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Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
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wohl seit zwölf Stunden.« Ich senkte den Kopf und schaute, ob sie mitzog. Tat sie aber nicht. Ich probierte den Kartoffelsalat. Der größte und schönste Soldat würde sich von Elises Schönheit nicht beeindrucken lassen. Er würde mir die Haare kämmen und vorsichtig die Knoten lösen. Bei den Paraden würde er mich auf seine Schultern heben, damit ich möglichst viele Bonbons fangen könnte.
    Ich nahm mein Handy heraus und schaute es an – niemand simste mir. Ich überlegte, Shannon anzusimsen, aber es gab nichts zu sagen, und ich schaltete den Ton ab, um nicht mit anhören zu müssen, wie es weder läutete noch piepste. Shannon war meine beste Freundin, auch wenn sie ständig klagte und die Schuld immer bei anderen suchte. Sie hatte mir erzählt, wie viel sie für andere getan habe, und dass sie immer nur ausgenutzt werde, und sie bestand darauf, ich sei nicht so ein Räuber, sondern eine der wenigen Ausnahmen, aber typischerweise redete sie immer dann so, wenn ich ihr Kleider geliehen oder sie an zwei Wochenenden hintereinander besucht hatte. Nach einer weiteren Gabel Kartoffelsalat streute ich noch etwas Salz über den Haufen. Dann nahm ich noch eine Gabel und noch eine, bis der ganze Haufen weg war und ich mich über die gebackenen Bohnen hermachen konnte. Kaum waren die Bohnen alle, kam das Sandwich dran. Ich hatte einen Riesenhunger und wusste, essen war nicht, was ich wollte, essen konnte mich nicht befriedigen, aber irgendwie war ich völlig darauf fixiert.
    »Meinst du, die Bohnen sind mit Speck gekocht?«, sagte Elise und ihr Handy summte erneut.
    »Ganz sicher. Neulich habe ich Suppe mit Eierstich gegessen, und sie war voll von winzigen Schinkenstückchen«, sagte ich. »Wahrscheinlich isst du schon die ganze Zeit, ohne es zu wissen, Fleisch. Selbst im Algensalat ist Fisch. Enthält Fisch steht auf der Packung, die du im Lebensmittelladen kriegst.«
    Sie ignorierte mich, tippte weiter.
    »Dein dauerndes Gesimse und Gegoogel lenkt mich vom eigentlichen Sinn dieser Reise ab«, sagte ich. »Mir ist es ein völliges Rätsel, wie du überhaupt in der Welt lebst.«
    Diesen Satz hatte ich mal einen sagen hören – es ist mir ein völliges Rätsel, wie du in der Welt lebst . Das gefiel mir. Ich biss von meinem Sandwich ab. Ein Stück Schwein verfehlte knapp die Serviette, fiel mir in den Schoß.
    Sie legte ihr Handy hin. »Du weißt doch, warum wir wirklich hier sind, oder?«
    »Nein, warum sind wir wirklich hier?«
    »Weil Dad wieder mal seinen Job verloren hat«, sagte sie.
    »Nein«, sagte ich.
    »Doch.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Doch, du weißt es.«
    »Nein, wirklich, ich würd’s dir sagen.«
    »Ich dachte, alles sei bestens.«
    »Das denken wir immer«, sagte sie. »Das suggeriert er uns.«
    Wir schwiegen eine Weile. »Na, wenigstens hat Mom einen Job«, sagte ich. »Und man wird sie nicht feuern.«
    »Allerdings, Mom hat einen Job.«
    Unsere Mutter unterrichtete die dritte Klasse und hatte auch, als ich in der dritten Klasse war, dritte Klasse unterrichtet, in diesem Jahr hatte sich mein Leben zum Schlechten entwickelt. Auf einmal war man entweder beliebt oder unbeliebt, und Jungs mochten einen oder eben nicht, die Entscheidung wurde in der Gruppe gefällt. Davor waren es nur einzelne Kinder, von denen wir uns fernhielten: die Masturbierer, die Scherenklauer und die Klebstoffesser, und die mit einem extra Döschen Mayonnaise in der Pausentüte.
    Sie seufzte und warf die zerknüllte Serviette auf ihren Teller. Sie war wie die Mädchen im Fernsehen – das Einzige, was sie taten: Spaghetti auf ihre Gabeln drehen. Ich schaute auf meine Beine hinunter, die sich breit und blass an das gelbe Plastik schmiegten. Ich legte eine Hand auf meinen Schenkel und stellte mir vor, ich würde das Fett wegschneiden, und wie dünn hätte ich sie denn gern, wenn ich das Fett einfach wegschneiden könnte. So mager wie die von Elise bräuchten sie nicht zu sein.
    Mein Soldat stand auf, um zu gehen – lächelnd schüttelte er Hände. Einen untersetzten Typ fasste er gleichzeitig am Ellbogen und schlug ihm mit der anderen Hand auf den Rücken.
    »Er hat kein leichtes Leben gehabt«, sagte ich. »Wir haben sein Leben nicht leben müssen.«
    »Na und?«, sagte sie.
    »Hab ein bisschen Mitgefühl«, sagte ich.
    »Hör auf«, sagte sie.
    »Hör selber auf.«
    Ich trug meinen Teller zum Mülleimer und ging zur Toilette, die im Cowboy-Stil dekoriert war – das Toilettenpapier rollte sich von einem

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