Suesser Als Blut
Kristallen, wie die auf dem Markt.«
»Das ist Hexenmagie.« Ich seufzte. Brachten die Souler ihren Jüngern denn gar nichts bei? »Sie müssen vorsichtiger sein, wenn Sie es mit Vampiren oder mit Fae zu tun haben. Kein Händedruck, und wahren Sie Abstand!« Ich warf einen Blick auf Alan, der immer noch, das Handy am Ohr, auf und ab lief. Wie leicht es dem hübschen Armani-Vampir gefallen war, ihm eine Gedankenfessel anzulegen – er hatte ihm nicht einmal nahe kommen müssen. »Obwohl, das gilt nicht für alte, mächtige Vampire: Die müssen nur in Ihrer Nähe sein, um sie in ihren Bann zu zwingen. Aber Sie müssen sich keine allzu großen Sorgen machen, Ihr Kobold wird schon auf sie aufpassen. Kobolde
können Magie fühlen, und was noch besser ist: Sie sind immun dagegen.« Was immerhin der Grund dafür war, dass Kobolde dieser Tage so begehrt bei Verhandlungen mit Vampiren waren. Und die Kobolde schlugen Kapital daraus: Sie offerierten den Menschen die Garantie, dass sie aus eigenem freiem Willen handelten und nicht in dem Bann eines Vampirs standen, der sie übers Ohr hauen wollte.
»Wow!« Banner grinste wie ein Teenager. »Ich finde das alles sooo faszinierend! Sie kennenzulernen, mit Jeremiah hier zu plaudern.« Er tätschelte dem Kobold den Kopf. Dass dieser zusammenzuckte, schien er nicht zu bemerken. »Ich habe Kobolde bis jetzt nur in der U-Bahn gesehen. Jeremiah ist ein interessanter Kerl. Ist erst seit kurzem in London. Stammt aus dem Norden, sagte er, glaube ich.« Er rieb sich die Hände, ließ seine Fingerknöchel knacken, als könne er seine Begeisterung kaum noch im Zaum halten. »Er spricht noch nicht so gut englisch.«
Der Kobold war frisch importiert? Das erklärte möglicherweise die Pailletten.
»Na, ich werde wohl in Zukunft auf den Händedruck verzichten, Ms Taylor.« Er strahlte. »Danke für den Hinweis. Ich habe erst kürzlich zum wahren Glauben gefunden und kann es kaum abwarten, die frohe Botschaft zu verbreiten.«
Ich stöhnte innerlich.
Ahnungslos plapperte er weiter: »Vielleicht könnten wir ja …«
Die Tür wurde schwungvoll geöffnet und knallte gegen die Wand. Ich fuhr herum, und mein Magen schlug unwillkürlich einen Purzelbaum. Ich kannte die Gestalt, die sich nun unter dem Türrahmen hindurchduckte und die Eingangshalle betrat.
Verdammt. Ich hatte so gehofft, dass er nicht im Dienst sein würde.
Jetzt war ich dran.
6. K apitel
M an braucht starke Nerven, wenn man es mit gut zwei Meter steinhartem Granit-Troll zu tun bekommt, besonders wenn es sich bei diesem Troll um Detective Sergeant Hugh Munro handelt. Auch wenn er im Grunde weich wie Feenmoos ist – er würde nicht gerade erfreut sein, mich hier zu sehen.
»Genny, schön dich wiederzusehen«, brummte er mit seiner tiefen Bassstimme. Er hob grüßend eine riesige Pranke und zeigte mir grinsend seine rosa Granitzähne: Er war einer von der Sorte, die nicht nur bellen, sondern auch beißen können. Sein auf fünf Zentimeter zurückgestutztes, dickes schwarzes Haar wuchs kerzengerade wie eine Drahtbürste aus seinem Schädel und kontrastierte hübsch mit seiner dunkelroten Haut – kein Sonnenbrand, seine natürliche Hautfarbe. Hugh stammte aus den Cairngorms, wo der größte Stamm Schottlands beheimatet war, und seine Großmutter war deren Matriarchin.
Ich straffte meine Schultern und erwiderte tapfer sein Lächeln.
Hugh musterte die Anwesenden. Sein Blick blieb an Alan hängen. »Mr. Hinkley, Detective Inspector Crane würde Sie gerne sprechen.« Er trat beiseite, und nun wurde auch die pummelige Polizistin mit den braunen Wischmopplocken wieder sichtbar. »Wenn Sie bitte dem Constable folgen würden.«
Alan warf mir einen besorgten Blick zu und folgte dem pummeligen Pudelkopf.
Hugh trat auf Banner, den Kobold und mich zu. »Mr. Banner, es tut mir leid, aber Inspector Crane besteht darauf, dass
Sie hier warten, nicht in der Pathologie.« Hughs Miene nahm einen unnachgiebigen Ausdruck an. »Ich soll Ihnen von ihr versichern, dass man sich streng an die einstweilige Verfügung halten wird.«
Der Kobold stieß einen Schwall hoher, zwitschernder Töne aus, die Hugh mit tiefen, brummenden Lauten erwiderte. Der Kobold klopfte dreimal mit seinem Knüppel auf den Boden, strich sich mit dem Finger über die Nase und bedeckte kurz seinen Mund. Hugh, die Lippen zusammengepresst, berührte verlegen seine Nase.
»Ich hoffe, es gibt kein Problem, Sergeant«, sagte Banner, ernsthaft zwischen beiden hin und her blickend.
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