Süßer Tod
erzählt, die ich kaum glauben kann.«
»Ich glaube wirklich, dass es so war.«
Sie sah ihn kurz an, zog dann einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich. »Erzähl. Schnell. Ich höre dir immer noch zu.«
Er legte ihr seine Theorie dar, dass der Drink, den Suzi Monroe
ihm gebracht hatte, mit einer Vergewaltigungsdroge versetzt war. »Dadurch kommt es zu einem vorübergehenden Gedächtnisverlust, genau wie ich ihn erlebt habe.«
»Richtig.«
»Und?«
»So wirkt auch Kokain.«
»Jay hat gemeint, ich sollte nicht davon anfangen.«
»Jay hatte recht.« Als sie sah, dass er protestieren wollte, fuhr sie fort: »Aber okay, ich werde Fordyce erzählen, dass du überzeugt bist, man hätte dir etwas eingeflößt. Ich weiß nicht, ob ich ihn überzeugen kann. Das ist ziemlich dünn, Raley. Als Verteidigungsstrategie taugt ›Ich kann mich nicht erinnern‹ einen Dreck.«
»Du glaubst mir nicht?«
»Ich glaube dir, weil ich dich kenne. Aber…« Sie deutete zur Tür hin. »Der Staatsanwalt und selbst diese Detectives werden bestenfalls skeptisch reagieren. Dieser Gedächtnisverlust klingt ungeheuer praktisch. Besorg dir einen Anwalt. Sofort. Bevor du mit noch jemandem sprichst. Und lass so bald wie möglich deinen Urin analysieren.« Sie drückte aufmunternd seine Hand, aber ihr Lächeln war genauso dünn wie seine Verteidigungsstrategie.
I n dem blühenden Jasmin vor dem Küchenfenster summten unzählige Hummeln. Als Raley verstummte, hörte Britt die Insekten so deutlich und laut wie ein dicht über das Dach hinwegziehendes Flugzeug.
»Als ich sie da im Bett liegen sah«, erklärte er versunken, »war mir sofort klar, wie sich das auf mein Leben auswirken würde. Es war wie… wie…« Er suchte nach einem passenden Vergleich. »Wie wenn man eine Christbaumkugel vom Baum fallen sieht und sie in Millionen Splitter zerspringt.« Britt bestätigte das Bild mit einem Nicken.
»Du weißt schon, du siehst sie fallen und weißt, dass du nichts unternehmen kannst, um die Schwerkraft aufzuheben oder um das Unvermeidliche abzuwenden. Sie wird kaputt gehen, und zwar unwiderruflich.
Als ich Suzi Monroe tot neben mir liegen sah, war mir klar, dass das Gleiche mit meinem Leben passieren würde. Ich konnte nichts tun, um die Zerstörung aufzuhalten. Mein Leben würde in Scherben zerspringen. Und ich könnte es nie wieder in die Form bringen, die es vorher hatte.«
Britt presste die Finger auf die Lippen, um das Beben zu unterdrücken. Sie kannte dieses Gefühl. »Du beschreibst genau das, was ich empfunden habe, als ich entdeckt habe, dass Jay tot im Bett lag.«
Er hielt den Blick auf ihre Coladose gerichtet und beobachtete, wie ein Kondenswassertropfen daran hinabrollte und sich unten am Rand sammelte. »Wenn ich mir vorstelle, dass ich die halbe Nacht schlafend neben ihr lag, während sie an meiner
Seite starb.« Er verstummte, ließ das Kinn auf die Brust sinken und massierte sich die Stirn. »Alles in meinem Leben drehte sich darum, andere Menschen zu retten, Herrgott noch mal!«
Sie hätte um ein Haar die Hand ausgestreckt, um sie auf seine zu legen, hielt sich aber im letzten Moment zurück. »Sie haben nicht geschlafen, Raley. Man hat Sie k. o. gesetzt. Und Sie haben das Mädchen nicht umgebracht. Sie sind unschuldig.«
Er hob den Kopf und sah sie an. Seine grünen Augen waren kalt. »Ihren Zuschauern haben Sie damals etwas anderes erzählt.«
»Ich habe nie behauptet, dass Sie ein Verbrechen begangen hätten.«
»Nicht ausdrücklich, aber Sie haben es durchklingen lassen.«
»Ich habe mich schon dafür entschuldigt.«
»Und ich habe gesagt, dass es dafür ein bisschen zu spät ist. Was an jenem Morgen passiert ist, hat mein Leben ruiniert. Damals habe ich alles verloren. Alles«, wiederholte er und schlug zur Bekräftigung so heftig mit der Faust auf den Tisch, dass die halb leere Coladose hochsprang. »Sie haben mit Ihrer einseitigen Berichterstattung sichergestellt, dass ich nichts davon retten konnte.«
»Was soll ich denn noch tun?« Sie breitete hilflos die Arme aus. »Reicht es nicht, dass ich Ihnen glaube und alles, was Sie mir erzählen, für wahr halte?«
Er wurde plötzlich ganz still und sah sie so kühl an, dass sie am liebsten ihre Windjacke zugezogen hätte. Aber nachdem Britt sie vorhin ausgezogen hatte, blieb ihr nichts anderes übrig, als die Arme vor der Brust zu verschränken und sich seinem durchdringenden Blick zu stellen. Weil sie keinesfalls einknicken oder das Gesicht abwenden
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