Süßer König Jesus (German Edition)
die Cowboys nicht gewinnen, guck ich nicht.«
Ich nickte, lächelte.
»Wie alt bist du?«, fragte er.
»Fünfzehn.« Ich nickte und nickte und lächelte und sagte: »Danke für den Dollar«.
»Hey, warte. Hast du irgendeinen Rat für einen alten Sünder?«
Ich drehte den Verschluss von meiner Cola light. »Die Welt wird untergehen«, sagte ich.
»Das ist kein Rat«, sagte er.
»Bereiten Sie sich auf den Weltuntergang vor.«
Er langte nach meinem Arm, und ich zog ihn, obwohl er ihn nicht erwischt hatte, weg. Er tat einen Schritt rückwärts und hob in einer Unschuldsgeste seine Handflächen.
Langsam sah er sich auf dem Parkplatz um, bevor sein kalter Blick sich wieder mir zuwandte. »Wieso stehst du hier so rum?«, fragte er mit einer völlig veränderten Stimme. Ich rannte los, meine Tasche schlug gegen meine Beine.
***
Ich atmete heftig und wirkte bestimmt schockiert, doch mein Vater merkte nichts.
»Guten Morgen«, sagte er, indem er sich aufsetzte.
»Guten Morgen«, sagte ich, kroch zu Elise, schloss die Augen und versuchte meinen Atem zu beruhigen, aber je mehr ich mich bemühte, desto schwieriger wurde es. Mit dem Atmen ist es wie mit dem Schlafen, und wie mit allem. Es ist nur einfach, wenn man nicht dran denkt. Ich bring dich um, dachte ich. Ich werde dir, eins nach dem andern, die Glieder rausreißen . Ich stellte mir vor, wie ich ihn erschoss und ihm beim Sterben zusah, ich schlug ihm mit einem Hammer auf den Kopf. Sein Blut sprudelte auf das Pflaster. Das gab mir ein Gefühl von Macht.
Ich lag lange da, dachte an den Mann und was ich ihm antun könnte und wie genussvoll ich seinem Leiden zusehen würde, aber dann muss ich eingeschlafen sein, denn als ich die Augen wieder öffnete, hatte mein Vater Kaffee gemacht, und die Putzfrau schob ihren Karren über den unebenen Beton.
Sie hielt vor unserer Tür, schlug mit einer Handvoll Schlüsseln dagegen. »Zimmerdienst!«, rief sie. Elise stöhnte und drehte sich um.
»In einer Stunde sind wir raus!«, rief mein Vater.
Die Frau schlug noch mal gegen die Tür, als habe sie nichts gehört, und Elise schrie: »Hau ab!« Eine kurze Stille, dann ratterte der Karren weiter, und wir hörten, wie sie an die nächste Tür klopfte.
Elise schlug die Decke zurück und ging ins Bad, drehte die Dusche auf, duschte aber nicht, wahrscheinlich saß sie auf dem Klo. Schrecklich, auf so engem Raum die Toilette zu benutzen. Drauf bedacht, möglichst leise zu sein, keine Geräusche zu machen. Vor kurzem hatte ich entdeckt, dass ich, wenn ich mich, Gesicht nach vorn, so auf der Toilette positionierte, dass ich nicht ins Wasser traf, Geräusche vermeiden konnte.
Ich untersuchte mein König Jesus- T-Shirt. Es war noch etwas feucht, würde aber, sobald ich rausginge, sofort trocknen.
Nachdem ich angezogen war, das Gesicht gewaschen hatte und die Zähne geputzt, stellte ich mich vor den Spiegel. Keiner beachtete mich – meine Eltern schauten fern und tranken ihren Kaffee, und Elise war immer noch im Bad. Ich schaute mich nur an, wenn keiner es sah. Ich fand, es hatte was Peinliches, als ob ich mich schön fände. Meine Nase war ein bisschen groß, und die Haut ums Kinn herum blühte. Meine Haare waren nichts Besonderes, aber okay. Meine Augen hübsch und meine Wimpern von der Länge her annehmbar, meine Zähne gerade, ohne Spangen. Haare, Körper, Haut – diese drei Bereiche musste ich überwachen; es kam mir viel einfacher vor, beherrschbarer, wenn ich diese Dreiteilung vornahm.
Ich setzte mich auf mein Bett und schaute im Fernsehen Regis & Kelly. Kelly war bei der letzten Premiere von Pirates of the Caribbean gewesen, und sie und Regis hatten verlotterte schwarze Perücken auf. Regis riss die üblichen Gelman-Witze, und ich bekam Mitleid mit Gelman, auch wenn es nur eine Masche von Regis war und Gelman massig Geld verdiente und wahrscheinlich tausend Freunde und auch eine nette Familie hatte. Aber irgendetwas gefiel mir nicht dran. Wetten, dass Gelman in seinen stillsten Momenten, kurz vor dem Einschlafen in seinem hübschen Bett in seinem hübschen Haus, sich selbst hasste.
Elise kam, ein Handtuch um den Körper gewickelt und eines um den Kopf, aus dem Bad und durchwühlte ihren Koffer. Sie zog ihr T-Shirt vom Bügel und trottete wieder zurück ins Bad.
»Lass mir ein bisschen Kaffee übrig«, rief sie. Natürlich war der Kaffee schon alle; die Maschine brachte nicht mehr zustande als zwei Tassen. Sie tauchte in denselben Klamotten wieder auf, die sie seit Tagen
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