Sueße Luegen, Heiße Kuesse
gewarnt, den Gino Corelli für das öffentliche Ansehen der Bank bedeutete. Daher hatten sie auch nicht von Suspendierung gesprochen, sondern von einer „temporären Abwesenheit wegen familiärer Verpflichtungen“.
Frieden schließen, so ein Quatsch, dachte Luke. Und trotzdem, aus irgendeinem verrückten Grund war er jetzt hier.
Du musst das in Ordnung bringen.
Tief atmete er ein. Er war schuld an Ginos Tod. Wochenlang hatte er die Schuldgefühle verdrängt, hatte sie unter seinem Arbeitspensum vergraben, sich selbst mit endlosen Stunden am Schreibtisch betäubt, bis es im edlen Sitzungssaal des Aufsichtsrats von Jackson und Blair dann zum großen Knall gekommen war.
Die Sache in Ordnung bringen.
Er fluchte leise. Eine Woche würde genügen, um das Haus zu evaluieren und zum Verkauf anzubieten. Dann würde er das Geld seiner Tante Rosa geben und zu seinem Leben zurückkehren, zur anstehenden Beförderung.
Eine Woche. Zehn Tage, höchstens. Dann wäre er frei. Alles ganz simpel.
Er machte einen weiteren Schritt, ignorierte das Klingeln seines Handys, bis der Anblick eines roten Autos, das vor der Veranda parkte, ihn stehen bleiben ließ.
Was mochte es mit diesem Haus auf sich haben? Es war dazu gedacht, kein Aufsehen zu erregen, das sah man sofort. Aber schon allein das Grundstück musste ein paar Millionen wert sein. Schnell ging er alle Möglichkeiten durch, bis er bei einem unangenehmen Gedanken hängen blieb.
Ein Liebesnest.
Ein übler Geschmack breitete sich in seinem Mund aus, bitter und schwarz. Nein. Gino hatte Rosa geliebt. Über vierzig Jahre lang waren sie glücklich verheiratet gewesen. Unmöglich dass er …
Doch warum hatte Gino das Haus dann nicht Rosa vererbt? Warum ihm?
Wieder betrachtete er das Haus, presste die Lippen aufeinander. Irgendetwas stimmte hier nicht … etwas, das er nicht greifen konnte.
Besorgnis kitzelte ihn im Nacken, das Hemd klebte schweißnass an seinem Rücken. Er fuhr sich über den Hals. Dann blickte er über seine Schulter die kurvige Auffahrt hinunter. Eine dichte Hecke schirmte das Haus von der ruhigen Straße ab.
Ein paar gut gepflegte Zitronenbäume beugten sich über die Vorderveranda wie grüne Wächter. Der Rasen musste mal gemäht werden, aber die Blumenbeete waren umgegraben und zeigten damit deutlich, wo die Prioritäten des Bewohners lagen. Und mit Ausnahme des monotonen Zirpens der Zikaden herrschte Stille.
Noch einmal kochte die Wut in ihm auf, die er seit seinem Zusammentreffen mit der Presse versucht hatte abzuschütteln.
Für den Wagen vor der Veranda gab es noch eine andere Erklärung: Einer der unternehmungslustigen Reporter war ihm einen Schritt voraus.
Bislang war Luke immer in der Lage gewesen, die Grenze zwischen unerwünschter Aufmerksamkeit und guter Publicity zu ziehen. Aber alles, was im Moment über ihn kursierte, roch nach Skandal.
Ja, er war das jüngste Vorstandsmitglied von Jackson und Blair, Queenslands wohlhabendster Handelsbank. Ja, er verfügte über unglaublich viel Macht und Einfluss. Aber das interessierte die Pressemeute nicht, sie wollten lieber darüber berichten, dass er der Neffe des vermeintlichen Mafiabosses Gino Corelli war.
Luke starrte auf den Schlüssel in seiner Hand, Reue schnürte ihm die Brust zusammen. Die schweren Anschuldigungen seines Cousins auf der Beerdigung nagten noch immer an ihm. Wenn du etwas getan hättest, wäre mein Vater vielleicht noch am Leben.
Er schloss die Hand um den Schlüssel. Die scharfen Kanten schnitten in seine Haut, doch er begrüßte den Schmerz. Alles, was von der Wunde in seinem Herzen ablenkte – und sei es nur für Sekunden – war eine Gnade.
Luke starrte auf die Tür zu seinem Erbe – massiv, abgenutzt … und verschlossen.
Obwohl er den Schlüssel besaß, klopfte er an. Dann wartete er.
Gerade wollte er erneut klopfen, als die Tür geöffnet wurde – und sein Verstand nahm sich kurzzeitig eine Auszeit.
Vor ihm stand die menschliche Ausgabe von Bambi, die großen moosgrünen Augen weit aufgerissen. Das blaue Tank Top und kurze ausgefranste weiße Jeans, die nur bis zur Mitte der Oberschenkel reichten, ließen den Blick auf sehr viel nackte Haut frei. Unter der spärlichen Bekleidung deuteten sich an allen entscheidenden Stellen perfekte weibliche Rundungen an. Die langen honigbraunen Beine schienen unter den Achseln zu beginnen und endeten an korallenfarben lackierten Zehennägeln.
Luke De Rossi verschlug es die Sprache.
Er zog seine Sonnenbrille nach unten
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