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Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
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anpassten, um zu überleben, auf den Stofftieren der Kinder reisten sie treppauf, treppab.
    Ich lauschte dem Renovierungslärm – Dinge, die zu Boden fielen, und Dinge, die herausgerissen wurden, während Elise und meine Mutter irgendwo herumlaberten. Meine Mutter sprach langsam und kontrolliert, wie sie es in letzter Zeit oft draufhatte, in einem flehenden Ton, einem, der uns anflehte, sie bitte nicht zu nerven.
    Ich stieg aus dem Bett, machte die Tür auf und trat ins Freie. Das Motel war zweistöckig und hufeisenförmig angelegt, das Grundstück fast zugeparkt. Meinen Vater sah ich nicht. Aus dem Zimmer neben unserem kam ein Arbeiter; er war klein und mit feinem weißen Staub bedeckt.
    »Was machen Sie?«, fragte ich.
    »Teppich verlegen«, sagte er.
    Ich nickte, und wir blieben einen Moment lang stehen.
    »Wollen Sie neuen Teppichboden in Ihrem Zimmer?«
    Ich überlegte, was ich sagen könnte. Glaubte er, dass wir hier lebten? »Nicht heute«, sagte ich, und er ging zurück in das Zimmer, aus dem er gekommen war. Ich schloss die Tür und legte mich wieder ins Bett. Ich sammelte nicht genügend Informationen. Ich versuchte, mir vorzustellen, was ich sonst noch alles hätte fragen können, aber mir fiel nichts ein. Ich hätte ganz vorn anfangen müssen. Wie er hieße? Wo er geboren sei? Ob er eine Frau habe? Kinder? Doch all diese Dinge schienen bedeutungslos.
    »Schön«, sagte Elise. »Du wäschst, und ich zieh morgen King Jesus an. Und werde es den Rest meines Lebens anbehalten.«
    Ich zog mir das Laken über den Kopf, atmete tief ein.
    »Jess, gib mir mal das Waschmittel aus meinem Handkoffer«, sagte meine Mutter. »Kommt schon, her damit.«
    Wir zogen unsere Shirts aus und warfen sie nach ihr. Dann zogen wir schnell – bevor unser Vater zurück wäre – die Old-Navy-Trägerhemden an, in denen wir auch gerne schliefen. Sie waren mit Weihnachtsmotiven bedruckt – meines war rot mit weißen Schneeflocken drauf, ihres weiß mit roten Zuckerstangen. Aus irgendeinem Grund kauften wir immer nur an Weihnachten welche.
    »Ich wünschte, ich hätte einfach zu Hause bleiben dürfen«, sagte Elise. »Wir arbeiten an einem neuen Programm, und ich kann das nicht alles verpassen.« Sie ließ sich zu meinen Füßen nieder und nach hinten fallen, zwischen meine Beine. Ich strampelte, rutschte rüber, und sie kam hochgekraxelt, bis ihr Gesicht ganz dicht an meinem war.
    »Wir werden nicht zurückkehren«, sagte ich so dramatisch wie möglich.
    Sie steckte mir einen Finger in die Nase.
    »Hör auf, mich zu belästigen«, sagte ich und zog mir die Laken über den Kopf.
    Ich wollte nicht in den Himmel kommen ohne Elise. Also müsste ich mein Glück auf der Erde versuchen. Den Weg nach Hause würden wir schon schaffen, und wir würden Cole finden oder er uns, und dann würden wir den Schlüssel zum Waffenschrank suchen und würden auflisten, was sich alles in der Speisekammer befand, eh wir einen Garten anlegten, im weiten, flachen Hof, ganz genau da, wo wir uns immer einen Pool hingewünscht hatten. Sie würde ein gesundes Mädchen zur Welt bringen, vielleicht auch einen Jungen – unser kleiner Junge. Und ich würde Tag und Nacht hart arbeiten und wäre so müde, dass ich nicht im Traum drauf käme, schlecht zu schlafen.
    Dann aber dachte ich an alle post-apokalyptischen Spielfilme, die ich je gesehen hatte. Wir könnten überhaupt nicht dort bleiben, weil Männer es auf unsere Waffen und Lebensmittel abgesehen hätten. Und wir ihnen, ohne jeglichen Anspruch auf Liebe, Kinder gebären müssten, um die Welt neu zu bevölkern.
    ***
    »Vergiss es«, sagte Elise und setzte sich abrupt auf. »Ich hab’s mir anders überlegt. Ich zieh das bis Samstag nicht mehr an, das kannst du Dad ausrichten.«
    »Dad was ausrichten?«, fragte unser Vater, der grade die Tür öffnete. »Ihr zieht jetzt diese T-Shirts an, die haben mich zwanzig Dollar gekostet.«
    »Pro Stück?«, fragte ich.
    »Ganz genau, jedes einzeln. Im ganzen Motel gibt es nur eine einzige funktionierende Eismaschine. Im Days Inn käme so was nicht vor.« Er stellte den Eimer auf dem Tisch ab. In Bezug auf Days Inn war er parteiisch. Den Marken war er treu: Colgate, Starbucks, Ivory-Seife. Sogar bei Klopapier und Papierhandtüchern hatte er strikte Präferenzen.
    » Du hast doch hier angehalten«, sagte Elise.
    »Ich mag Days Inns nicht. Da finde ich im Bad jedes Mal kleine Haarnester«, sagte ich. »Die tun nicht mal so, als würden sie putzen.«
    »Aber die Eismaschinen

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