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Süße Rache: Roman (German Edition)

Süße Rache: Roman (German Edition)

Titel: Süße Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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anzumerken, dass sie sich um ihre Patienten sorgte.
    Dina würde stürzen. Andie alias Drea sah es voraus. Nicht deutlich, die Umrisse verschwammen, aber sie konnte es sehen. Dina würde eine Treppe hinunterstürzen … eine freudlose Betontreppe, wie die Treppe in einem Hotel oder in einem … Krankenhaus! Genau. Dina würde hier im Krankenhaus die Treppe hinunterstürzen. Sie würde sich den Knöchel brechen, und das wäre eine Katastrophe, weil sie ein zehn Monate altes Baby hatte, das mit Lichtgeschwindigkeit krabbeln konnte.
    Sie streckte die Hand aus und fasste Dinas. Es war das erste Mal, dass sie Kontakt mit einer von ihnen aufnahm. Die Schwestern sahen sie überrascht an.
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, weil sie nach so langer Zeit fast vergessen hatte, wie man Worte bildete, weil ihr die Verbindung zwischen Gehirn und Mund brüchig erschien. Trotzdem musste sie Dina warnen, darum nahm sie all ihre Kraft zusammen, bis die Laute tatsächlich über ihre Lippen kamen.
    »Nicht … die … Treppe … nehmen«, sagte Andie.

19
    »Ich habe gehört, Sie hätten gesprochen.«
    Die Attacke kam vom Fußende des Bettes. Andie schlug die Augen auf und schwankte einen Moment zwischen Schlaf und Wachzustand, Wirklichkeit und … anderer Wirklichkeit. Ihre Wahrnehmung von Zeit, Raum und Realität hatte sich radikal verschoben, die Trennlinien waren aufgehoben. Vielleicht würde sie irgendwann, wenn sie keine Schmerzmittel mehr brauchte, das Jetzt wieder scharf abgegrenzt wahrnehmen, allerdings wollte sie auch nicht das Gefühl der Verbundenheit mit jenem anderen Ort verlieren.
    Im Jetzt musste sie mit dem Chirurgen Dr. Meecham zurande kommen, der einen Schritt hinter dem Fußende ihres Bettes im Besucherstuhl lagerte. Seine großen, muskulösen, behaarten Arme ragten aus den kurzen Ärmeln seines Arztkittels – und waren über seiner Brust verschränkt, was ihr verriet, dass er heute stur bleiben und Antworten hören wollte.
    Vorerst ignorierte sie ihn und ließ den Blick zum Fenster wandern. Die Sonnenstrahlen strömten durch die getönten und außen verspiegelten Scheiben, hinter denen der Himmel aussah, als braute sich draußen ein Gewitter zusammen, während sie gleichzeitig das Zimmer mit Sonnenschein und einem Gefühl der Abgeschiedenheit erfüllten. Es war nett, in einem richtigen Zimmer zu liegen, den Wechsel zwischen Sonnenschein und Dunkelheit zu beobachten und einen Anflug von Privatsphäre zu genießen, auch wenn die Schwestern die extrem ärgerliche Angewohnheit hatten, die Tür offen zu lassen. Eines Tages,
und zwar schon bald, würde sie darum bitten, die Tür zu schließen.
    Aber nicht jetzt. Nicht heute. Dafür müsste sie sprechen, und sie brachte die Worte noch nicht über die Lippen. Dass sie mit Dina gesprochen hatte, war ein Diktat der Notwendigkeit gewesen, und die Anstrengung hatte sie erschöpft. Die Fragen des Arztes zu beantworten, war längst nicht so dringend notwendig.
    Außerdem hatte er ihre Schmerzmitteldosierung herabgesetzt, dabei brauchte sie immer noch Hilfe in ihrem Kampf gegen die Bestie. Er sollte ruhig kochen.
    »Vielleicht interessiert es Sie, was Dina passiert ist«, sagte er.
    Wirklich? Sie überlegte kurz und kam zu dem Schluss, dass es sie interessierte. Sie hatte sich so sehr gesorgt, dass sie gesprochen hatte, sie hatte sich so sehr gesorgt, dass sie die Worte von ihrem Hirn auf die Reise durch ein weites Niemandsland zu ihrem Mund geschickt hatte. Langsam lenkte sie den Blick auf den Arzt zurück.
    Obwohl er keine Gnade mit seinen Medikamenten kannte, mochte sie ihn. Er fühlte sich berufen, und er folgte dieser Berufung bedingungslos. Jeden Tag stürzte er sich in die Schlacht, steckte die Hände in blutige Körperöffnungen und versuchte die Menschen am Leben zu halten, um anschließend alles zu unternehmen, damit sie wieder auf die Beine kamen. Gut, sie hätte gern ein paar Tage länger Hilfe bei ihrem Kampf gegen den Schmerz gehabt; aber wenn sie Vor- und Nachteile abwog, hatte sie lieber Schmerzen, als medikamentenabhängig zu werden. Vielleicht würde sie ihm vergeben.
    Andererseits sollte er unbedingt aufhören, seine Frau zu betrügen.
    »Dina hat trotzdem die Treppe genommen«, sagte er
und fasste sie dabei scharf ins Auge. »Aber sie hat gesagt, Sie hätten ihr ein bisschen Angst eingejagt, darum hätte sie extra aufgepasst. Sie hat die Augen offen gehalten, ob sich jemand auf dem Treppenabsatz versteckt, und sich außerdem am Geländer

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