Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sueße kleine graue Maus

Titel: Sueße kleine graue Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
die Knie fallen, damit du mir ein bißchen mehr erzählst?«
    Rana öffnete die Augen und sah die Frau an, der sie es nie hatte recht machen können, sosehr sie sich auch bemühte. »Also gut. Ich bitte dich darum. Was ist passiert?« Auf einmal überwältigten sie ihre Gefühle, und Tränen traten in ihre Augen.
    Susans Gesichtsausdruck wirkte auf einmal fast selbstgefällig. Trotz der Nachtstunde war sie tadellos frisiert und trug einen makellosen Morgenmantel aus Satin. »Er ist zu Hause gestorben. Ein Nachbar fand die Leiche spät am Morgen, als Morey nicht zum verabredeten gemeinsamen Frühstück erschien.«
    Morey hatte allein gelebt; er war seit Jahren geschieden. Er war nie über das Scheitern seiner Ehe hinweggekommen, aber er konnte auch das Spielen nicht aufgeben - was einer der Hauptgründe dafür war, daß seine Frau sich von ihm getrennt hatte.
    »Hatte er einen Herzinfarkt? Oder einen Schlaganfall?«
    Morey hatte Übergewicht und zu hohen Blutdruck gehabt und zuviel geraucht.
    »Eigentlich nicht«, erwiderte Susan kühl. »Er hat Drogen genommen.«
    »Drogen!« rief Rana entgeistert aus. »Das glaube ich nicht!«
    »Kein Rauschgift. Tabletten. Alkohol. Offensichtlich hatte er den Abend zuvor getrunken.«
    Rana schien in sich zusammenzufallen. Das konnte nicht sein. Sie weigerte sich, es zu glauben. Selbstmord? Nein! »War's ein Unfall?« Ihre Stimme klang heiser.
    Susan drückte ihre Zigarette in dem Kristallaschenbecher auf dem Marmortisch aus. »Die Polizei wird's wohl so darstellen«, meinte sie.
    »Aber du glaubst, es war Selbstmord, oder?«
    »Als ich das letztemal mit ihm gesprochen habe, war er außer sich darüber, daß du den Vertrag abgelehnt hast. Er war über deine Entscheidung genauso schockiert wie ich. Morey hatte finanzielle Probleme. Die hatte er dir zu verdanken«, fügte sie boshaft hinzu.
    Rana bedeckte das Gesicht mit den Händen, aber Susan fuhr fort: »Er mußte aus seinen luxuriösen Büroräumen ausziehen. Als du so egoistisch uns beide verlassen hast, mußte er wieder zweitrangige Models und Möchtegerne vertreten.«
    »Warum hat er mir das nie erzählt?« Rana stöhnte auf.
    Susan war nur zu glücklich, darauf antworten zu können. »Was hätte es denn genutzt? Wenn dir das Wohlergehen anderer Leute auch nur halb so wichtig gewesen wäre wie dein eigenes, wärst du nicht so einfach abgehauen. Aber warum solltest du auch nur einen Gedanken an einen kleinen Agenten verschwenden, wenn du dich nicht einmal um deine eigene Mutter kümmerst?« Sie zündete sich noch eine Zigarette an.
    Rana wußte, Susan war noch nicht fertig, deshalb schwieg sie. Es hatte keinen Zweck, mit ihr zu diskutieren.
    »Ich habe mein ganzes Leben für deine Karriere geopfert, aber du hast alles ohne ein Dankeschön aufgegeben. Du hast die Gelegenheit, einen der reichsten Männer Amerikas zu heiraten, in den Wind geschrieben. Kümmert es dich, daß ich kaum die Raten für diese Wohnung aufbringen kann? Nein.«
    Susan hätte sich längst nach einem kleineren Apartment umsehen können, das durchaus noch ihren Ansprüchen an Luxus genügt hätte. Sie hätte sich einen Job suchen können. Wie Rana aus eigener Erfahrung wußte, war ihre Mutter eine ausgezeichnete Managerin. Außerdem war sie eine attraktive Frau. Warum fand sie nicht selbst einen gutbetuchten Ehemann?
    Aber Rana fühlte sich zu müde und traurig, um sich auf eine Diskussion mit ihrer Mutter einzulassen.
    Mühsam erhob sie sich. Sie fühlte sich wie zerschlagen. »Ich gehe ins Bett, Mutter. Wann ist die Beerdigung?« »Morgen um zwei. Ich habe für uns beide eine Limousine bestellt.«
    »Die kannst du gern nehmen. Ich rufe mir ein Taxi. So wie ich aussehe, ist es dir sicher lieber, nicht mit mir gesehen zu werden. Und allein deinetwegen werde ich mich sicher nicht herausputzen.«
    Während des Begräbnisses blieb Rana abseits der anderen Trauergäste stehen. Ihr Gesicht hatte sie hinter einer Sonnenbrille und unter einem großen schwarzen Hut verborgen, den sie am Morgen gekauft hatte. Niemand erkannte sie. Niemand drehte sich nach ihr um. Niemand sprach sie an, als sie traurig am Rand der kleinen Menschenmenge stand, die sich nach dem Segen des Priesters rasch zerstreute. Alle schienen froh darüber, ihre Pflicht hinter sich gebracht zu haben.
    Rana zögerte noch, selbst als Susan wortlos an ihr vorüberrauschte. Warum, Morey, warum? Warum hatte er ihr nicht erzählt, daß er in finanziellen Schwierigkeiten steckte? Hatte er sich wirklich das

Weitere Kostenlose Bücher