Sueße kleine graue Maus
weich unter seinen Fingern an. Sie legte den Kopf zur Seite und schmiegte ihre Wange in seine Hand. Er blickte auf ihren Mund. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Sie sahen unglaublich weich und verführerisch aus.
»Ana.« Er senkte den Kopf und berührte mit seinen Lippen ihren Mund.
»Ana!« ertönte eine andere Stimme.
Sie fuhren auseinander. Trent fluchte - und er hatte ein erstaunlich umfangreiches Repertoire an Flüchen. Rana trat schnell einen Schritt zurück und lief zur Tür. des Gewächshauses. Ihr Herz klopfte laut und unregelmäßig.
»Ja, Ruby? Ich bin hier. Was ist los?«
»Telefon für Sie, meine Liebe.«
Rana warf einen Blick zurück. Trent zuckte mit den Schultern und lächelte, doch in seinem Lächeln lag auch Enttäuschung. Seine Augen waren dunkel vor Verlangen.
Rana lief über den Hof und durch die Hintertür, die Ruby für sie aufhielt, ins Haus. »Ihre Mutter ist am Apparat.«
Rana blieb unwillkürlich stehen. »Meine Mutter?« wiederholte sie.
Ruby nickte und sah sie fragend an. Bis jetzt hatte sie nichts von Ana Ramseys Mutter gewußt.
Rana eilte die Treppen hinauf. Während der letzten sechs Monate hatten sie und ihre Mutter sich nur über Morey verständigt. Seit Rana die Pläne ihrer Mutter hinsichtlich der Einheirat in dieses Kosmetikunternehmen vereitelt hatte, war kein persönlicher Kontakt mehr zwischen ihnen zustande gekommen.
Warum ruft Susan jetzt an? fragte sich Rana. Aus Ärger, weil sie den Vertrag nicht akzeptiert hatte? Oder wollte sie einfach nur guten Tag sagen? Wollte sie ihr sagen, daß sie sie liebte?
Sie wußte, wie lächerlich ihre Hoffnung war. Trotzdem zitterten ihre Hände, und ihre Stimme bebte, als sie den Hörer in ihrem Apartment abhob. »Mutter? Hallo. Wie geht's dir?«
»Morey ist tot. Du könntest zumindest zu seiner Beerdigung nach New York kommen.«
6
Morey ist tot.
Es war fast sechsunddreißig Stunden her, daß Rana diese Worte zum erstenmal von ihrer Mutter gehört hatte. Und immer noch konnte sie es nicht glauben. Selbst als sie am Grab gestanden und Moreys Sarg gesehen hatte, schien ihr allein der Gedanke an seinen Tod unvorstellbar.
So vieles war nach dem Anruf ihrer Mutter geschehen, daß der Nachmittag mit Trent im Gewächshaus zu einem anderen Leben zu gehören schien. Rana spürte, wie sehr sie psychisch und körperlich erschöpft war, als sie noch einmal an all die Ereignisse nach dem unheilvollen Telefongespräch dachte.
Sie hatte mit fliegender Eile ein paar Kleidungsstücke in ihren Koffer geworfen. Auf dem Weg die Treppen hinunter hatte sie Ruby gebeten, ihr den Wagen zu leihen. Ruby hatte vorgeschlagen, daß Trent sie zum Flughafen fahren könnte, aber Rana hatte so heftig abgelehnt, daß Ruby nachgab. Sie hatte dann selbst Ranas Bitte akzeptiert, ihn nicht aus dem Treibhaus zu holen, damit er sich von ihr verabschieden könnte. Rana hatte ihrer Wirtin erklärt, daß sie auf unbestimmte Zeit fort müßte. Sie hatte ihr nicht gesagt, wohin.
Als Ruby ihr Bedauern über Ranas überstürzte Abreise ausdrückte, hatte sie nur versprochen, ihr alles nach ihrer Rückkehr zu erklären. Auf dem Houstoner Intercontinental-Airport dauerte es einige Zeit, bis sie einen freien Platz in einer Maschine nach New York bekommen hatte.
In New York angekommen, nahm sie ein Taxi zu ihrem Apartment, in dem ihre Mutter immer noch lebte. Zum erstenmal seit sechs Monaten standen sich die beiden Frauen gegenüber. Susan zeigte sich ausgesprochen feindselig, während Rana dringend Trost und Zuwendung gebraucht hätte.
»Du siehst einfach lächerlich aus, Rana. Du erwartest doch nicht von mir, daß ich mich so mit dir in der Öffentlichkeit zeige. So wie du gekleidet bist.« Das waren die ersten Worte, die sie zu ihrer Tochter sagte.
»Was ist mit Morey, Mutter?«
»Er ist tot.« Susan zündete sich eine Zigarette mit dem goldenen Cartier-Feuerzeug an und inhalierte tief.
Rana, die völlig erschöpft war nach dem überstürzten Aufbruch, dem stundenlangen Warten auf dem Flughafen, dem langen Flug und ihrem Kummer wegen Morey, ließ sich auf das Sofa sinken. Ermattet schloß sie die Augen. Es war jetzt zwei Uhr früh. Ihr Verstand war überstrapaziert, und ihre Nerven waren es auch. Sie hatte gerade ihren liebsten Freund und Verbündeten verloren, und die erste Bemerkung ihrer Mutter galt ihrem Aussehen. In diesem Moment haßte sie Susan Ramsey.
»Das hast du mir schon am Telefon erzählt, Mutter. Was willst du von mir? Soll ich erst vor dir auf
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