Süße Fesseln der Liebe
begann, sie sorgfältig abzutrocknen. Ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen.
Gewöhnlich wäre es der Auftakt zu einem kleinen Liebesspiel gewesen. Aber zu ihrer Überraschung und auch zu ihrem Leidwesen empfand Aurelia kein solches Bedürfnis. »Bedaure, Greville, ich bin nicht in Stimmung«, seufzte sie, nahm ihm das Handtuch ab und schlang es sich fest um den Leib, bevor sie aus der Wanne stieg.
Er entfernte sich ein paar Schritte und musterte sie nachdenklich. »Ich habe nicht die Absicht, mich dir aufzuzwingen, Aurelia.«
»Selbstverständlich nicht.« Sie schnappte sich ein kleineres Handtuch vom Gitter vor dem Kamin und wickelte es sich wie einen Turban um das nasse Haar. »Aus welchen Gründen auch immer, heute Abend fühle ich mich müde und benommen und irgendwie aus der Bahn geworfen. Mir ist wirklich nicht nach einer Liebesnacht zumute.«
Er zog die Stirn kraus. »Das ist natürlich dein gutes Recht. Kannst du mir sagen, warum es so ist?«
Sie zuckte die Schultern. »Nicht dass ich wüsste.«
Die Falten auf seiner Stirn wurden tiefer. »Meine Liebe, ich bin nicht überzeugt, dass du die Wahrheit sagst. Es hat mit unserer äußerst unbefriedigenden Unterhaltung vorhin zu tun. Oder irre ich mich?«
»Kann sein.« Sie ließ das Handtuch fallen und schlüpfte rasch in den Schlafrock.
Mit entschlossenem Griff knotete sie den Gürtel um ihre Taille und zog sich den Turban vom Kopf. »Können wir es nicht dabei belassen, Greville?« Sie setzte sich und griff nach ihrer Bürste.
»Nein, ich denke nicht.« Er nahm ihr die Bürste aus der Hand. »Lass mich doch wenigstens das machen. Ich verspreche dir, dass es nicht das Vorspiel zu irgendetwas anderem sein wird. Aber ich liebe es einfach, dir das Haar zu bürsten.«
Aurelia protestierte nicht, und Greville begann, die Bürste sanft durch die langen Strähnen ihres immer noch feuchten Haars zu ziehen. Es war eine angenehme und beruhigende Berührung, und sie erlaubte es sich, die Augen zu schließen, den Kopf nach vorn sinken zu lassen, während die zärtlichen Bürstenstriche ihre Kopfhaut liebkosten.
»Nun«, begann er, nachdem sie eine Weile friedlich geschwiegen hatten, »was an meinen Antworten heute Nachmittag hat dich so aufgeregt?«
Aurelia schlug die Augen auf und suchte seinen Blick im Spiegel. »Ich habe nichts anderes getan, als dir eine ganz gewöhnliche Frage nach deiner Kindheit zu stellen. Und du hast reagiert, als hätte ich deinem Herzen die tiefsten Geheimnisse entreißen wollen. Es gibt nur wenige Menschen, denen es so schwerfällt, über ihre Vergangenheit zu sprechen. Oder über solche Harmlosigkeiten wie die Kindheit. Greville, wir leben miteinander. Mir ist klar, dass es nur für eine kurze Zeit sein wird, und ich erwarte ganz sicher keine Gefühlsausbrüche. Denn ich weiß, dass wir damit die Grenzen unseres ungeschriebenen Vertrages sprengen würden.«
Wenn ich geahnt hätte, wie bedeutungsvoll seine gefühlsmäßige Zurückhaltung in unserem seltsamen Bündnis sein würde - wahrhaftig sein würde -, hätte ich mich dann genauso bereitwillig einverstanden erklärt, ihm zu helfen?
Instinktiv wich Aurelia dieser Frage aus. Denn insgeheim war ihr klar, dass sie nur schmerzhafte Antworten zu erwarten hatte. »Wie dem auch sei«, entgegnete sie mit fester Stimme, »schließlich mögen wir einander. Und meiner Meinung nach heißt das, dass es mich interessiert, wie du zu dem Menschen geworden bist, den ich mag. Hast du wirklich gar kein Interesse daran, zu erfahren, wie ich zu der Frau geworden bin, die dir heute gegenübersteht?«
Die sanften, rhythmischen Bürstenstriche durch ihr Haar wurden nicht unterbrochen, als Greville den Blick auf die seidigen Strähnen in seiner Hand richtete, die im warmen Zimmer schnell trockneten. In den blassblonden Locken erhaschte er den Schimmer eines tiefgoldenen Farbtons, die im Licht der Lampen beinahe goldbraun glänzten.
»So wundervolles Haar«, murmelte er kaum hörbar.
Aurelia gab sich keine Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen, als sie die Brauen hochzog. »Das Kompliment schmeichelt mir sehr, Greville, aber es ist doch wohl kaum ein angemessener Beitrag zu einer Auseinandersetzung, die du, ich darf dich daran erinnern, selbst begonnen hast.«
Er nickte. »Ja, so war es … Es stimmt. Nun, meine Liebe, natürlich bin ich sehr daran interessiert, wie du zu der Frau geworden bist, die ich schätze und respektiere. Es liegt in meinem größten Interesse, dich zu verstehen,
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