Süße Herzensbrecherin
Lydia bewohnt. Und gleich daneben befindet sich unser Sommerhaus.“ William wurde nachdenklich. „Lydia war mit meinem Bruder verlobt. Nach dem Unfall, als Robert ums Leben kam, hat sie Mark geheiratet.“
„Nehmen Sie Anstoß daran?“, erkundigte Cassandra sich vorsichtig.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich fand ohnehin, dass Robert und sie nicht zusammenpassten. Mark entsprach wohl eher ihren Vorstellungen, obgleich ich den Eindruck habe, dass sie keine glückliche Ehe führen.“
„Was ist Lydia für ein Mensch?“
„Wenn Sie ihr begegnen, werden Sie sich selbst ein Bild machen können. Ich habe keine sehr hohe Meinung von ihr, auch wenn ich gestehen muss, dass ich nur wenig über sie weiß. Mein Vetter Mark ist ein durch und durch redlicher, anständiger Mann, verantwortungsbewusst und zuverlässig. Ihm habe ich die Geschäfte von Carlow Park anvertraut, als ich in Spanien war.“
„Und nun, da Sie Ihren Abschied von der Armee genommen haben, werden Sie sich dauerhaft in Carlow Park niederlassen und das Anwesen selber leiten? Ich nehme an, dass Sie sich nach all den Jahren erst wieder mit den Pachtbauern und den vielen anderen Menschen, die hier leben und arbeiten, vertraut machen müssen, wenn Sie sich dazu entschließen zu bleiben.“
„Das ist richtig, und ich selber muss mich mit dem Gedanken, ein Landedelmann zu werden, auch erst einmal anfreunden.“
„Weil die Menschen auf dem Anwesen von Ihnen erwarten, dass Sie sich um sie kümmern und ihnen mit gutem Beispiel vorangehen?“, fragte Cassandra lachend.
Er tat schockiert. „Sie meinen, ich muss mich ändern?“
„Würde Ihnen das so schwerfallen?“
„Unendlich. Aber ich weiß Ihren Rat zu schätzen.“
„Werden Sie nun hierbleiben oder nach London zurückkehren?“
„Fürs Erste bleibe ich hier. Es gibt viel zu tun, ich muss mich in die Aufgaben, die die Verwaltung des Anwesens mit sich bringt, erst einmal gründlich einarbeiten. Ich war nie auf den Titel aus und habe mich gut aufgehoben gefühlt beim Militär. Doch nun muss ich mich wohl damit abfinden, dass ich als neuer Herr von Carlow Park eine Menge Pflichten und viel zu lernen habe.“ Er warf ihr einen ernsten Blick zu. „Sie hingegen wissen über die Abläufe in Ihrem Institut sicherlich genau Bescheid und haben sich Ihr eigenes Leben in London aufgebaut.“
„Ich arbeite sehr hart.“
„Dafür bewundere ich Sie.“
Sie lächelte unsicher. „Sie müssen denken, ich sei schlecht erzogen.“
„Ich denke, Sie sind großartig.“
„Sie wissen, wie man einer Frau schmeichelt.“
„Das ist keine Schmeichelei, sondern meine aufrichtige Meinung.“
Der intime Unterton in seiner Stimme und die Eindringlichkeit seines Blicks raubten Cassandra für einen Moment den Atem. Ihr mochte keine Erwiderung einfallen, und sie sah ihn lediglich an. Sein gut geschnittener Reitrock und die ledernen Breeches betonten seine kraftvolle, hochgewachsene Gestalt, und ihr fiel auf, wie unglaublich blau seine Augen im hellen Sonnenlicht wirkten. Es war unmöglich, sich nicht zu diesem Mann hingezogen zu fühlen, nicht mit jeder Faser auf ihn zu reagieren. Ein beinahe schmerzhaftes Prickeln durchlief sie, als er sie mit seinen wachen Augen und einem leisen Lächeln auf den Lippen betrachtete. Sie vergaß alles um sich her. Nur noch er und sie und dieser Augenblick schienen zu existieren.
Sie standen einander gegenüber – der Soldat und Wüstling und die behütet aufgewachsene junge Dame, die sich der Wohltätigkeit verschrieben hatte, und die Anziehungskraft zwischen ihnen war beinahe mit Händen greifbar. Sonnenstrahlen fielen durch die sich sacht im Wind wiegenden Zweige der Ulme und malten goldene Flecken auf Williams dunkles Haar und betonten die Konturen seines Gesichts.
Er hob die Hand und strich ihr über die Wange. Zu seiner Freude entzog sie sich ihm nicht. „Hat man Ihnen schon einmal gesagt, wie schön Sie sind, Miss Greenwood?“, fragte er rau.
Cassandra hatte das Gefühl, dass die Zeit stillstand. Sie war sich Williams Gegenwart in überwältigendem Maße bewusst. Sie sah, wie er ihren Mund betrachtete, und wandte verwirrt den Blick ab. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und sie wusste, was als Nächstes geschehen würde.
Behutsam legte William ihr einen Finger unter das Kinn und hob es an, sodass sie ihm in die Augen sehen musste. „Was ist los, Cassandra? Mögen Sie es nicht, wenn man Ihnen ein Kompliment macht?“
Sie schüttelte langsam den Kopf, während eine
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