Süßer Tod
orgiastischen Bacchanale wird.«
»Ich hätte nichts anderes von ihm erwartet. Muss ich mir Sorgen machen? Oder willst du mich nur zu einer Runde Telefonsex verführen?«
»Nein, du musst dir keine Sorgen machen. Und ja, ich will dich zu einer Runde Telefonsex verführen. Wenn du mir jetzt hilfst, den Druck abzubauen, bin ich viel zu ausgelaugt, um dir noch untreu zu werden.«
»Wie könnte ich einem so romantischen Angebot widerstehen?«
Er lachte. »Keine Chance?«
»Tut mir leid.«
»Okay«, sagte er, »wie soll ich Candy dann die Beule in meiner Hose erklären?«
»Candy? Ist mir da etwas entgangen?«
»Jay hat mich bequasselt, sie heute Abend mitzubringen.«
»Wer fährt?«
»Ich. Ich trinke nur ein Bier. Candy kommt schon irgendwie nach Hause, oder sie bleibt bei Jay oder was weiß ich. Ich verschwinde so früh wie möglich und bringe die restliche Nacht und den ganzen morgigen Tag damit zu, mir auszumalen, was ich Schmutziges mit dir anstelle, sobald du nach Hause kommst.«
»Ich kann es kaum erwarten.« Sie nannte ihm ihre Flugnummer und Ankunftszeit.
»Wir sehen uns am Gepäckband. Und bis dahin: Ich liebe dich.«
Candy blieb in der offenen Tür stehen und ließ den Blick durch Jays Wohnzimmer wandern. »Die üblichen Verdächtigen.«
Raley sah über ihre Schulter und studierte das turbulente Durcheinander. »Ich kenne nicht mal die Hälfte der Leute.«
»Genau das habe ich gemeint«, rief sie ihm zu. »Eine von Jays gefürchteten Freibierpartys.«
Das Apartment war zum Bersten voll mit Gästen, die sich über der lauten Musik von Bon Jovi zu unterhalten versuchten und dabei eine Kakofonie aus Gelächter und Geplauder erzeugten. Raley war versucht, auf dem Absatz kehrtzumachen, nachdem er Candy wie versprochen abgeliefert hatte. Aber es war schon zu spät. Jay hatte sie erspäht. Das Margaritaglas hoch erhoben, quetschte er sich durch die Gäste, bis er sie erreicht hatte. Er küsste Candy auf die Wange.
»Du siehst sensationell aus!«
»Danke. Das ist neu.« Sie hielt den Rock des ärmellosen Kleides zur Seite weg und knickste. »Ich habe mir was gegönnt. Was
soll’s, dann kann ich diesen Monat die Miete eben nicht bezahlen. Sieht mein Hintern in dem Rock zu groß aus?«
Gehorsam versicherten er und Raley im Chor: »Auf keinen Fall.«
»Lügner. Aber danke.«
Kurz nachdem sie die Anwaltsprüfung abgelegt hatte, war eine Stelle als stellvertretende Staatsanwältin frei geworden. Candy hatte sich beworben und sich danach festgebissen wie ein Pitbull, bis man ihr die Stelle gegeben hatte. Anfangs arbeitete sie als Mädchen für alles, aber schon nach Kurzem hatte sie ihre Fähigkeiten bewiesen. Sie war ehrgeizig und selbstbewusst und ließ sich von ihren männlichen Kollegen nichts gefallen. Sie wollte nicht hinnehmen, dass es im Justizsystem für Frauen eine unsichtbare Grenze gab – und wenn doch, dann würde sie das gottverdammte Ding überschreiten.
Von Natur aus war sie keine Schönheit, aber wenn sie sich Zeit ließ und Mühe gab, so wie heute Abend, konnte sie durchaus attraktiv wirken.
»Hey Kumpel, ich freue mich wirklich, dass du hier bist.« Jay fasste an Candy vorbei nach Raleys Hand, legte dann einen Arm um seine Schultern und drückte ihn, während er ihn gleichzeitig auf den Rücken klopfte. Raley war eine Handbreit größer als Jay und ließ sich die Umarmung widerstrebend gefallen.
Trotzdem rührte ihn Jays Freude, und er sagte eingedenk des Anlasses für diese Party rau: »Nein, ich freue mich, dass du hier bist.«
Sie lösten sich eilig voneinander, sahen sich aber weiter in die Augen und lächelten.
Candy beobachtete sie argwöhnisch. »Ihr werdet doch keine Zungenküsse austauschen, oder?«
Sie lachten. Jay sagte: »Eher friert die Hölle zu«, und nickte dann zum anderen Ende des Raumes hin. »Die Bar ist da drüben.«
Sie brauchten zehn Minuten, um sich durch das Wohnzimmer
zu arbeiten. Sobald er Raley einen Plastikbecher Bier in die Hand gedrückt und dafür gesorgt hatte, dass Candy eine Margarita bekam, ließ Jay sie alleine, um die nächsten Gäste zu begrüßen und die Unbekannten kennenzulernen, die sie im Schlepptau hatten.
Candy entdeckte am anderen Ende des Raumes einen Kollegen aus dem Staatsanwaltsbüro. Er lehnte mit dem Rücken an der Wand und sah aus, als stände er vor einem Erschießungskommando. »Er ist verheiratet«, erklärte sie Raley, »aber soweit ich gehört habe, leben er und die Missus getrennt. Ich kann sie nirgendwo
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