Sueße Versuchung
zitternd ein. »Ich lebte in London und hatte weder mit dem Krieg noch mit der Flotte etwas zu tun. Aber als ich hörte, was mit James geschehen war, suchte ich den Kontakt zu Jonathan Hendricks, von dem ich wusste, dass er mit James befreundet war.
Jonathan und er hatten zusammengearbeitet. Wir fanden heraus, wo James gefangen gehalten wurde. Da ich ähnlich gut Französisch sprach wie er, versuchte ich, mich einzuschmuggeln. Mit dem Ergebnis, dass sie auch mich schnappten.« Er lachte spöttisch auf. »Damit war James nicht geholfen. Im Gegenteil. Er hatte nicht geredet.
Sie versuchten ihn zum Sprechen zu bringen, indem sie mich folterten.«
Er sah an Sophie vorbei auf einen fernen Punkt in der Vergangenheit. Sophie hatte die Finger ineinandergekrallt und atmete schwer. Sie wünschte, sie hätte nicht gefragt.
Aber sie hatte noch mehr Narben an Edward entdeckt, als sie seine Armwunde verbunden und dazu das Hemd hinuntergezogen hatte. In ihrer Hochzeitsnacht war es ziemlich dunkel gewesen, und er hatte ihr niemals den Rücken zugekehrt. Aber nun hatte sie die tiefen Striemen gesehen und die schlecht verheilten Schnitte auf dem Rücken.
»Ich hätte niemals seine Kraft gehabt. Ich wäre zusammengebrochen und hätte ihnen alles erzählt, nur damit sie mich in Ruhe lassen oder schneller töten. Aber ich wusste ja nichts, also konnten sie aus mir nichts herausbringen. Und dann haben sie James erschossen. Vor meinen Augen. Und als sie mich ebenfalls töten wollten, ist Jonathan gekommen und hat mich rausgeholt. Das war so geplant gewesen, aber er war zu spät dran.«
Sophie stand auf, als er verstummte. Sie ging zu ihm, hockte sich vor ihm hin und sah zu ihm empor. Seine violetten Augen waren dunkel, trüb, zu viele Wolken waren darin. Sie strich über seine Wange, küsste seine Hand, die ihre umfasste.
»Ich hätte ihnen irgendetwas erzählen müssen«, sagte er gequält. »Irgendeine Lüge, die uns zumindest noch für einige Zeit wertvoll für sie gemacht hätte.«
»Vielleicht aber auch nicht«, sagte Sophie, nachdem sie darüber nachgedacht hatte.
»Vielleicht hätten sie dich dann schon deshalb gequält, um noch mehr aus dir herauszubekommen. Und sie hätten euch dann trotzdem erschossen.« Sie nahm sein Gesicht in beide Hände. »Ich bin froh, dass sie dich nicht getötet haben, sonst wärst du jetzt nicht bei mir. Sonst hätte ich dich niemals kennengelernt, und das wäre der größte Verlust in meinem Leben gewesen.«
Edwards starres Gesicht wurde weicher. Sie war noch so jung, aber sie sprach mit solcher Überzeugung, dass seine Trauer innerlich zerschmolz. Er beugte sich zu ihr, fühlte ihre Lippen an seinen. Ganz zart und beruhigend, bis er sie hoch und auf seine Knie zog.
Sophie schmiegte sich eng an ihn. »Ich liebe dich, Edward«, flüsterte sie. »Und ich möchte nicht, dass du so traurig aussiehst. Ich möchte dich trösten, damit du das alles vergisst. Es tut mir leid, dass ich dich daran erinnert habe.«
»Es war gut, darüber zu sprechen.« Edwards Blick veränderte sich. »Aber wenn du mich wirklich trösten willst, fällt mir eine sehr gute Möglichkeit ein.« Er küsste sie intensiver, tastete nach ihre Zunge, presste sie an sich und begann ihr Mieder zu öffnen.
»Nein, das ist zu anstrengend.« Sophie befreite sich aus seinem Griff.
»Ist es bestimmt nicht!«
»Doch. Ich weiß etwas Besseres.« Sophie hatte sich zwar nie allzulange in der verworfenen Gesellschaft von Jonathan Hendricks verlotterten Freunden befunden, aber sie hatte genügend Zeit dort verbracht, um einige Dinge zu sehen, an die sie zuvor nie gedacht hätte. Dazu gehörte auch die Erinnerung an eine junge Frau, die in einer Ecke vor einem Mann gekniet war und sich mit ihrem Mund an seinem Schritt zu schaffen gemacht hatte. Sophie hatte einen guten Blick auf das Pärchen gehabt und so einiges mitbekommen. Und das wollte sie nun an Edward ausprobieren.
Ihr erster Weg führte sie zur Tür. Sie schob – so wie Edward es zuletzt getan hatte – die Stuhllehne unter den Knauf, versicherte sich, dass die Tür nicht aufgestoßen werden konnte, und kam dann zurück. Edward sah ihr mit diesem erwartungsvollen Blick entgegen, der sie schon halb auszuziehen schien und ihr die Hitze nicht nur in die Wangen trieb.
Sie zog den Hocker weg, stellte vorsichtig Edwards Füße auf den Boden und sah ihn nachdenklich an. Die Frau hatte es damals einfach so, in aller Öffentlichkeit getan.
Aber Sophie war noch nicht so weit, es auch
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