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Sueße Prophezeiung

Sueße Prophezeiung

Titel: Sueße Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abe
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stand nun allein im silbergrünen Gras und der schwarze Elf blickte auf sie alle herab.
    Der Zauberer trat zu ihr, beide Außenseiter dieser Szene. Nachdenklich betrachtete er das Tal, die Brombeersträucher und die zerklüfteten Berge ringsum.
    »Ein seltsames Land«, meinte er schließlich.
    Avalon legte ihren gesunden Arm über ihren Bauch.
    »Ein wildes Land und tapfere Menschen«, fuhr er fort. »Berggipfel, die mit Gott sprechen mögen, wenn ER es will. Magie, Legenden und scharfer Schnaps – eine berauschende Mischung!«
    Der leichte Wind lebte wieder auf und rauschte durch die Gräser zu ihren Füßen. Die jungen Mädchen kehrten zu ihrer Arbeit an den Sträuchern zurück, wobei sie trotzdem noch heimliche Blicke von Marcus zu Avalon warfen.
    Balthazar beugte sich nach unten und pflückte eine Blume mit bläulich weißen Blütenblättern. »Ich habe eine Frage an Euch, Mylady. Werdet Ihr sie beantworten?«
    Avalon beobachtete, wie seine Finger, die dunkel vor dem hellen Hintergrund wirkten, mit den Blütenblättern spielten. »Wenn ich kann«, erwiderte sie.
    Der Zauberer lächelte. »Die kluge Antwort einer alten Seele. Meine Frage lautet wie folgt: Was ist Euch von diesem Ort in Erinnerung geblieben?«
    Seine Worte verwirrten sie. Avalon schaute sich unsicher um und suchte eine plausible Erklärung: »Nichts. Ich bin noch nie hier gewesen. Hanoch hatte mich in einem Dorf hoch im Norden untergebracht, wo ich die ganze Zeit lebte.«
    »Nein, nein«, meinte der Zauberer und wedelte mit der Hand, als wollte er ihre Worte vertreiben. »Nicht aus diesem Leben. Ich meine Erinnerungen von früher. An was erinnert Ihr Euch?«
    »Nicht aus diesem Leben?«, wiederholte sie zögernd. »Ich verstehe nicht.«
    »Manche Menschen glauben, dass wir oft in denselben Körper zurückkehren. Sie sagen, jedes Leben sei eine Prüfung, um die Seele Gott näher zu bringen.«
    Sie erfasste den Gedankengang und hinterfragte dessen ketzerischen Inhalt. »Kein Himmel? Keine Hölle?«
    Der Zauberer lächelte wieder. Dieses Mal war es verhaltener. Seine Mundwinkel zogen sich vor Erheiterung nach oben. »Über dieses Thema lässt sich vortrefflich diskutieren. Doch ich würde meinen, dass die Hölle die Wiederkehr bedeutet, wenn man seine Prüfung nicht bestanden hat.«
    Der Geist hatte geweint, seine Worte berührten sie im Innersten. Unfreiwillig hatte sie Anteil an seiner Pein gehabt. Der Schwefelgeruch war Übelkeit erregend gewesen.
    »Wie würde meine Prüfung aussehen?«, fragte Avalon langsam und etwas ungläubig, während sie auf die Blume schaute, die er hielt.
    »Das könnt nur Ihr selbst sagen«, antwortete Balthazar. »Nur Ihr selbst werdet es erfahren. Die Antwort findet sich im tiefsten Innern Eures Herzens. Sucht dort danach.«
    Er verbeugte sich vor ihr und legte dabei beide Hände an die Stirn; dann überreichte er ihr die Blume.
    Sie nahm sie und starrte auf die symmetrischen Blütenblätter und den samtgrünen Stängel. Als sie wieder hochblickte, war der Zauberer gegangen und eilte mit weit ausgreifenden Schritten talabwärts, zurück nach Sauveur. Marcus blickte aus der Menge zu ihr. Sie wandte sich von ihm ab und stellte fest, dass die Mädchen eindeutig über sie redeten, ohne die Blicke von ihr abzuwenden.
    Plötzlich überfiel Avalon ein Gefühl tiefer Einsamkeit. Eine Einsamkeit, die sie seit ihrer Kindheit nicht mehr so stark empfunden hatte. Einsamkeit war ihr Feind, und sie hatte hart gegen sie angekämpft, um sie zu vertreiben – wie auch gegen alles andere, von Hanoch angefangen, was sie in die Knie zwingen wollte. Dass die Einsamkeit sie nun wieder packte, war keine willkommene Empfindung.
    In der Nähe stand ein Brombeerstrauch. Langsam spazierte sie darauf zu und bemerkte die Wolle, die überall daran hängen geblieben war. Es handelte sich um die Hinterlassenschaften eines Schafes, das unvorsichtigerweise in der Nähe gegrast hatte.
    Sie streckte die Hand nach einem Büschel aus. Leicht löste es sich von den Dornen und wog nur einen Hauch zwischen ihren Fingern. Ein größeres befand sich gleich dahinter. Auch danach griff Avalon. Ein Dorn piekste sie in den Finger.
    Avalon riss die Hand zurück und starrte auf den Blutstropfen, der am Einstich austrat. Völlig unsinnigerweise war sie plötzlich den Tränen nahe.
    »Oh, Mylady«, rief eine Mädchenstimme an ihrer Seite. »Ihr müsst Euch in Acht nehmen. Man sticht sich ständig an ihnen.«
    Das Mädchen klemmte sich seinen Korb, der mit Büscheln von

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