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Sueße Prophezeiung

Sueße Prophezeiung

Titel: Sueße Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abe
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in ihrem Hals darauf bestand. Die Wände ihrer Kammer waren im Verlauf der letzten zwei Tage immer enger zusammengerückt. Das schmale Fenster schaffte es nicht, das alte Gefühl des Erstickens zu vertreiben. Fast alles hätte sie getan, um dem Raum zu entkommen.
    Sie schritten den Gang entlang hinunter in die eindrucksvolle Halle von Sauveur. Schwarzgraue Steinpfeiler hielten die mächtigen Bögen, die sie überspannten. In allen vier in die Wände eingelassenen Kaminen loderten Feuer. Die Tische und Bänke bestanden aus schwerem, dunklem Holz. An den Wänden hingen bunte Gobelins und heraldische Symbole.
    Einzelne Herbstblätter lagen beim Haupteingang auf dem Boden. Eine frische Brise wehte herein und strich ihr die feinen Strähnen aus der Stirn.
    Avalon spürte, dass Marcus, sich dem Augenblick hingebend, innerlich mit ihr verbunden war, ohne dass er jedoch seinen Schritt verlangsamte.
    Die Leute, die sie sahen, hielten bei dem, was sie gerade taten, inne und starrten das Paar an. Bei den meisten legte sich ein breites Lächeln übers Gesicht, ein paar der Frauen tupften sich Tränen von den Wangen.
    Unerfüllbare Erwartungen. Avalon konnte es nicht glauben, welche gewagten Hoffnungen der bloße Anblick von ihr auslöste.
    Unsere Braut, dachten sie sicher, und damit kam für sie die niederschmetternde Erkenntnis. Sie verkörperte Helligkeit und Licht. Sie als die eine Hälfte bedeutete das magische Ende ihres Lebens, und die andere Hälfte war der neue Laird, nun endlich bei ihnen! Gegen ihren Willen begann sie zu begreifen, was Marcus spüren musste und warum er das Risiko auf sich genommen hatte, sie zu entführen.
    Der Himmel erstrahlte in jener besonderen Färbung, die nur in den kostbaren Wochen zwischen Sommer und Winter zu sehen ist. Ein reines tiefes Blau wölbte sich über das Tal, und nur gelegentlich glitten ein paar schneeweiße Wölkchen am Horizont entlang. Die Luft war kühl und prickelnd, roch nach Blättern, Rauch und fernen Wassern.
    Sie wirkte belebend und einladend wie ein alter Freund, der zu lange fort gewesen war. Das alles kam ihr so vertraut vor. Es fühlte sich an, als wäre sie ... zu Hause.
    Natürlich wirkte es vertraut, schalt Avalon sich. Es war genau wie jeder andere Herbst, den sie in den Highlands verbracht hatte. Man musste nicht auf Sauveur wohnen, um den Wechsel der Jahreszeiten in Schottland zu genießen. Schluss mit der Sentimentalität!
    Sie bemühte sich, ihre Hand nur leicht auf Marcus’ Arm zu legen. Doch es war so viel einfacher, sich nur zu entspannen und ihn das unerhebliche Gewicht tragen zu lassen, sich im Gleichklang miteinander zu bewegen. Bei diesem kleinen Zugeständnis verlor sie nichts, dachte Avalon.
    An seinen Grenzen war Sauveur von ungerodeten Landstrichen umgeben. Die Weiden und Felder, die man urbar gemacht hatte, indem man Bäume fällte und Findlinge fortschaffte, stießen an dichte Wälder, Gras bewachsene Berghänge und schroffes Quarzgestein.
    Marcus führte sie einen viel begangenen Weg hinunter. Immer mehr Leute schlossen sich ihnen an. Der Zauberer hielt respektvollen Abstand zu ihnen. Ihm folgte eine ständig wachsende Horde, die vornehmlich aus Kindern, von dem Schauspiel angelockt, bestand.
    Er musste ihr Flüstern hören, dachte Avalon und schaute nur einmal kurz zu ihm auf. Bestimmt hörte er die Stimmen, die hinter ihnen ihre Namen raunten. Doch seine Miene blieb reglos und sein Schritt fest, ohne ins Stocken zu geraten. Offensichtlich hatte er ein Ziel. Avalon wusste, dass dies mehr als ein Spaziergang zu ihrem Vergnügen war.
    Er führte sie vor – wie ein Mann eine kostbare neue Stute zeigte, so präsentierte er sie seinen Leuten.
    Ein Teil von ihr wollte darüber in Wut geraten. Doch stattdessen verspürte sie eine verhaltene Zustimmung in sich. An seiner Stelle hätte sie das Gleiche getan. Sie hätte auch alle erdenklichen Schritte unternommen, um denjenigen, die von ihr abhängig waren, Zuversicht einzuflößen. Sie hätte sich jedwede Legende zunutze gemacht und sie höchstpersönlich zum Leben erweckt, wenn es in ihrer Macht gestanden hätte. Schon dieses Eingeständnis vor sich selbst machte ihr Angst, indem sie die Maßnahmen des Lairds billigte, war sie nur einen Schritt entfernt von der bereitwilligen Teilnahme an ihnen. Und dann hätte Hanoch gewonnen.
    Bald lag ein Tal vor ihnen. Ein geschützter Ort mit im Windhauch wogenden wilden Wiesen und sogar einigen weißen und gelben Blumen, die sich trotz der nahenden Kälte noch

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