Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
Vom Netzwerk:
eine nette Geste, meinst du nicht?«, sagte Elise.
    »Ja, wäre eine nette Geste«, stimmte ich zu. »Viele Leute haben ihr Geld abgegeben – die Ultcheys und die Schmidts.«
    »Und die Sellers«, sagte Elise. Dan war ein Sellers. Falls also keine Entrückung stattfand, wäre Dan mittellos und nicht in der Lage, Elise und das Kind zu unterstützen oder wenigstens eine Abtreibung zu bezahlen.
    »Hoffentlich haben sie nicht alles abgegeben«, sagte ich.
    »Doch, alles«, sagte sie. »Was hätte es denn sonst für einen Sinn? Soll man den Leuten vorführen, dass man nur halbwegs glaubt? Oder viertelwegs ?«
    »Man wird ihnen helfen«, sagte unser Vater.
    »Aber jetzt mal ernst. Findest du nicht, er sollte sein Geld abgeben? Als Beweis, dass er auch glaubt, was er behauptet?«
    »Er muss überhaupt nichts beweisen «, sagte er.
    »Aber er hat all die anderen zu etwas überredet, zu dem er selbst nicht bereit ist«, sagte sie.
    »Glaubst du denn, all das kostet nichts?«, fragte er und fuhr mit dem Brötchen durch die Luft.
    »All die Wohnwagen und Werbetafeln? Er hat sehr wohl eigenes Geld ausgegeben, Millionen von Dollars. Überall auf der Welt, von Abu Dhabi bis Katmandu.«
    Ich hatte keine Ahnung, wo diese Orte lagen, erinnerte mich jedoch an eine Folge von Garfield , in der er Nermal in eine Kiste steckt, die er dann nach Abu Dhabi adressiert. Ich dachte damals, der Ort sei ausgedacht.
    »Aber hier nichts«, sagte sie leise.
    »Du musst natürlich immer mit den schwierigsten Fragen kommen«, sagte er.
    »Ich kann mir gern ein paar noch schwierigere ausdenken, wenn du magst«, sagte sie.
    Sie klappte den Deckel von ihren Pfannkuchen und verteilte die Butter mit dem Finger. Ich reichte meiner Mutter eine leere Verpackung nach vorn und sie mir ein weiteres Brötchen. Eigentlich hatte ich nur eins essen wollen, aber ich nahm es und packte es aus. Ich begann zu essen und schaute nach draußen auf das trockene, gelbe Gras; Reifenfetzen säumten den Straßenrand. Innerhalb einer Minute sah ich zwei tote Hunde und ein totes Gürteltier. Ich machte mir nichts aus Gürteltieren, aber die toten Hunde brachten mich schier um. Ich erwähnte es, und meine Mutter erzählte die Geschichte, wie sie eine Schildkröte überfahren hatte. Ich hatte diese Geschichte schon Dutzende Male gehört – das laute Krachen des Panzers, und wie meiner Mutter sofort schlecht wurde.
    Ich lehnte meine Stirn ans Fenster und wartete darauf, durch die Vibration Kopfschmerzen zu bekommen.
    »Hier zeigen sie alle zwei Meilen die Entfernungen an«, sagte Elise. »Ich habe das Gefühl, wir kommen überhaupt nicht vom Fleck.«
    Unsere Mutter schaltete das Radio an. Sie drehte einen Sender rein, den unser Vater nicht mochte, doch er sagte nichts. Wir hörten Kelly Clarkson und Maroon 5 und Billy Joel, und unser Vater summte sogar »Piano Man« mit. Es war einer dieser gerade angesagten Sender, und sie spielten, wozu sie Lust hatten, und schenkten einem, wenn man erriet, wie viel sie verschenken wollten, Geld. Der Jackpot stand bei zweitausendzweihundert Dollar, als mein Vater zu einem anderen Sender wechselte, und ich sprach die Summe ein paarmal vor mich hin, dann jedoch fiel mir ein, dass sie unsere Vorwahl gar nicht wählen würden und wahrscheinlich sowieso nur bei Festnetzanschlüssen anriefen.
    Mein Vater drückte auf Scan und fand ein christliches Programm. Der Sprecher hatte die einschläfernd vertrauenerweckende Stimme aller Pfarrer, schrecklich und künstlich, doch ich wollte ihr vertrauen, und zwar blindlings. Er erzählte eine Geschichte von einem Kind, das von einem Alligator angegriffen worden war, und wie die Mutter den Jungen während des Kampfes einfach nicht losgelassen habe. Das sei eine Metapher dafür, dass Eltern, wenn ihre Kinder mit den Herausforderungen des Lebens konfrontiert wurden, sie fest im schützenden Griff behielten. Das Kind hatte keine sichtbaren Narben zurückbehalten außer drei kleinen Halbmonden von den Fingernägeln seiner Mutter, die es aus den Klauen des Todes ins Leben zurückgerissen hatte. Elise verdrehte die Augen, und ich schnitt eine Grimasse, obwohl mir die Geschichte eigentlich gefiel. Vor kurzem hatte ich von Alligatoren geträumt, aber ich konnte mich an nichts Genaues erinnern. Allerdings wusste ich noch, warum ich von ihnen geträumt hatte – in Louisiana hatten wir in einem Restaurant gegessen, in dem es gebratenen Alligatorenschwanz gab, und mein Vater hatte eine Portion bestellt. Kleine Bröckchen,

Weitere Kostenlose Bücher