unangenehmerweise von den direkten Vorgesetzten durchgeführt wurde. Louis hatte wenig Lust, sie in seine Gefühle und Gedanken einzuweihen. Schließlich war der Feldwebel kein anonymer Zensor, dem er nie begegnen würde. Seine Vorgesetzten waren junge Männer fast seines Alters, mit denen er täglich zu tun hatte. ›Wer garantiert mir, dass sie vor meinen Kameraden nicht ausplaudern, was in meinen Briefen steht?‹, sagte er sich. Aber an diesem Abend zählte das alles nicht.

    Liebe Maman, lieber Papa,

    vielen Dank für die Neuigkeiten von zu Hause. Wie Ihr schon vermutet habt, fiel es mir schwer, Euch zu schreiben. Das Rekrutenleben hat mir keine Muße zur Besinnung gelassen. Doch heute ist eine neue Zeit angebrochen. Die Grundausbildung ging früher als geplant zu Ende, und was wir jetzt erfahren haben, traf mich wie ein Schock. Krieg! Ich brauche Euch wahrscheinlich von den dramatischen Entwicklungen der letzten Wochen nichts zu erzählen. Da wisst Ihr wahrscheinlich mehr als wir hier in der Kaserne. Wir haben keine Zeitungen, und kein Mensch hat uns gesagt, was draußen in der Welt vor sich geht.
    Als wir schießen gelernt haben, kam mir das wie ein Spiel für große Kinder vor, fast wie die Schießstände auf der Kirmes. Doch jetzt ist das anders. Plötzlich wird es ernst. Das macht mir Angst, aber es ist auch spannend. Seit unser Kommandeur uns mitteilte, dass der Krieg ausgebrochen ist, laufe ich mit einem Herzklopfen durch die Gegend, wie ich es früher nie gespürt habe. Als ich eingezogen wurde, hatte ich auch Herzklopfen, aber nicht so stark. Obwohl ich damals wirklich aufgeregt war!
    Ich frage mich, wo dieses Herzklopfen

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