Süßer Tod
gehabt?«
»Zu verdauen . Bevor sie auch nur anfangen konnte, Ihnen zu verzeihen, hätte sie erst einmal verdauen müssen, dass Sie allein auf eine Party gegangen waren, auf der es hundertprozentig wild zugehen würde. Wo Ärger programmiert war.«
»Sie hat mich gedrängt hinzugehen. Sie war froh, dass ich meine Arbeit einen Abend lang vergessen wollte.«
»Sie war schrecklich naiv.«
»Wie bitte?«
Sie wusste, dass er sie sehr wohl verstanden hatte, und wiederholte spröde: »Entweder war Hallie naiv, oder Sie waren unglaublich vertrauenswürdig.«
»Vielleicht ein bisschen von beidem.«
»Vielleicht. Ich weiß nur, dass ich nie ›exzellente Idee‹ gesagt hätte, wenn mein Verlobter allein auf eine von Jays legendären Partys gegangen wäre.«
»Dann sind Sie ziemlich besitzergreifend.«
»Vernünftig.«
»Eifersüchtig.«
»Hören wir damit auf, okay?«
»Nein, wir sollten genau damit weitermachen. Wie sind Sie wirklich, Britt? In einer Beziehung, meine ich. Sind Sie eine Klette? Sind Sie unsicher und klammern? Oder ziehen Sie ungerührt Ihr Ding durch und lassen den Mann am ausgestreckten Arm verhungern, bis er aufgibt und wieder abzieht?«
Doch er schaffte es nicht, das Gespräch auf ihr Privatleben zu lenken. Sie fragte: »Was passierte, nachdem Jay Hallie vom Flughafen abholte?«
Er rollte die Schultern, als versuche er, eine schwere Last abzuwerfen.
»Vielleicht hilft es Ihnen, darüber zu sprechen.«
Er sah sie kurz an. »Nein, es würde Ihnen helfen.«
»Ich nehme an, das habe ich verdient. Trotzdem würde ich das nie für meine Arbeit ausschlachten.«
»Warum sind Sie so neugierig? Sensationslust?«
»Das habe ich nicht verdient.«
Er sah sie noch einmal an und fluchte dann leise. »Okay. Aber die Geschichte wird Sie enttäuschen. Es gab keine große Szene, kein Feuerwerk, nichts, was sich auf dem Bildschirm gut präsentieren lässt.«
Sie sah ihn schweigend und aufmunternd an.
Wo sollte er anfangen? Er holte tief Luft. »Ich war immer noch auf dem Polizeirevier, als Jay zurückkam. Er hatte Hallie vom Flughafen nach Hause gefahren. Er erzählte mir, sie sei wütend. Sehr. Dann schlug er mir auf den Rücken. ›Aber sie ist stark. Sie kommt darüber weg.‹
Wickham und McGowan meinten, sie hätten vorerst alles geklärt; ich konnte gehen. Ich fuhr vom Polizeirevier direkt zu Hallies Apartment. Ich läutete, aber sie machte nicht auf. Also nahm ich meinen Schlüssel und schloss die Tür auf. Sie lag in der Ecke des Wohnzimmersofas, ein Kissen an die Brust gedrückt, und weinte.«
Er blieb auf der Schwelle stehen, aber als sie ihn nicht anschrie, er solle verschwinden und sie in Frieden lassen, trat er ein und schloss leise die Tür. Die Post, die während ihrer Reise durch den Briefschlitz gestopft worden war, lag immer noch in einem Haufen auf dem Boden. Er stieg mit einem großen Schritt darüber weg. Alle Jalousien waren zugezogen. Nachdem Hallie kein Licht eingeschaltet hatte, lag der Raum im Halbdunkel.
Sie sahen einander durch das Zimmer an, und ihm brach das Herz, als er das Elend in ihren tränennassen Augen sah.
So hatten sie sich das Wiedersehen ganz und gar nicht vorgestellt. Ihm hatte eine kitschige Szene wie aus einer Werbung oder einem Liebesfilm vorgeschwebt, wo der Hintergrund verschwimmt, sobald sich die Liebenden in die Augen sehen. Atemlos eilen sie aufeinander zu und beginnen, sich endlos zu küssen. Oder sie wirbeln sich überglücklich und verliebt durch die Luft.
Er und Hallie kannten das Gefühl, aus purer Freude laut lachen zu müssen, weil sie sich gefunden hatten, und ihnen waren stille Momente vergönnt gewesen, in denen ein Blick und ein Lächeln genügt hatten, damit sie sich in einem Kokon aus einvernehmlichem Schweigen geborgen fühlten.
Er fragte sich, ob ihnen je wieder solche Augenblicke vergönnt wären. Gott, wie er es hoffte! Vielleicht würde diese Erfahrung ihre Beziehung sogar stärken. Wenn sie nicht daran zerbrach.
Er ging zum Sofa und setzte sich. Er berührte sie nicht, sie berührte ihn auch nicht. Sie weinte leise weiter. Er hätte sie so gern in den Arm genommen und ihr erklärt, wie leid ihm alles tat, wie sehr er sie liebte und dass alles wieder gut würde. Dass er alles wiedergut machen würde . Aber erst musste er sie weinen lassen, weil er hoffte, dass dies der erste Schritt war, die Ereignisse zu verarbeiten und ihm zu verzeihen.
Es verging über eine halbe Stunde, auch wenn die Zeit nichts zu bedeuten hatte. Er
Weitere Kostenlose Bücher