Süßer Tod
letzte Mal gesehen?«
»Und mit ihm gesprochen? Bei Dads Beerdigung.«
»Seither nicht mehr?« Raley war überrascht. »Das ist lange her, Pat.«
»Na ja, in der Zentrale habe ich ihn ab und zu gesehen«, sagte er. »Aber nicht… nicht privat oder so. Warum ist das so wichtig?«
»Weil Jay wenige Stunden vor seinem Tod Miss Shelley erzählt hat, er hätte eine Story für sie, mit der sie ganz groß rauskommen und wahrscheinlich eine Stelle bei einem großen Sender bekommen würde. Doch bevor er ihr diese Exklusivstory geben konnte, wurde sie unter Drogen gesetzt und er umgebracht. Wissen Sie vielleicht, was er ihr erzählen wollte?«
Pat junior sprang von seinem Stuhl auf wie die Marionette eines epileptischen Puppenspielers. »Ich habe keine Ahnung. Wie gesagt, ich hatte mich seit Jahren nicht mehr privat mit Jay unterhalten.« Dann drehte er sich Britt zu und deutete mit zittrigem Zeigefinger auf sie. »Hiermit stelle ich Sie unter Arrest.«
»Heute nicht.« Raley stand auf. Britt begriff sofort und tat es ihm nach. Raley baute sich vor Pat junior auf, bis der mit den Waden gegen den Stuhl stieß, auf dem er gerade gesessen hatte. »Was wissen Sie über die Nacht, in der Jay starb?«
»Nichts.«
Raley sah ihn eisig an. Pat junior wand sich wie ein Wurm am Haken. »Nur dass sie ihn umgebracht hat«, stammelte er. »Ich arbeite nicht in der Mordkommission, aber ich habe was im Department reden gehört. Wie jeder andere auch. Es ist zurzeit der
wichtigste Fall. Clark und Javier haben handfeste Beweise dafür, dass sie ihn umgebracht hat.«
»Falsch«, widersprach Raley. »Entweder Sie lügen uns an, oder die Detectives beliefern die Gerüchteküche mit Halbwahrheiten. Sie haben bestimmt keine Beweise, weil es keine gibt. Sie war es nicht. Das können Sie Javier und Clark von mir ausrichten, wenn Sie die beiden sehen.« Er piekte dem Polizisten gegen die Brust, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
»Jetzt werden Miss Shelley und ich wieder gehen, Pat.«
»Das kann ich nicht zulassen.«
»Wir werden gehen, und Sie werden nicht versuchen, uns aufzuhalten.« Raley hielt ihn mit einem drohenden Blick in Schach und winkte dann Britt zur Tür. Er ging ihr hinterher. Wie erwartet unternahm Pat junior nichts, um sie aufzuhalten.
Raley ging ruhig und gemächlich, aber sobald sie um die Hausecke gebogen waren, ließ er die Maske fallen. Er packte Britt am Ellbogen, zerrte sie zu ihrem geparkten Wagen und suchte dabei die friedliche Nachbarschaft nach den Männern in dem dunkelroten Familienwagen ab, während er gleichzeitig nach Polizeisirenen lauschte.
Pat junior verlor keine Zeit. Von seinem Handy aus rief er eine auswendig gelernte Nummer an. Es war nicht der Notruf, und es war auch nicht die Nummer der Polizeizentrale.
Er hoffte, dass er auf der Mailbox landen würde und ihm ein persönliches Gespräch erspart blieb, aber beim dritten Läuten wurde der Anruf angenommen. »Hier ist Pat junior.«
»Was ist?«
»Rate mal, wer mir eben einen Besuch abgestattet hat.«
»Ich will nicht raten, ich will es wissen.«
»Britt Shelley.«
Einen Augenblick herrschte verblüfftes Schweigen. »Was du nicht sagst. Das ist eine Überraschung.«
»Sie war rotzfrech.«
»Was wollte sie von dir?«
»Fragen, ob ich etwas über eine Riesenstory wüsste, die Jay ihr erzählen wollte, bevor er umgebracht wurde.«
»Fuck!«
Pat junior wischte sich die verschwitzte Handfläche am Hosenbein ab. »Es kommt noch schlimmer. Rate mal, wer bei ihr war.«
»Raley Gannon.«
Puh, dachte er erleichtert, zumindest hatte er diese schlechte Nachricht nicht überbringen müssen.
»Was hast du ihnen über Jay erzählt?«
»Nichts! Rein gar nichts, Ehrenwort. Ich versuchte sie zu verhaften, aber ich kam nicht an meine Dienstwaffe. Gannon hat mich, äh, überwältigt, mich zu Boden geworfen und mich k. o. gesetzt. Darum konnte ich sie nicht verfolgen, als sie flohen.«
»In ihrem grauen Wagen?«
»Ja, demselben Wagen, in dem er gestern zur Beerdigung kam.«
»Kennzeichen?«
»Ich … ich dachte, das wäre schon bekannt.«
»Er ist nicht auf den Kopf gefallen. Bestimmt hat er es ausgewechselt.«
Daran hatte Pat nicht gedacht. »Bi-bis ich am Fenster war, waren sie schon zu weit weg, und es war voller Schlamm.«
»Hast du es oder nicht?«
»Ich habe es nicht.«
Ihm zischte der nächste Fluch ins Ohr. »Haben sie gesagt, wohin sie fahren?«
»Nein.«
»Irgendwelche Hinweise gegeben?«
»Nein.«
»Hast du gar nicht
Weitere Kostenlose Bücher