Suesse Hoelle
sich ein Mordfall zu einem großen Problem entwickelte und er aus der besten Spur, die sie hatten, nichts herauszuholen vermochte?
»Sie muss dabeigewesen sein«, sagte er. »Sie wusste zuviel.« Trammell winkte ab. »Es gibt noch eine andere Möglichkeit.«
»Und die wäre?«
»Vielleicht hat sie wirklich so eine Sehergabe«, schlug er vor. »Ach, hör doch auf!«
»Dann erkläre es mir anders. Wir tappen im dunkeln. Ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht, und nichts, was bis jetzt vorliegt, gibt uns auch nur den leisesten Hinweis darauf, dass sie mit der Sache etwas zu tun hat.«
»Ja. Und wahrscheinlich werden demnächst Außerirdische auf der Wiese vor dem Weißen Haus landen!«
»Sieh den Tatsachen ins Auge, Kumpel. Diese Nachbarin ist der Typ, der jedesmal zum Fenster rennt, wenn auch nur ein Pizzaauto durch die Straße fährt. Geht Marlie Keen aus, oder besucht sie jemand, dann kannst du darauf wetten, dass sie es sieht.«
»Wir haben noch nicht die Kollegen an ihrem Arbeitsplatz befragt, mit denen sie immer zum Essen geht.«
»Ja, fein, lass mich dann wissen, ob du fündig geworden bist. Ich für meinen Teil weiß, wann ich in einer Sackgasse gelandet bin.«
5
Sie entdeckte ihn im gleichen Augenblick, als sie die Bank verließ. Er saß allein in seinem Wagen und beschattete sie. Die späte Nachmittagssonne spiegelte sich in der Windschutzscheibe, so dass sie sein Gesicht nicht genau sehen konnte, aber natürlich war er es. Kriminalbeamter Hollister. Obwohl sie seine breiten Schultern und die Form seines Kopfes nur ahnen konnte, erfüllte sie doch sofort ein unterschwelliger Drang zur Selbsterhaltung, eine Wachsamkeit der Gefahr gegenüber.
Weder stieg er aus, noch rief er sie zu sich. Er saß einfach nur da und beobachtete sie.
Marlie ging zu ihrem Auto; sie weigerte sich, auf seine Anwesenheit zu reagieren. Als sie vom Parkplatz bog, folgte er ihr.
Seine Stoßstange stieß förmlich an ihre, während sie sich den Weg durch den normalen Nachmittagsverkehr bahnte. Wenn er glaubte, dass er sie mit seinem kindischen Spielchen beeindrucken konnte, dann würde er sich wundern. Ihre Nerven hatten schon viel stärkeren Belastungsproben standgehalten, unter Umständen, die wesentlich härter waren als diese, und sie hatte es überlebt.
Sie musste noch einige Besorgungen machen, Dinge, die sie sonst am Wochenende erledigt hätte, hätte sie diese Vision des Alptraums nicht überwältigt. Durch seine Anwesenheit ließ sie sich nicht beirren; wenn er in ihrer Freizeit herumschnüffeln wollte, konnte er einen aufregenden Nachmittag erleben. Vor der Reinigung hielt sie an, tauschte einige schmutzige Sachen gegen bereits fertig gesäuberte. Danach fuhr sie zur Bücherei, wo sie zwei Bücher zurückgab. Anschließend kaufte sie Lebensmittel ein. Jedesmal wenn sie anhielt, parkte er so nahe wie möglich hinter ihr, zweimal sogar gleich neben ihr und wartete dann ungerührt, bis sie zu ihrem Wagen zurückkam. Als sie aus dem Supermarkt trat, blickte er ihr entgegen, wie sie den Einkaufswagen, beladen mit vier großen Tüten, hinter ihr Auto karrte. Sie hielt den Wagen mit einem Fuß fest, während sie den Kofferraum aufschloss
Noch ehe sie seine Tür zuschlagen hörte, war er schon ausgestiegen und hatte sich neben ihr aufgebaut. Sie hob den Kopf, und da stand er, groß und grimmig wie ein Gewitter. Seine Augen hatte er hinter einer sehr dunklen Sonnenbrille verborgen. Sonnenbrillen pflegten sie seit jeher unsicher zu machen. Erneut traf seine Anwesenheit sie wie ein Schlag. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht automatisch einen Schritt zurückzumachen. »Was wollen Sie ?« fragte sie kühl.
Er streckte eine Hand aus und hob mühelos eine der Tüten aus dem Einkaufswagen in den Kofferraum. »... nur ein wenig helfen.«
»Ich bin mein ganzes Leben lang ohne Ihre Hilfe ausgekommen, Herr Kommissar, also werde ich das wohl auch jetzt schaffen.«
»Es hat nichts zu sagen.« Das Lächeln, mit dem er sie bedachte, war freudlos und zugleich ein wenig spöttisch. Er stellte auch die anderen drei Tüten in den Kofferraum. »Sie brauchen sich nicht einmal dafür zu bedanken.«
Marlie zuckte mit den Schultern. »Okay.« Sie wandte sich ab, schloss die Wagentür auf und stieg ein. Der Parkplatz vor ihr war frei, deshalb brauchte sie nicht rückwärts zu rangieren. Sie fuhr los und überließ es ihm, den Einkaufswagen wegzubringen oder damit zu tun, was immer er wollte. Sie war nicht in der Stimmung,
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