Süße Herzensbrecherin
verführerisch tiefer Stimme.
Zu Cassandras Verdruss erzeugte seine Nähe eine unerträgliche Unruhe in ihr, und sie straffte sich unverzüglich. Er hatte sich in einer Weise vor ihr aufgebaut, die ihr keine Möglichkeit ließ, ihm auszuweichen, und sie wünschte sich insgeheim, sie wäre einen Kopf größer, um ihm auf Augenhöhe begegnen zu können. Er besaß viel zu viel Charme und war attraktiver, als es ihr recht sein konnte. Manche Menschen schienen auf die Welt gekommen zu sein, als trügen sie einen Magneten in sich.
„Captain Lampard, was für eine Überraschung.“
„Mehr für mich als für Sie, Miss Greenwood“, erwiderte er mit einem schiefen Lächeln. „Sie sehen übrigens atemberaubend aus. Dieses Kleid passt entschieden besser zu Ihnen als das triste graue, das Sie neulich trugen.“
Unmut ergriff sie bei seiner unverblümten Bemerkung, und als sie sah, dass er unverhohlen und ausgiebig ihren Busen musterte, dämmerte ihr, dass sein Interesse eher dem galt, was sich unter dem Stoff ihres Kleides verbarg. Schließlich hob er den Blick und sah ihr fest in die Augen, bis ihr das Blut in die Wangen stieg.
„Wie kommt es, dass Sie hier sind, Captain?“, fragte sie mit einem betont kühlen und ungnädigen Lächeln.
„Ihre Tante hat mich eingeladen.“
„Dann wissen Sie also bereits, dass Lady Monkton mit mir verwandt ist. In Wirklichkeit ist sie die Cousine meiner Mutter, doch für uns Schwestern war sie immer unsere Tante. Seit wann ist Ihnen diese Tatsache bekannt?“
„Seit zehn Minuten“, versetzte er, ohne zu zögern. Falls sie erwartet oder gehofft hatte, dass er den Ball ihretwegen besuchte, hatte sie sich geirrt. Vielleicht war sie, so hoffte er, ein wenig enttäuscht. „Immerzu in meinem Stadthaus zu sitzen beginnt mich zu langweilen, also beschloss ich herzukommen, um zu sehen, ob die Aussichten auf Zerstreuung in Monkton House besser sind als bei mir.“ Er sprach mit Bedacht, während seine Mundwinkel sich allmählich zu einem verschmitzten Lächeln hoben. Seine Augen funkelten, als er sanft hinzufügte: „Ich schätze mich glücklich, Ihnen mitteilen zu können, dass meine Erwartungen bei Weitem übertroffen wurden und ich froh bin, gekommen zu sein.“
Cassandra wich einen Schritt zurück und bedachte ihn mit einem frostigen Blick. „Haben Sie nichts Besseres zu tun, als den Damen schöne Augen zu machen, Captain?“
„Diesem Anschein zum Trotz muss ich gestehen, dass ich in Wirklichkeit nur eine einzige Dame in Betracht gezogen habe.“
Sie überging seine Bemerkung, zu sehr war sie sich ihres beschleunigten Herzschlags und seines vielsagenden Blicks bewusst. „Die Spieltische scheinen eine hohe Anziehungskraft auf die Gentlemen auszuüben. Weshalb versuchen Sie nicht einmal Ihr Glück?“
„Weil ich mich lieber mit Ihnen unterhalte, Miss Greenwood.“
„Verheilt Ihre Schulter gut?“
„Außer dem üblichen Zwicken ist alles wieder beim Alten. Ihr Dr. Brookes hat gute Arbeit geleistet. Ich stehe tief in Ihrer Schuld, Miss Greenwood.“
„Allerdings, Captain Lampard“, erwiderte sie spitz. Sie hatte nicht vergessen, dass er seiner Ankündung, ihrem Institut eine Spende zu gewähren, nicht nachgekommen war.
Als habe er ihre Gedanken erraten, fragte er vorsichtig: „Sie haben doch meinen Scheck erhalten?“
„Nicht dass ich wüsste.“
William legte die Stirn in Falten und senkte verärgert den Blick. Offenbar würde er ein paar nachdrückliche Worte mit seinem Sekretär wechseln müssen. „Es muss etwas durcheinandergeraten sein, denn mein Sekretär hatte die Anweisung, den Scheck persönlich zu überbringen. Ich entschuldige mich ausdrücklich für das Missgeschick. Seien Sie versichert, dass ich mich der Sache gleich morgen früh annehmen werde.“
„Vielen Dank. Das wissen wir zu schätzen“, erwiderte sie förmlich. „Nach dieser schrecklichen Begebenheit im Green Park werden Sie das nächste Mal vielleicht etwas besonnener vorgehen und sich gut überlegen, ob Sie sich auf ein Duell einlassen – ob es nun um eine Meinungsverschiedenheit geht, um Betrug beim Kartenspiel oder um Ehebruch. Wobei ich vermute, dass es Letzteres war, was Sie an jenem Tag in den Park geführt hat, nach allem, was ich über Sie höre.“
„Sie irren sich. Sie scheinen die Regeln eines Duells nicht zu kennen.“
„Nicht?“
„Nein. Zum einen kann ein Duell nicht ohne Zeugen ausgetragen werden – die Sekundanten. Und zweitens ist meist ein Arzt mit von der Partie.
Weitere Kostenlose Bücher