Süße Herzensbrecherin
keine Frau auf dieser Erde, die nicht gern tanzt – und ich bin sicher, dass Sie sich in diesem Punkt nicht von Ihren Geschlechtsgenossinnen unterscheiden, Miss Greenwood.“ William sah ihr fest in die Augen und gewahrte ihre Unsicherheit. „Ich habe recht, oder nicht?“
Cassandra wich seinem Blick aus und reckte ihr Kinn vor. „Ich meine, was ich sage.“
„Miss Greenwood, weshalb können Sie mich nicht leiden? Liegt es daran, dass mein Sekretär es versäumt hat, Ihnen meine Geldspende zu überbringen – oder ist Ihr Groll eher persönlicher Natur?“
„Ich hege tatsächlich eine Abneigung gegen Sie“, verkündete Cassandra unverblümt, wobei ihr das Blut in die Wangen stieg.
„Würden Sie mir bitte erklären, weshalb?“
Sie sah ihn an. „Es hat etwas mit meiner Schwester zu tun.“
„Mit Ihrer Schwester?“
„Und Ihrem Vetter.“
„Edward?“
„Ja.“ Sie drehte sich zur Tanzfläche um und erblickte prompt Emma, die gerade von Sir Edward zu einem lebhaften Volkstanz aufs Parkett eskortiert wurde. Unmut stieg in ihr auf. „Es mag Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, Captain, aber Ihr Cousin und meine Schwester haben bereits zwei Tänze miteinander getanzt und sind in diesem Augenblick dabei, sich zu einem dritten zusammenzufinden. Meine Schwester ist gerade mal achtzehn, doch ihr guter Ruf – sie ist noch nicht einmal in die Gesellschaft eingeführt worden – droht bereits größten Schaden zu nehmen.“
Völlig verblüfft über die Wende, die das Gespräch genommen hatte, folgte William ihrem Blick. Tatsächlich tanzte Edward mit demselben hübschen Mädchen, mit dem er ihn zuvor schon auf dem Parkett gesehen hatte. „Die junge Dame ist Ihre Schwester?“
„Ja. Unglücklicherweise haben beide zärtliche Gefühle füreinander entwickelt.“
„Zärtliche Gefühle?“
„Genau.“
„Edward ist ein kluger und vernünftiger junger Mann. Als sein älterer Cousin kann ich Ihrer Schwester nur zu ihrem guten Geschmack gratulieren.“
„Er kann weder klug noch vernünftig sein, wenn er nicht sieht, dass er Gefahr läuft, ihren Ruf zu ruinieren“, widersprach Cassandra. „Sie haben bereits so viel Zeit miteinander verbracht, dass meine Schwester im Begriff ist, von Ihrem Vetter kompromittiert zu werden. Gleichviel, wohin wir gehen – sei es in den Park, zu einer Soiree oder ins Theater –, immer laufen wir ihm in die Arme. Ich bin mir sicher, dass diese Treffen nicht zufällig sind, sondern irgendwie von den beiden organisiert wurden.“
„Verzeihen Sie, Miss Greenwood, aber Sie widersprechen sich. Haben Sie eben nicht angedeutet, dass Sie die Regeln und Einschränkungen, welche die vornehme Gesellschaft beachtet, lächerlich und verabscheuungswürdig finden? Wenn Sie so denken, weshalb bedeutet Ihnen dann der gute Ruf Ihrer Schwester so viel?“
Cassandra maß ihn mit einem kühlen Blick. Dass er sie mit ihren eigenen Argumenten zu schlagen gedachte, beunruhigte sie. „Was ich sagte, betrifft nur meine Person, Captain, nicht meine Schwester. Das ist eine völlig andere Angelegenheit. Ich habe lediglich meine persönliche, ehrliche Einstellung kundgetan.“
Obgleich William sich große Mühe gab, sein Schmunzeln zu unterdrücken, bemerkte Cassandra, wie sich seine Mundwinkel hoben.
„Haben Sie etwas gegen meinen Vetter Edward einzuwenden, Miss Greenwood? Wenn Sie Vorurteile gegen ihn hegen und ihn womöglich für einen verantwortungslosen Schurken halten, fände ich dies beleidigend und ärgerlich. Vielleicht glauben Sie, dass es den Lampards im Blut liegt, sich lasterhaft zu gebärden, und betrachten den jungen Mann als eine Art Bedrohung?“
„Ich betrachte ihn nicht so sehr als eine Bedrohung, sondern als eine Unannehmlichkeit.“
William musste lachen. „Ich sehe, wie durcheinander Sie sind. Sie haben offensichtlich eine durch und durch verworrene Einstellung.“
Cassandras Wangen färbten sich rot vor Empörung. „Machen Sie sich über mich lustig, Captain?“
„Um Himmels willen, nein! Das würde ich nicht wagen. Nun, wollen wir jetzt tanzen? Ich werde auch Bitte sagen, wenn diese Höflichkeitsfloskel Sie überzeugen sollte.“
Cassandra wollte nicht überzeugt werden. Sie wollte nicht mit ihm tanzen, und nichts lag ihr ferner als der Wunsch, näher mit ihm bekannt zu werden. Sofern indes die Möglichkeit bestand, dass ein kleines Zugeständnis von ihr eine großzügigere Spende seinerseits nach sich zöge, würde sie sich vielleicht überwinden können, für
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