Süße Fesseln der Liebe
früher auch schon gesagt. Und jedes Mal, wenn er sein Kompliment wiederholte, rann ihr ein erregender Schauder über den Rücken, der sie mit frischer Kraft füllte. Heute Abend gab es nur eines für sie: ihre Partnerschaft und das Spiel, das sie spielten.
Die Kutsche hielt vor dem herrschaftlichen Anwesen des Earls of Lessingham am Berkeley Square. Der Lakai des Hauses eilte die Treppe herunter zur Kutsche und öffnete die Tür, bevor Jemmy von seinem Platz auf dem Kutschbock herunterspringen konnte.
»Guten Abend, Sir Greville, Lady Falconer.« Der Lakai hielt die Tür offen und bot Aurelia die Hand.
Sie trat auf die Straße, wunderte sich, dass der Mann die bescheidene Kutsche ohne Wappen auf dem Schlag erkannt hatte.
Greville verließ das Gefährt ohne Hilfe. »Meinen Dank« - er nickte dem Diener zu - »sehr aufmerksam.«
»Ich hatte den Auftrag, nach Ihnen Ausschau zu halten, Sir.« Der Mann ließ die Münze in die Tasche gleiten, die Greville ihm in die Hand gedrückt hatte. »Die meisten Gäste der Soiree der Lady kommen zu Fuß oder mit der Droschke.«
Greville lächelte kaum merklich, bot Aurelia den Arm und folgte dem Mann in die erleuchtete Halle.
»Warum zu Fuß?«, flüsterte sie,
»Exilierte … oder zu arm, um sich eine private Kutsche leisten zu können«, murmelte Greville zurück. »Oder sie wollen nicht zugeben, dass sie es doch könnten … was an sich recht interessant wäre. Versuch doch herauszufinden, wie Don Antonio sich fortbewegt.«
Aurelia lächelte, ließ sich aber nichts anmerken, als sie die Treppe hinaufschritt und ihre Gastgeberin begrüßte, die am oberen Absatz wartete. Doña Bernardina, deren figurbetontes Kleid aus purpurrotem Satin mit hauchzarten Gazeschleiern unter den vollen Brüsten fest geschnürt war, breitete die Arme aus wie eine Opernsängerin, die zu einer Arie anheben wollte.
Ihr stockte der Atem, weil sie befürchtete, dass der üppige Busen der Lady durch die überschwengliche Geste wie zwei mollige Welpen aus dem Dekolleté quellen könnte. Aber nein, sie blieben in ihren Körbchen.
»Lady Falconer, wie schön, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.« Doña Bernardinas schwarze Mantille war mit einer rubinfarbenen Brosche an ihrem Ausschnitt befestigt. An ihren Ohrläppchen hing tropfenförmiger Schmuck aus schweren Diamanten, und um den Hals hatte sie sich ein dreireihiges Perlencollier geschlungen.
Sie schenkte Greville ein strahlendes Lächeln. »Auch Sie, Sir Greville, möchte ich herzlich begrüßen.«
Greville verneigte sich über ihrer dicklichen weißen Hand, deren beringte Finger in langen, violett lackierten Nägeln endeten. »Lady Lessingham«, murmelte er.
Die Countess führte sie durch mehrere Doppeltüren in ein großes Apartment, das so auffällig dekoriert war wie sie selbst. Üppige Vorhänge, zahllose seidige Kissen auf samtigen Lehnstühlen, vergoldete Sofas und farbenfrohe persische Teppiche kontrastierten mit goldgerahmten Ölgemälden, auf denen zumeist grimmig dreinblickende Gentlemen vor dunklem felsigem Hintergrund zu sehen waren - es handelte sich bestimmt um die Vorfahren des Earls.
Zwei oder drei Grüppchen hatten sich bereits im Salon verteilt und unterhielten sich. Am Pianoforte in der entfernten Ecke des Salons saß eine Frau und spielte; die Klänge der Musik bildeten einen sanften Kontrapunkt zu den leisen Gesprächen der Gäste.
Greville ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. Don Antonio Vasquez befand sich nicht unter ihnen. Lächelnd wandte er sich an seine Frau. »Wenn du erlaubst, meine Liebe.« Besorgt rückte er das gelbbraune persische Tuch über ihren Schultern zurecht.
Aurelia begriff sofort, dass ihr besonderes Objekt nicht anwesend war, entspannte sich ein wenig und gönnte sich ein Glas Champagner vom Tablett des Lakaien, bevor sie der Einladung ihrer Gastgeberin folgte und sich den anderen Gästen vorstellen ließ.
Ungefähr eine Stunde lang bewegte sie sich unter den Gästen, tauschte Nettigkeiten aus und gewöhnte ihr Ohr an das manchmal unbeholfen klingende Englisch. Ihr war klar, dass sie so viel wie möglich von der Unterhaltung aufschnappen und auf alles achten musste, was auf eine ungewöhnliche Aktivität oder auf ein ungewöhnliches Interesse hinweisen konnte. Don Antonios Abwesenheit musste keineswegs bedeuten, dass der Abend verschwendet war. Mancher der üblicherweise ernsten und tief in Gedanken versunkenen Gentlemen arbeitete sicherlich als Agent in den Diensten Napoleons, und
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