Süß wie die Sünde: Roman (German Edition)
schüttelte den Kopf und stand auf, um Jude seine Hand zu reichen. »Du hast dieser Familie einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Ich darf dir nicht verübeln, dass es sich am Ende zum Besten wendet.«
Jude ergriff seine Hand. »Danke.«
»Gratulation.«
Aidan klopfte ihm nicht auf den Rücken oder behauptete, alles wäre gut. Stattdessen ließ er sich auf einen Sessel fallen und stürzte seinen Brandy in einem Zug hinunter. »Wie du einst so treffend bemerktest, verläuft nur ein schmaler Grat zwischen Anstand und Ehrlosigkeit. Du hattest damals recht und hast es heute. Nur, wann ist jemals der Ehre gedient?«
»Ich werde sie gut behandeln«, sagte Jude leise.
»Das sehe ich.« Aidan winkte ab und erhob sich. »Tja, willkommen in der verfluchten Familie. Du passt eindeutig hinein.«
Beide Männer schienen zufrieden, es dabei zu belassen, und Jude empfand einen Anflug von Erleichterung. Er war mit dem festen Entschluss in dieses Zimmer gekommen, Marissa zu heiraten, ganz gleich, welche Einwände sie äußerten. Sein Herz pochte vor Freude, als er sich auf die Suche nach seiner Braut machte.
Marissa liebte ihn, und sie war klug und mutig und, ja, ein winziges bisschen oberflächlich. Und er liebte sie.
Sollte die übrige Gesellschaft doch zur Hölle fahren. Was kümmerte ihn, wie der Rest von England über ihn dachte, solange Marissa ihn um seinetwillen liebte. Mehr brauchte er nicht.
Und schon bald wäre es offiziell. Die Familie hatte ihm zähneknirschend ihren Segen gegeben, die Gefahr eines Skandals war endgültig abgewendet, und nun freute Jude sich auf ein Leben privater Ausschweifungen.
Auf einmal kam ihm ein Monat Wartezeit sehr lang vor.
Kapitel 25
D ie Zeremonie war angeblich bezaubernd. Marissa konnte sich lediglich an Judes Hände, seine glücklichen Augen und sein heimliches Lächeln erinnern. Und dann hatte er sie geküsst, und sie waren unter einem Schauer von Segenswünschen und Blütenblättern aus der Kapelle gegangen. Es war vollbracht.
Wieder einmal hatte sich die Eile als unnötig erwiesen, aber Marissa hätte die Trauung keinen Tag aufschieben wollen.
Sie wusste, dass sie förmlich glühte, was ihr das Geflüster um sie herum bestätigte, als sie beim Hochzeitsball erschienen und als Mann und Frau vorgestellt wurden.
»Die Braut …«
»So wunderschön …«
»Wie ein Engel …« Keiner sagte etwas über den Bräutigam. Dabei war er für Marissa viel eher ein Engel als sie. Einer von Gottes kriegerischen Erzengeln vielleicht, mit einem großen Schwert anstelle einer Harfe. Er war streng, sanft und so beschützend, dass er ihr im letzten Monat lediglich zwei Mal gestattete, sich in sein Zimmer zu stehlen.
Was sie recht verdrießlich fand. Am Ende hatte er tatsächlich seine Tür vor ihr verriegelt. Heute Nacht aber gehörte er ihr, und dieses Wissen leuchtete jedes Mal in seinen Augen auf, wenn sich ihre Blicke begegneten. Heute und jede Nacht, die sie wünschte, gehörte er ihr.
Plötzlich bedauerte Marissa, dass ihre Mutter das übliche Hochzeitsfrühstück zugunsten eines Balles ausfallen ließ. Hatte Marissa sich anfangs gefreut, am Abend ihrer Hochzeit mit Jude zu tanzen, konnte sie es nun nicht erwarten, dass die Feierlichkeiten endeten. Ihre Mutter würde es ihr allerdings nie verzeihen, sollte sie sich vor dem Tanz zurückziehen. Was nützte ein rauschender Ball, wenn es keine feierlichen Ansprachen und keine romantische Zurschaustellung ehelichen Glücks gab? Und wozu hätte sie dann all die kleinen Kinder als Engelchen ausstaffiert? Sie liefen ja gänzlich sinnlos im Ballsaal umher, hätten sie kein junges Paar zu segnen.
Marissa sah einen weiß gefiederten Flügel vorbeihuschen und verzog das Gesicht. Edward und sie hatten versucht, ihrer Mutter die Engelchen auszureden, aber kein Sterblicher konnte die Baroness von etwas abbringen, das sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Und so fanden sie sich wohl oder übel in einer Theaterinszenierung wieder, die einer großen Bühne würdig war. Pfaue schrien auf dem Hof, und Marissa hoffte, die armen Tiere würden nicht erfrieren, denn die Nacht war kalt. Im Dunkeln konnte man die Vögel nicht sehen, aber das war angeblich der besondere Effekt, den man wollte.
Marissa beugte sich zu Tante Ophelia, um sie zu begrüßen, auch wenn die alte Dame zu schlafen schien.
»Häh?«, krähte ihre Großtante und schreckte in ihrem Sessel auf.
»Ich fragte, wie Ihnen die Zeremonie gefallen hat, Tante Ophelia.«
Sie blinzelte zu Marissa
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