Suesse Versuchung
ihn sogar wie einen
Bruder und saß seit dem Unfall treu neben seinem Bett, um ihm gut zuzureden und
dem ungeduldigen Burschen die Zeit zu verkürzen, bis er wieder aufstehen und
herumlaufen durfte. Aber ihn heiraten?
Patrick? Den beinbrüchigen Tunichtgut?! Ha! Das fehlte noch! Robert McIntosh
holte tief Luft und sagte in moderaterem Ton: Nein, Phaelas, seinen Bruder.
Sophie rang nicht weniger um Fassung als ihr Vater, wenn auch aus anderen
Gründen. Phaelas ?! Das ist ja der älteste der Sippe! Und Witwer! Der hat doch zwei
fast erwachsene Kinder und ist zwanzig Jahre älter und ein absolut humorloser,
langweiliger
Ein ruhiger, verlässlicher Mann, der dir mit der entsprechenden Strenge begegnen
wird!
Niemals! Das Glimmen in Sophies Augen hatte sich gefährlich verstärkt.
Na schön. Vater McIntosh atmete tief durch. Na schön. Wie du willst. Du hast die
Wahl. Entweder du heiratest, oder du gehst für ein Jahr zur Cousine deiner Mutter
nach England.
Nach England?!
Dort, bei den Sassenachs, kannst du Benehmen und Anstand lernen. Und wenn
nicht, haben die wenigstens den Ärger und nicht wir!
Das ist nicht dein Ernst! Sophie wirbelte herum und fixierte ihre Mutter mit einem
flammenden Blick. Mutter! Sag doch was! Das kann doch nicht euer Ernst sein? Ihr
wollt mich entweder fortschicken oder verheiraten? An einen Mann, mit dem ich
kreuzunglücklich werde?
Lady Annabelle McIntoshs Gesicht blieb kühl. Du hast deinen Vater gehört, Sophie.
Und komme nicht ausgerechnet mir damit, dass du England nicht magst. Du kränkst
mich damit. Immerhin wurde ich dort geboren und bin dort aufgewachsen. Außerdem
kann es nicht schaden, wenn einmal jemand von uns nach Großmutters Haus sieht.
Wie du vielleicht vergessen hast, bist du schließlich die Erbin.
Aber
Also?, ließ sich ihr Vater wieder vernehmen. Ich warte! Phaelas McGregor oder
Sasse
äh England.
Ich will Bedenkzeit!, fauchte Sophie. Wie kannst du von mir erwarten, dass ich
eine derart schwerwiegende Entscheidung auf der Stelle treffe!
Keine Bedenkzeit. Robert McIntosh hatte sich in der Mitte des Zimmers aufgebaut,
die Daumen in seine Jackentaschen eingehängt, und blickte seine Tochter gefühlsroh
an.
Sophie atmete tief ein. Na schön! Dann gehe ich eben nach England! Und vielleicht
heirate ich ja dort! Und komme nie wieder zurück! Das würde euch recht geschehen!
Damit war sie aus der Tür, die laut hinter ihr zuschlug.
Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach ist, sagte Lady McIntosh, nachdem die
stürmischen Schritte ihrer Tochter verklungen waren. Was hättest du gemacht, wenn
sie sich für McGregor entschieden hätte?
Ihr Mann lächelte sie erschöpft an, während er sich den Schweiß von der Stirn
wischte. Ich weiß nicht. Aber es wäre unrecht gewesen, den zweihundertjährigen
Frieden zwischen dem McGregor Clan und unserem durch eine solche Heirat zu
gefährden.
Außerdem auch wenn er es seiner Frau gegenüber nicht aussprach war ihm noch
kein Mann begegnet, der gut genug für seinen Liebling war. Schon gar nicht der
ebenso rechtschaffene wie öde Phaelas McGregor. Es war keine völlig leere Drohung
gewesen. Phaelas hatte tatsächlich um Sophies Hand angehalten und schien es als
sicher anzunehmen, dass sie ihm auch gewährt wurde. Aber allein schon der Gedanke,
Sophie könnte an einen solchen Langweiler gefesselt sein, der ihren lebhaften wenn
auch manchmal schwierigen Charakter nicht verstand, drehte ihrem Vater das Herz
im Leib um.
Er sah so niedergeschlagen aus, dass seine Gattin aufstand, beide Hände um sein
Gesicht legte, und sich auf die Zehenspitzen stellte, um ihm einen tröstenden Kuss zu
geben.
Es schadet ihr wirklich nichts, mein Liebster. Und es wird ihr eine sehr gute Lehre
sein. Und
, sie küsste ihn abermals,
es sind ja nur einige Monate.
Ein Jahr, erwiderte Robert McIntosh gequält. Wie leer die alte Burg ohne seine
Tochter werden würde!
Lady Annabelle lachte. Ich bin sicher, sie wird noch mit dir verhandeln. Und ich
würde jede Wette eingehen, dass sich das Jahr auf ein halbes reduziert.
Und so kam es, dass Miss Sophie McIntosh, Zweitgeborene und älteste Tochter von
Lord und Lady McIntosh für ein Jahr bei guter Führung sechs Monate nach
England reiste, um dort das Leben eines bislang arglosen Mannes noch gründlicher ins
Wanken zu
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