Süße Herzensbrecherin
Cassandra die Sprache, und sie konnte William, der sie unter halb gesenkten Lidern hervor beobachtete, nur verwundert anstarren. „Sie heiraten?“, brachte sie schließlich hervor. „Niemals.“
Er seufzte, als sei das Elend über ihn hereingebrochen. „Was für ein Jammer. Dann werde ich weiterhin Qualen ausstehen müssen. Hast du eine Vorstellung davon, wie schmerzvoll es für mich ist, dich nur anzusehen?“ Seine Stimme klang so tief und sanft in ihren Ohren, dass sie wider Willen wohlig erschauerte und sich mahnte achtzugeben, damit ihre Wut nicht verflog und sie wehrlos wurde. „Was soll das heißen? Klagen Sie, weil Sie die Wette verloren haben, Mylord? Hat sich womöglich inzwischen der Wetteinsatz erhöht? Seien Sie vorsichtig, William“, spottete sie, „es könnte sein, dass Sie ein zweites Pferd einbüßen. Unter diesen Umständen wird Sir Charles noch zu einem ansehnlichen Reitstall kommen.“
„Aber ich möchte dich heiraten.“
Er muss sich einen Spaß mit mir erlauben, dachte Cassandra beunruhigt. Zu einem anderen Schluss wollte sie auf keinen Fall kommen aus Furcht, nachgiebig zu werden. „Hören Sie auf mit diesem Unfug“, verlangte sie scharf.
„Gefällt dir die Vorstellung nicht, eine Countess zu sein?“
Cassandra reckte widerspenstig das Kinn vor. „Ich würde Sie selbst dann nicht heiraten, wenn ich dadurch Königin von England werden könnte. Genug jetzt. Was ich zu sagen hatte, habe ich gesagt.“ Sie drehte sich um und marschierte zügig auf die Tür zu.
William legte die Stirn in Falten. In dem kurzen Moment, als sie sich von ihm abgewandt hatte, war es ihm beinahe so erschienen, als sei sie trotz all ihrer Empörung nahe daran, in Tränen auszubrechen. „Einen Augenblick, Cassandra“, rief er ihr nach.
Sie blieb stehen und drehte sich zögernd um.
„Ich war kürzlich im Parlament, in Westminster“, erklärte er ruhig. „Du wirst vielleicht erleichtert sein zu hören, dass ich die entsprechenden Stellen davon überzeugen konnte, eurem Institut zukünftig Gelder zur Verfügung zu stellen.“
Zum zweiten Mal, seit sie das Haus betreten hatte, war Cassandra vollkommen sprachlos, und wie zuvor konnte sie William nur mit großen Augen anstarren.
„Und da wäre noch etwas, das du wissen solltest“, fuhr er in fast zärtlichem Tonfall fort. „Was ich getan habe, habe ich für dich getan. Und glaub mir, ich werde vor nichts zurückschrecken, um dein Herz zu gewinnen.“
Unfähig, etwas darauf zu erwidern, spürte Cassandra, wie Stück für Stück ihr Selbstvertrauen dahinschwand. Beschämt fragte sie sich, wie sie sich je hatte einbilden können, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Mit widersprüchlichsten Empfindungen für William Lampard verließ sie wortlos das Zimmer.
Die nächsten Tage verstrichen quälend langsam. Cassandra konnte sich nicht entsinnen, sich jemals so elend gefühlt zu haben: Sie war zutiefst verwirrt und musste unausgesetzt an William denken. Es war beinahe, als sei sie besessen von ihm. Las sie ein Buch und versuchte das Gelesene zu verstehen, kam ihr Williams Antlitz vor Augen; befand sie sich in Gesellschaft vieler Menschen, hörte sie in Gedanken nur seine tiefe, verführerische Stimme. Und doch wusste sie nicht, wie sie je diese Wette vergessen sollte. Sie würde William niemals verzeihen können, dass er so gedankenlos mit ihren Gefühlen gespielt hatte.
11. KAPITEL
Die Saison war zu Ende, und viele Mitglieder des ton wür den in absehbarer Zeit die Stadt verlassen, um sich den Annehmlichkeiten des Landlebens zu widmen. Nach geschäftigen Wochen der Vorbereitungen für die Hochzeit war es schließlich so weit: Die strahlende Emma, in einen Traum aus Spitze und Seide gehüllt, schritt feierlich auf den Altar zu, wo ihr geliebter Edward auf sie wartete, um mit ihr den Bund fürs Leben zu schließen.
Ein paar Minuten zuvor hatte Cassandra der glücklichen Braut vor der Kirchentür noch rasch die Schleppe geordnet. Als sie fertig gewesen war, hatte Emma sich lächelnd zu ihr gebeugt und ihr zugeflüstert: „Danke, Cassy. Du wirst die Nächste sein, das weiß ich genau.“
Cassandra war sich da keineswegs so sicher und hatte ihre Schwester ein wenig skeptisch angelächelt. Den einzigen Mann, der Tag und Nacht ihre Gedanken beherrschte, hatte sie seit zwei Wochen, seit jenem Tag, als sie wutentbrannt aus seinem Haus gestürmt war, nicht mehr gesehen.
Und nun stand er hier, neben seinem Vetter Edward neben dem Altar, und bei seinem
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