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Süße Rache: Roman (German Edition)

Süße Rache: Roman (German Edition)

Titel: Süße Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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war sie lange vor ihm zu diesem Schluss gekommen, aber er war von Natur aus misstrauisch und argwöhnisch.
    Durch ihren Kopf purzelten so viele unterschiedliche Gedanken, dass sie davon überrollt zu werden drohte. Ihr erster Gedanke war pure Erleichterung: Rafael hielt sie für tot. Sie brauchte sich seinetwegen keine Sorgen mehr zu machen. Er hatte ihr Simon nicht auf den Hals gehetzt; er versuchte nicht mehr, sie umzubringen. Sie war frei.
    Frei! Zum ersten Mal seit vielen Jahren, vielleicht sogar in ihrem ganzen Leben war sie wahrhaftig frei. Schon als sie Rafael verlassen hatte, hatte sie geglaubt, frei zu sein, doch jetzt spürte sie den Unterschied. Freiheit bedeutete
nicht nur essen zu können, was einem schmeckte, oder sich nicht mehr dumm stellen zu müssen.
    Sie hatte die Freiheit, glücklich zu sein.
    Sie glaubte nicht, dass sie je glücklich gewesen war, nicht einmal als Kind. Unbeschwert war sie bestimmt nie gewesen. Als Kind hatte sie zwar – meistens – genug zu essen in den Magen bekommen und Kleider, die sie warm gehalten hatten, aber jeden Tag war sie voller Beklemmungen aus dem Schulbus gestiegen und ängstlich die Einfahrt zu dem Haus hinaufgestapft, in dem ihre Familie gerade wohnte, weil sie nie gewusst hatte, was sie dort erwartete. Waren ihre Eltern wieder betrunken und stritten, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob ihre Kinder hörten, wie sie sich gegenseitig als »Hure« und »Wichser« beschimpften? Gab es zum Abendessen wieder einmal nur das, was sie sich selbst zusammensuchte? Würde ihr Dad auf dem Weg zum Klo an ihr vorbeitorkeln und sie zur Seite schleudern, weil sie ihm im Weg war?
    Später waren andere Sorgen dazugekommen. Würde auch dieser Freund ihrer Mutter versuchen, seine Hand zwischen ihre Beine zu schieben, sobald Mutter ihm den Rücken zukehrte? Ein einziges Mal hatte sie versucht, ihrer Mutter davon zu erzählen, und hatte zu hören bekommen, sie sei genau wie ihr beschissener Vater und solle aufhören zu lügen. Danach hatte sie es, so gut sie konnte, vermieden heimzukommen, wenn einer der Freunde ihrer Mutter zu Besuch war, und war blitzschnell aus dem Fenster geklettert, falls einer von ihnen auftauchte, während sie zu Hause war. Schon mit zwölf Jahren war sie eine Expertin im Untertauchen, Verstecken und Entkommen.
    Sie war immer wieder entkommen, doch sie war nie wirklich frei gewesen – bis jetzt.
    Die Zukunft lag ausgebreitet vor ihr, keine Zukunft ohne Sorgen oder Ärger, aber eine Zukunft ohne Rafaels Nachstellungen und ohne die Angst, dass er sie finden könnte. Anfangs spürte sie nichts als dieses Gefühl von Freiheit, nichts als die tief sitzende Erleichterung, dass sie sich nicht bis an ihr Lebensende verstecken oder sich als Köder für Rafael anbieten musste.
    Als sie schließlich geduscht und ihren erschöpften Körper ins Bett geschleppt hatte, war es nach drei, trotzdem konnte sie nicht abschalten und einschlafen. Zu viel war in zu kurzer Zeit passiert; erst hatte sie nackte Angst ausgestanden, danach Erschöpfung nach ihrem Kampf mit Simon, dann Verblüffung und Lust, schließlich Erleichterung und zuletzt reine Freude, sie war von einem Extrem ins andere gehüpft, ohne dass sie irgendwann auch nur eine Sekunde Zeit gefunden hätte zu verarbeiten, wie sich diese Veränderung auf ihr Leben auswirken würde.
    Sie lag wach in der Dunkelheit, starrte an die Decke und durchlebte noch einmal alles von dem Zeitpunkt an, an dem Simon sie gepackt hatte. Abgesehen von der Erleichterung, von Rafael befreit zu sein, ging ihr vor allem Simon im Kopf herum.
    Er brachte sie in eine Zwickmühle, denn er war für sie die reinste Versuchung, die sie sich vorstellen konnte. Sie würde nie gleichgültig auf ihn reagieren können. Sie konnte nicht garantieren, dass sie seinem Locken widerstehen konnte, falls er nur einmal mit dem Finger winkte und »Komm mit mir« sagte – sie musste erst noch die Kraft finden, ihm zu widerstehen. Er war ein Profikiller; wenn sie sich mit ihm einließ, würde sie den schmalen, steinigen Pfad definitiv verlassen. Sich auf ihn einzulassen, war nicht das Problem, auch wenn sie vorsichtig sein musste, wenn sie nur an Sex dachte, weil sie in diesem Bereich
ziemlich viel vergeigt hatte. Er war das Problem. Wer und was er war, einfach alles an ihm war das Problem.
    Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass sie ihn den Bullen ausliefern konnte, augenblicklich krampfte sich ihr Magen zusammen. Sie wusste nicht, ob sie ihm das antun

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