Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse
parlamentarischer Reformen darstellen musste, benutzte er in Wirklichkeit einen Teil der Gelder, die er von seinem Vater erhielt, dazu, eben diese Reformen voranzutreiben. Ohne sein Wissen finanzierte der Marquess zwei Waisenhäuser und eine Schule für eben diese Waisen.
David hob die Hand, doch bevor er den Klopfer betätigen konnte, öffnete ein Diener die Tür. „Guten Abend, Sir. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Bitte sagen Sie Mr. Hobbs-Smith, dass Mr. David Archer ihn sehen möchte.“
Er folgte dem Mann in das Foyer, nahm den Hut ab und wartete auf Nate. Das Haus war nicht besonders eindrucksvoll, zeugte jedoch von gutem Geschmack. Leise Stimmen, die aus einem Raum im Erdgeschoss zu ihm drangen, verrieten David, dass Nate Besuch haben musste und noch bei Tisch saß. Doch gleich darauf folgte der Hausherr seinem Diener, der sich diskret zurückzog, in das Foyer hinaus.
„Gibt es ein Problem?“
David beschloss, direkt zu sein. „Das wäre möglich. Deswegen bin ich hier. Wir müssen uns unbedingt unterhalten.“
Gelächter aus besagtem Raum erinnerte David daran, dass er zu einer recht ungünstigen Zeit gekommen war. „Vielleicht kann ich mit dir sprechen, sobald deine Gäste gegangen sind?“
„Nur Miss Fairchild wird gehen, da meine Schwester, ihr Mann und deren zwei Kinder bei mir wohnen. Wenn also diese Angelegenheit, wegen der du gekommen bist, so wichtig ist, dass du um diese späte Stunde noch mit mir reden wolltest, lass uns in mein Arbeitszimmer gehen.“
Bevor sie sich allerdings von der Stelle bewegen konnten, wurde die Tür zum Esszimmer wieder geöffnet, und Miss Fairchild schlüpfte heraus. Ihr Gesicht strahlte, und statt der dunklen Tageskleider, in denen er sie üblicherweise sah, trug sie heute Abend ein hinreißendes blassgelbes Kleid, das ihr Haar und die Augen vorzüglich zur Geltung brachte – ebenso wie die Zierlichkeit ihres Nackens und die Rundungen ihrer Brüste, die sich unter dem weichen Stoff abzeichneten. Das Haar hatte sie aufgesteckt, sodass nur ein paar kleine Locken ihre Wangen umschmeichelten. Sie sah unglaublich verführerisch aus.
„Miss Fairchild“, begrüßte er sie mit einer Verbeugung. „Es ist mir eine Freude, Ihnen heute noch einmal zu begegnen.“
„Mr. Archer. Ich freue mich, dass Sie hier sind, denn ich wollte Ihnen noch einmal wegen heute Morgen danken. Es war eine wunderschöne Abwechslung für Julia und mich. Sie hat seitdem keinen Moment über etwas anderes geredet.“
„Ihr beide habt den Vormittag zusammen verbracht?“, fragte Nathaniel und sah von ihm zu Miss Fairchild.
„Wir drei, da Miss Julia sich bereit erklärte, uns zu begleiten“, antwortete er, und sie nickte lächelnd. „Miss Fairchild besaß die Freundlichkeit, mich auf einen Ausflug zum Schloss zu begleiten. Miss Julia erwies sich als ausgezeichnete Führerin.“
Nathaniel war nicht glücklich, so viel merkte man seiner abweisenden Haltung deutlich an. Die Spannung wuchs, bis selbst die Dame sich ihrer bewusst wurde.
„Ich habe Ihr Gespräch mit Nathaniel unterbrochen. Bitte verzeihen Sie mir“, sagte sie, knickste und lächelte ihn an.
Ihre Art zu lächeln war gleichzeitig unschuldig und schelmisch. Ihre vollen Lippen luden regelrecht dazu ein, sie zu küssen. David räusperte sich unwillkürlich. Es war nicht das erste Mal, dass er sich versucht fühlte, die reizende Miss Anna Fairchild zu umwerben, aber er hatte ihr keine Zukunft zu bieten. Sie war keine angemessene Partie für den Erben des Marquess of Dursby. Und sie würde Edinburgh nie verlassen.
Aus ihren Gesprächen und seinen eigenen Nachforschungen wusste David, wie wenig sie auf eine Heirat aus war, und natürlich käme es nie für ihn in Betracht, ihr etwas weniger Ehrenvolles anzubieten. Seine Jugendsünden hatten ihn zumindest so viel gelehrt. Bevor er sich erlaubte, sein körperliches Verlangen zu stillen, überlegte er es sich immer sehr genau und ließ Vorsicht walten.
„Wir haben uns heute Abend etwas später als gewöhnlich zu Tisch gesetzt, Mr. Archer. Möchten Sie uns Gesellschaft leisten?“, fragte Nathaniel mit schlecht verhohlenem Widerwillen.
Sollte er es wagen? Nates Feindseligkeit war offensichtlich. Doch nach der erfreulichen Zeit mit Miss Fairchild heute Vormittag erwies sich die Versuchung, ihre Gesellschaft noch etwas länger zu genießen, bevor er abreiste, als zu groß.
„Sehr gern. Wenn Sie sicher sind, dass ich nicht ungelegen komme.“
Nate schien überlegen zu
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