Sueße kleine graue Maus
zuhörte. Seit Monaten hatte er das Bedürfnis gehabt, sich einmal auszusprechen. Jetzt konnte er nicht länger an sich halten.
»In der letzten Saison habe ich mein Alter gespürt, obwohl ich seit Jahren dagegen ankämpfe. Vor drei Jahren mußte mein Ellbogen operiert werden. Als ich wieder in Ordnung war, machte mir meine Schulter zu schaffen. Bei jedem Einwurf hatte ich wahnsinnige Schmerzen, mit dem Erfolg, daß meine Würfe nicht mehr weit und auch nicht präzise genug waren. Daß wir deshalb nicht genügend Punkte machten, war ausschließlich meine Schuld. Das wußte ich, und das wußte auch jeder andere.«
Rana kannte sich nicht im Football aus, konnte jedoch seine Situation gut nachvollziehen. Sie hatte Models gekannt, die glaubten, ihr Leben sei mit dreißig zu Ende, weil sie für eine Karriere zu alt waren.
Sie rückte näher an ihn heran. Am liebsten hätte sie ihm tröstend die Hand auf den Arm gelegt. »Aber Sie haben doch sicher von Anfang an gewußt, daß Sie nicht bis in alle Ewigkeit würden weiterspielen können.«
»Natürlich. So unrealistisch bin ich nicht. Ich habe keine Luftschlösser gebaut. Meine Finanzen sind gesichert, ich könnte mich jederzeit vom Football zurückziehen. Ich bin stiller Teilhaber eines außerordentlich lukrativen Maklerbüros in Houston. Aber ich möchte zurücktreten, wenn ich innerlich dazu bereit bin, und nicht, wenn man mich dazu zwingt. In jeder Spielzeit tauchen neue Talente auf. Himmel, diese Burschen spielen gut, Ana! Und sie sind so verdammt jung.«
Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Vielleicht glauben Sie, daß ich Ihnen aus Eifersucht auf diese jungen Kerle etwas vorjammere. Aber das ist nicht so.« »Ich glaube Ihnen«, entgegnete Rana weich. Trent ballte die Fäuste und schloß die Augen.
»Nur noch eine Saison! Noch eine einzige erfolgreiche Spielzeit! Ich will auf meinem Höhepunkt ausscheiden und nicht als armer, bedauernswerter Veteran.«
Sanft berührte sie seinen Arm. »Niemand wird Sie jemals bedauern, Trent. Ich glaube an Ihren Erfolg. Ich weiß, daß es Ihnen gelingen wird.«
»Wirklich?«
Sie sah ihm ernst in die Augen. »Ja.«
Auf einmal schien die Zeit stillzustehen. Rana fand in seinem Blick die gleichen Ängste und Zweifel, die sie selbst so oft gequält hatten.
Wenn ich nicht schön bin, liebt mich meine Mutter nicht. Mit dieser Vorstellung war das einsame Mädchen aufgewachsen. Bis vor sechs Monaten hatte sie geglaubt, ihr Wert hinge nur von ihrem guten Aussehen ab. Seit sie den Rana-Look aufgegeben hatte, hatte sie zwei für sie wichtige Freunde gefunden - Ruby und Trent. Und bestätigt bekommen, daß sie jemand war, den man lieben und schätzen konnte, egal, wie sie aussah.
Solange sie zurückdenken konnte, hatte sie versucht, so zu sein, wie ihre Mutter sie haben wollte. Verzweifelt hatte sie Susans Zuwendung gesucht, aber nie hatte sie die Erwartungen ihrer Mutter voll und ganz erfüllen können.
»Halt dich gerade, Rana! Schleich nicht so durch die Gegend. Hast du etwa einen Pickel, Rana? Tatsächlich! Habe ich dir nicht gezeigt, wie du deine Haut reinigen sollst? Trägst du deine Zahnspange? Möchtest du etwa schiefe Zähne haben? Dein Kleid ist zerknittert, dabei habe ich eine halbe Stunde daran gebügelt!«
Und selbst wenn Rana so perfekt wie nur möglich ausgesehen hatte - Susan war nie zufrieden gewesen.
Ja, sie konnte sich mit Trents Ängsten und seiner Unsicherheit identifizieren. Bei seinen Bemühungen, Erfolg auf dem Spielfeld zu haben, spielten persönliche Gefühle oder körperliche Schwächen keine Rolle. Er würde immer sein Bestes geben. Aber er war sich qualvoll dessen bewußt, daß auch sein Allerbestes nie gut genug sein würde.
»Ich bin froh, daß Sie an mich glauben«, sagte er leise. Sein Blick war unverwandt auf ihr Gesicht gerichtet. Lange unterdrückte Wünsche und Sehnsüchte brachen sich Bahn. Sein Körper fühlte sich heiß und fiebrig an.
So hatte er noch nie empfunden, diese intensiven Gefühle waren ihm völlig neu. In diesem Augenblick fand er Ana Ramsey schön. Er wollte sie in seine Arme nehmen und ihr zeigen, wie er sich über ihr Vertrauen freute.
Um sie herum war es ganz still. Nur eine Fliege summte irgendwo im Raum. Auf Trents Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen. Ihre Körper schmerzten vor Verlangen und von der Anstrengung, sich voneinander fernzuhalten.
Trent legte seine Hand auf Ranas Scheitel und ließ sie dann behutsam in ihren Nacken gleiten. Ihr Haar fühlte sich
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