Suesser Als Blut
wie Menschen, Genny. Schon seit fünfzehn Jahren, seit der Oberste Gerichtshof entschieden hat …«
»Ja, ja, ich weiß«, unterbrach ich ihn. »Also kann ich sie mir doch ruhig ansehen , wenn die Verfügung aufgehoben worden ist, oder?«
Er griff, die Lippen zusammengepresst, nach einer Akte. »Genny, du solltest dich nicht in diese Sache hineinziehen lassen.«
Gott, das wollte ich wirklich nicht hören. Noch dazu, da ich seiner Meinung war.
»Jetzt komm schon, Hugh.« Ich setzte ein beschwichtigendes Lächeln auf. »Ich hab so was doch auch schon für deinen alten Boss gemacht.«
Eine rote Staubwolke stieg von Hughs Schädel auf. Der Arme, es tat mir ja leid, ihn so triezen zu müssen. »Zweimal warst du für den Alten im Einsatz, beide Male waren die Opfer Hexen. Keiner der beiden Fälle stand mit Vampiren in Verbindung«, sagte er schroff.
»Was kann schon passieren?« Ich machte eine ausholende Armbewegung. »Wir sind hier bei der Polizei. Nun gut, die Vampire haben ihre Fangzähne in dem Fall, aber mein Klient ist keiner, ebenso wenig wie das Opfer. Ich hab’s in der Klinik ständig mit Vampiropfern zu tun, und das hat mir bis jetzt auch nicht geschadet.«
»Das sind Haarspaltereien, das weißt du genau«, brummte Hugh. Er senkte seine Stimme. »Genny, du kommst seit einiger Zeit viel besser zurecht, und ich bin stolz auf dich – aber jetzt
mit den Vamps auf Tuchfühlung zu gehen, das ist zu riskant.« Die Risse auf seiner Stirn klafften ein Stück weiter auf. »Was ist, wenn einer beschließt, sich näher für dich zu interessieren? Was machst du dann?«
»Damit komme ich schon zurecht.« Ich musste unwillkürlich mein Handgelenk anschauen, wo die blutunterlaufenen Abdrücke der Finger des Armani-Vampirs zu sehen waren. Etwas tief in meinem Magen flatterte erregt, und ich machte unwillkürlich eine Faust. Und wie du damit zurechtkommst .
Hugh lehnte sich vor, die breiten Pranken auf die Akte gestützt. »Früher konnte ein Fae relativ sicher vor den Vampiren sein, solange er – oder sie – sich von Sucker Town fernhielt. Und selbst wenn, hat ein erwachsener Fae nicht viel von ihnen zu befürchten. Sie können uns weder mesmerisieren noch in ihren Bann zwingen.« Er trommelte mit den Fingern auf die Akte, hörte aber gleich wieder auf. »Aber das wird sie nicht davon abhalten, sich mit Gewalt das zu holen, was sie wollen, wenn es ihnen nur wertvoll genug erscheint.«
Mit gezwungen ruhiger Stimme – seine Tiraden gingen mir allmählich auf die Nerven – sagte ich: »Das haben wir doch schon so oft durchgekaut …«
»Das könnte dein Tod sein, Genny.«
Und das wäre nicht mal das Schlimmste.
»Und sag jetzt nicht, dass Fae nur schwer zu töten sind. Ich hab es schon mehrmals erlebt. Schädige ein magisches Wesen nur stark genug an Körper und Geist, und es kann nicht anders, als zu schwinden.«
»Hugh, das weiß ich doch alles.« Ich schwenkte meinen Pappbecher, beobachtete, wie das Wasser einen Ministrudel bildete. »Du brauchst mir keine Predigten zu halten.«
»Doch, genau das brauchst du«, brummte er. »Wie oft soll ich’s dir noch einbläuen: Du musst unter allen Umständen vermeiden, dass rauskommt, was mit dir nicht stimmt.«
Ich pflasterte eine aufmerksame Miene auf mein Gesicht und
hörte nicht länger hin. Hughs Ratschläge hatten mich immer beschützt, und ich hatte ihn von Herzen gern, aber manchmal fühlten sich seine »Ratschläge« buchstäblich wie Schläge an, als würde mir jemand einen Pflock ins Herz hämmern: Freunde dich besser nicht zu sehr mit den Hexen an. Halte dich von anderen Fae fern. Bleib nach Einbruch der Dunkelheit zu Hause. Versuche nie, einen Menschen mit deinem Glamour zu verzaubern, auch wenn du ihm noch so sehr vertraust …
Nun, ich musste zugeben, dass ich mich die paar Male, als ich nicht auf seinen Rat hörte, gehörig in die Tinte gesetzt hatte …
Wenn die Tatsache, dass ich 3V hatte, bekannt werden sollte, wäre ich nicht nur meinen Job los – ich hätte dann gar keine Zeit mehr, mich über die Feindseligkeit der Hexen zu grämen, die Vampire hätten mich nämlich so schnell an den höchsten Bieter verschachert, wie ich »eine Sidhe -Blutsklavin, zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten!« rufen konnte.
Als Hugh zu dem Punkt kam, auf den ich gewartet hatte, knipste ich mich wieder ein. »… und es braucht nicht viel, um die Hexen zu veranlassen, dir ihren Schutz zu entziehen.«
Ich holte tief Luft, setzte ein versöhnliches Lächeln auf.
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