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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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traktiert. Und 38

    ihre Schuhe bewiesen, daß Patrice bequem in ihnen laufen wollte. Alles an ihr signalisierte, daß sie ein Mensch war, der zu den wesentlichen Dingen des Lebens vorgestoßen ist. Aber sie war auf Reisen, unter anderen Umständen sah sie vielleicht anders aus. Hat sie sich je groß in Schale geworfen – mit Käppchen vielleicht oder einem großen Hut?«
    Bertie lachte. »Nicht in den letzten Jahren. Als sie jung war, sah das anders aus.
    In den letzten Jahren wollte sie nichts anderes als intensiv leben. Allen belanglosen Gesprächen ging sie aus dem Weg. Sie wollte einfach keine Zeit vergeuden, obwohl sie sehr verschwenderisch mit ihrer Zeit umging, wenn etwas ihre Phantasie anregte. Ich erinnere mich, wie sie einmal auf irgendeiner Fakultätsveranstaltung der Frau eines älteren Professors erzählte, daß ihr die Studentinnen nicht geglaubt hätten, als sie ihnen die Korsetts beschrieb, die früher alle Frauen trugen, um knackig und fest auszusehen. Ja, sagte die Professorinnengattin, es wäre ihr auch schon aufgefallen, daß viele ihrer Freundinnen ohne Korsett gingen. Die merkten anscheinend nicht, wie wabbelig sie mit zunehmendem Alter und Umfang ohne Korsett aussähen. Vielleicht ist es ihnen ja egal, wie sie aussehen, hatte Patrice erwidert und sich abgewandt, denn die Frau hatte offensichtlich nicht verstanden, worum es ging. Für solche Leute hatte sie keine Zeit. Aber wenn sich irgendwo auch nur ein winziger Spalt öffnete, um einen Lichtstrahl einzulassen, dann war sie so geduldig, wie nur begnadete Lehrer es sind. Sie scherte sich offen gesagt einen Dreck darum, was andere von ihr dachten, und das vermittelte sie auch. Natürlich war sie schön, auf eine ganz eigene Art. Nicht – wenn ich das klärend hinzufügen darf – so wie Sie.«
    »Bitte nicht.«
    »Nein, wirklich. Sie sind elegant und schlank. Anscheinend wurde Ihnen das in die Wiege gelegt, Sie müssen sich nicht darum bemühen. Patrice fühlte sich am wohlsten in einem riesigen Wollpullover mit Rollkragen. In früheren Jahren kaufte sie oft ein Kleid von der Stange und sah auch ganz schick darin aus, aber elegant war sie nie. Auf ignorante Menschen hätte sie sogar schlampig wirken können, was Sie selbst mit der größten Anstrengung nicht schaffen würden. – Mein Gott, wie schwer es ist, ein lebendiges Bild von jemandem zu zeichnen. Ich wünschte, Sie könnten sich für fünf Minuten in Patrice verwandeln, nur um noch einmal ihre Gegenwart zu spüren.«
    »Welches Gefühl gab Ihnen Patrices Gegenwart?«
    »Nun, sie konnte einen für Ideen begeistern oder einen darin bestärken, gegen das System anzukämpfen. Aber vor allem gab sie einem das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein. Verstehen Sie ungefähr, was ich meine?«
    »Ich habe den Verdacht, Sie selbst haben die gleiche Wirkung«, sagte Kate,
    »wenn man Sie besser kennt, oder mit Ihnen über seine tiefsten Zweifel spricht.«
    »Vielleicht. Ich habe es von ihr gelernt. Vielleicht auch sie von mir. Wenn ich davon spreche, was wir aneinander hatten, kenne ich keine Bescheidenheit. Weil 39

    ich sie kannte, wurde ich ein besserer Mensch, und sie sagte dasselbe von mir.
    Aber wissen Sie, was Sie tun müssen: laufen Sie über den Campus und sammeln Sie all den Klatsch, den es über Patrice und mich gibt als Einzelwesen und als Tandem. Sie werden nicht viel Gutes hören.«
    »Gehen immer so wenig Leute am See spazieren?«
    »Oja. Es ist ein langer Marsch, der nur die wild Entschlossenen oder manchmal eine verzweifelt einsame Studentin lockt. Aber die Studentinnen trauen sich kaum noch. Zu meinem Bedauern muß ich sagen, daß es Vergewaltigungen gegeben hat.
    Die Studentinnen werden angehalten, nicht allein zu gehen.«
    »Als ich aufs College ging«, sagte Kate, »waren meine einsamen Spaziergänge das einzige, was mich aufrecht hielt. Wie traurig für die Studentinnen. Jetzt, wo ich mit Ihnen spreche, habe ich fast das Gefühl, Patrice zu spüren. Aber wozu ich eigentlich hier bin und was ich rausfinden soll, das weiß ich beim besten Willen nicht. Ich fühle mich beinahe, als müßte ich Patrices Biographie schreiben und wüßte nicht, wo beginnen.«
    »Ob Sie wollen oder nicht, Sie werden viel über Patrice in Erfahrung bringen.
    Und wenn Sie damit fertig sind, können Ihre Biographen anfangen. Ich habe die beiden natürlich kennengelernt. Sie sind Patrices würdig, finde ich. Ich hoffe nur, sie kommen mit ihrer Arbeit voran.«
    »Das beste ist wohl, ich beginne mit den

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