Süßer Tod
versprach mir, so viel wie möglich herauszufinden.
Du darfst nicht vergessen, dass es im PD damals drunter und drüber ging. Bis zur Fertigstellung des neuen Gebäudes würden noch Monate vergehen, und bis dahin war die Zentrale provisorisch untergebracht. Es war begreiflich, dass Jay in der Sache nicht weiterkam. Inzwischen kommt es mir allerdings so vor, als hätte er sie verschleppt. Ich sollte über Cleveland Jones nicht mehr erfahren, als dass er das Feuer gelegt hatte. Und das ist der nächste Punkt. Jones hatte eine ganze Reihe von Verbrechen begangen, aber noch nie eine Brandstiftung. Ich weiß das aus seinem
Vorstrafenregister, das ich aus dem Staatsarchiv anfordern musste.«
Müde rollte er die Schultern. Eigentlich hätte er sich den Rest lieber für morgen aufgespart, aber er wusste, dass Britt keine Ruhe geben würde, bis sie die ganze Geschichte kannte, darum fuhr er fort: »Nachdem ich weiß Gott wie oft angerufen hatte, ließ Jay mir schließlich über eine Polizeisekretärin ausrichten, dass Jones sich die Kopfverletzung schon vor der Verhaftung zugezogen hätte. Die Polizisten, die ihn verhaftet hatten – und deren Namen ich übrigens nie erfahren habe –, merkten erst, wie schwer die Verletzung war, als Jones sich während der Vernehmung immer merkwürdiger zu benehmen begann.
Sie ließen ihn allein und trafen die nötigen Vorkehrungen, um ihn ins Krankenhaus verlegen zu lassen. Angeblich legte er währenddessen den Brand. Jay ließ mir mitteilen, es täte ihm leid, aber mehr wisse er auch nicht, trotzdem würde er der Sache nachgehen und sich wieder melden, sobald er mehr in Erfahrung gebracht hätte. Natürlich hat er das nie getan.«
»Was war mit Brunner? Hat er nicht zu klären versucht, woran Jones wirklich starb, nachdem du von dem Fall abgezogen worden warst?«
»In seinem Abschlussbericht zitierte er Jays Erklärung. Die Unterlagen über Cleveland Jones’ Verhaftung waren in Flammen aufgegangen, es gab also keine offiziellen Unterlagen mehr, aber schließlich war Jay ein Held, darum zweifelte Brunner nicht an seinem Wort. Und ihr Presseheinis wart so damit beschäftigt, mich in den Dreck zu ziehen und die Helden in den Himmel zu heben, dass Jones’ Tod als kleine Fußnote unterging. Außerdem hatte er den Brand gelegt und damit Tod und Zerstörung ausgelöst. Wen interessierte es da, wie er gestorben war?«
»Inzwischen könnte es Brunner durchaus interessieren. Wenn du dich an ihn wenden würdest …«
»Geht nicht. Er ist gestorben. Sechs Monate nach dem Brand. Herzversagen.«
»Ach.«
»Ehrlich gesagt bin ich froh, dass er die Nachwehen nicht mehr mitbekommt. Wie es letztendlich auch ausgeht, man wird ihm die Hauptschuld zuschieben. Ich glaube nicht, dass er korrupt war. Vielleicht ein bisschen müde und faul. Oder er scheute davor zurück, zu viel Staub aufzuwirbeln.«
Sie grübelte ein paar Sekunden darüber nach und sagte dann: »Was ist mit der Familie von Cleveland Jones?«
»Es gibt nur noch den Vater. Ich rief ihn an, weil ich auf ein paar Hintergrundinformationen hoffte. Der Mann wehrte jedes Gespräch ab und sagte, er wolle nicht über seinen treulosen Sohn sprechen. Ich hakte immer wieder nach, bis er schließlich einknickte. Er war einverstanden, sich mit mir zu treffen. Aber als ich ihn besuchen wollte, war er nicht da. Ich fuhr mehrmals bei ihm vorbei. Rief an. Ohne dass ich ihn noch einmal zu fassen bekommen hätte.«
»Also weißt du heute nicht mehr als an dem Abend, an dem du auf die Party gegangen bist.«
»Genau.«
»Hast du je erfahren, warum Cleveland Jones verhaftet wurde?«
»Körperverletzung. Praktischerweise konnte sich niemand erinnern, was genau vorgefallen war, wo es vorgefallen war oder zu welcher Uhrzeit er in die Polizeizentrale gebracht worden war. Nur eine einzige feste Tatsache ragte aus diesen Nebelschwaden auf, die jeder beschwören konnte: Jones’ Kopfverletzungen waren ihm nicht von einem Polizisten zugefügt worden.«
»Hmm. Vielleicht ein winziges bisschen verdächtig.«
»Meinst du wirklich?«
»Jay hatte versprochen, dir am Montag das Verhaftungsprotokoll zukommen zu lassen.«
»Das konnte er leicht versprechen. Er wusste, dass am Sonntagmorgen ein totes Mädchen neben mir im Bett liegen würde.«
Er ging ans Fenster und spähte durch die ausgeblichenen orangefarbenen Vorhänge, die zu dem hässlichen Teppichboden
passten. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass niemand ihnen auflauerte, drehte er sich wieder zu ihr
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