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Süße Rache: Roman (German Edition)

Süße Rache: Roman (German Edition)

Titel: Süße Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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festgehalten. Zwischen dem zweiten und dritten Stock ist sie ausgerutscht. Wenn Sie sie nicht gewarnt hätten, wenn sie sich nicht festgehalten hätte, wäre sie die ganze Treppe runtergepurzelt und hätte sich vielleicht wirklich was getan. So hat sie sich nur den Knöchel verknackst.«
    Das hatte also funktioniert. Gut.
    Er schwieg, vermutlich um ihr Gelegenheit zum Sprechen zu geben, falls sie etwas sagen wollte. Sie wollte nicht.
    Also ließ er von dieser Taktik ab, löste die verschränkten Arme, beugte sich vor und betrachtete sie konzentriert. Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, klappte ihn wieder zu und rieb mit der Hand über sein Kinn. Andie beobachtete ihn leicht verdutzt. Er tat so, als sei er verstört; bestimmt war er nicht so verstört, nur weil es bei ihrer Bereitschaft zu sprechen keinen entscheidenden Durchbruch gegeben hatte.
    »Wie war es?«, fragte er schließlich, er klang dabei zaghaft, ein wenig unsicher sogar.
    Jetzt wäre ihr fast der Mund offen stehen geblieben. Sie blinzelte ihn verdattert an, und die Röte schoss ihm ins Gesicht. »Nicht so wichtig«, murmelte er und stand auf.
    Fragte er sie tatsächlich nach dem Jenseits? Bestimmt war er nicht so gefühllos, dass er sie fragte, wie es war, einen Baumstamm in der Brust stecken zu haben. Außerdem war er Chirurg; traumatische Verletzungen waren sein täglich Brot.
    Er wusste, dass sie tot gewesen war, dass sich die Sanitäter
nicht geirrt hatten. Und doch war sie hier, ein lebendiges, atmendes und – wenn sie dazu gezwungen wurde – wandelndes Wunder. Ihre Bemerkung zu Dina hatte ihn irgendwie darauf gebracht, dass sie drüben gewesen war. Vielleicht hatte er so etwas schon mal beobachtet. Vielleicht hatte ihm ein anderer Patient davon erzählt und seine Neugier geweckt. Vielleicht wollte er von ihr hören, dass sie sich an gar nichts erinnerte, damit er in Zukunft allein auf die Wissenschaft bauen konnte, wo er sich am sichersten fühlte.
    Sie hob die Hand, um ihn nicht gehen zu lassen, und ein glückseliges Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Schön«, brachte sie heraus, doch schon dieses eine Wort kostete sie so viel Kraft, dass sie sich wie durch die Mangel gedreht fühlte.
    Er blieb abrupt stehen. Dann schluckte er und stellte sich neben ihr Bett.
    »Woran können Sie sich erinnern? Können Sie mir davon erzählen?«
    Er wirkte zerrissen, als würde er einerseits hoffen, etwas zu hören, das es ihm erlaubte, ihre Schilderung als Halluzinationen eines an Sauerstoffmangel leidenden Hirnes abzutun, und als wollte er andererseits nur zu gern an etwas Tieferes glauben.
    Sie musste sprechen. Sie musste diese Barriere durchbrechen, sie musste die Verbindung zwischen der Welt in ihrem Kopf und der Außenwelt wiederherstellen. Die Kluft war eine Hilfe gewesen, dadurch hatte sie Zeit gewonnen, die sie zur Eingewöhnung brauchte, aber jetzt war der Punkt gekommen, an dem sie wieder ganz und gar in diese Welt eintreten musste, weil es die einzige Welt war, die ihr blieb.
    Bei diesem Gedanken schien ihre Umgebung plötzlich aufzuklaren, fast als hätte alles unter einem Nebelschleier
gelegen, während sie zwischen den Welten gefangen gewesen war. Damit hatte sie die endgültige Entscheidung gefällt, hierzubleiben, erkannte sie. Bis jetzt hatte sie in einer Art Totenstarre ausgeharrt, in der sie alles überdenken konnte, doch jetzt hatte sie beschlossen: Sie würde hierbleiben und versuchen, sich einen Platz in der anderen Welt zu verdienen.
    Schlagartig wurde das Sprechen leichter, eine Mission Possible, obwohl es ihr immer noch schwerfiel.
    »Ich kann mich an alles erinnern.«
    Sein Gesicht hellte sich erleichtert auf. »War da ein Tunnel? Mit einem Licht am Ende?«
    Das Drüben zu beschreiben wäre nicht einfach, weil es keine Worte gab, die dieser tiefen Friedlichkeit und Freude, dieser stillen Schönheit gerecht wurden. Aber im Augenblick wollte er nicht hören, wo sie gewesen war, nur wie sie dorthin gekommen war.
    »Licht. Kein Tunnel.« Hatte sie was verpasst, oder war sie zu schnell gewesen?
    »Nur ein Licht? Hmm.«
    Da war er wieder, der Zweifel, der instinktive Rückgriff auf die Wissenschaft, auf die er sich verlassen konnte. Helles Licht konnte durch ein irrlichterndes, absterbendes Hirn erklärt werden. Sie fragte sich, wie er das damit in Übereinstimmung bringen wollte, dass ihr Hirn keinen Schaden genommen hatte. Weil sie ihn nicht auf eine falsche Fährte setzen wollte und weil sie ihm immer noch böse war, sprach sie

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