Süße Herzensbrecherin
Können Sie sich entsinnen, eine der genannten Personen gesehen zu haben?“
„Nun, ich … nein, das kann ich nicht.“
„Und zum anderen halte ich nichts von derlei Praktiken. Vielleicht würden Sie gern ein wenig durch Lady Monktons zauberhaften Garten flanieren und mir erlauben, Sie über die Details der Duellierkunst aufzuklären.“
„Sicherlich nicht“, versetzte Cassandra schroff und straffte die Schultern. „Ich gehe nirgendwo mit Ihnen hin.“
Ein mildes, nachsichtiges Lächeln huschte über sein hübsches Antlitz, dann war sein Blick plötzlich hart wie Stahl. „Wie Sie meinen, Miss Greenwood. Ich würde es trotzdem schätzen, ein Wort unter vier Augen mit Ihnen zu wechseln.“ Er fasste sie um den Ellbogen und dirigierte sie hinter eine der Säulen, wo man sie schwer ausmachen konnte. „Sie irren sich, wenn Sie glauben, ich sei bei einem Duell verletzt worden“, erklärte er ungehalten. „Ein Duell fand nicht statt. Lediglich mein frühmorgendlicher Ausritt, den ich sehr zu genießen pflege, nichts Schlimmeres als dies. Um es kurz zu machen: Jemand hat versucht, mich zu erschießen.“
Zunächst dachte Cassandra, er erlaube sich einen Scherz mit ihr; als sie jedoch gewahrte, wie er seine Wangenmuskeln anspannte, begriff sie, dass er es ernst meinte. „Sie zu erschießen?“, wiederholte sie entsetzt. Sie fand es unfassbar, dass so etwas Schreckliches wie ein Mordversuch in ihrer unmittelbaren Umgebung stattgefunden haben sollte. „Weshalb würde jemand Sie töten wollen?“
„Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich diese Frage nicht beantworten, doch ich werde es herausfinden, das verspreche ich Ihnen. Immerhin hat jemand versucht, meinem Leben ein Ende zu setzen, und ich will verdammt noch einmal wissen, wer es war und weshalb. Ist Ihnen irgendetwas Verdächtiges aufgefallen an jenem Morgen?“
„Warten Sie … jetzt, wo ich darüber nachdenke, fällt mir ein, dass da ein Mann aus diesem Buchenhain herausgeritten kam, in ziemlich scharfem Tempo. Sein Gesicht war nicht erkennbar, weil er seinen Hut tief in die Stirn gezogen hatte. Er trug keinen Reitrock, sondern einen langen Mantel.“
„Wie sah sein Pferd aus? Welche Farbe hatte es – war es braun, grau oder schwarz?“, fragte William schärfer als beabsichtigt, aber er konnte es kaum abwarten, einen Hinweis auf den Attentäter zu erhalten.
„Dunkelbraun, denke ich. Doch nachdem ich den Schuss gehört hatte, war ich zu abgelenkt von der Sorge, dass etwas Schlimmes geschehen war. Ich kann Ihnen leider keine genauere Auskunft geben.“ Cassandra verstummte und sah zu ihm hoch. Ohne dass sie es verhindern konnte, verfing ihr Blick sich in seinem. „Glauben Sie, dass er es wieder versuchen wird?“
Williams Miene verdüsterte sich. „Wenn ich in London bin, reite ich regelmäßig zu dieser frühen Stunde im Green Park aus. Er muss mir dort aufgelauert haben, und da er mich nicht ausgeraubt hat, nehme ich an, dass er mich töten wollte. Es gab keinen Warnschuss. Nichts. Wenn er sich darauf eingestellt hatte, mich mit einem Schuss zu erledigen, wird er es ein zweites Mal versuchen. Die Frage ist nur wann.“
„Dann müssen Sie mit der allergrößten Sorgfalt acht auf sich geben.“
„Das habe ich vor. Ich gehöre nicht zu jenen, die Wahnvorstellungen erliegen oder vor Drohungen davonlaufen. Als Soldat habe ich gelernt, Augen im Rücken zu haben. Ich hätte allerdings nie vermutet, dass mir diese Erfahrungen in London nützlich werden könnten.“
„Wie es scheint, haben Sie einen Feind, Captain. Jemand, dessen Hass auf Sie groß genug ist, um Ihnen nach dem Leben zu trachten.“
„So sieht es aus.“
„Also sind Sie unschuldig und haben keinen Kampf provoziert.“
Seine Augen leuchteten im warmen Licht der unzähligen Kerzen. Er lächelte, und seine Miene war wieder so heiter wie zu Beginn ihrer Unterhaltung. „Ich kann nicht behaupten, dass ich ein Unschuldslamm bin, Miss Greenwood, aber ich bin auch nicht der kaltblütige Schuft, für den man mich hält.“
„Sie würden schwerlich zugeben, ein Schuft zu sein“, versetzte sie knapp. „Ich habe jedenfalls genügend Geschichten gehört, die mich davon überzeugen, dass Ihr Ruf auf Tatsachen beruht.“
Belustigt verschränkte William die Arme vor der Brust und lehnte sich lässig gegen die Säule. „Sie machen mich neugierig, Miss Greenwood. Sagen Sie, haben Sie schon immer ge gen die elegante Welt des ton rebelliert?“
„Ich denke, ja. Ich gehe nicht auf diese
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