Suesses Gift Der Liebe
ein stilles Dankgebet. Der Junge war nicht imstande, die Gefahr zu erfassen.
Er hatte die Sache ganz anders angehen wollen, doch zu dem Zeitpunkt, als ihn die Nachricht seines Informanten erreicht hatte, war es zu spät gewesen, sich einen anderen Plan zurechtzulegen. Unter den gegebenen Umständen blieb ihm kaum Zeit für einen Rettungsversuch.
Die Gerüchte von der Existenz dieses Kults waren ihm erst vor wenigen Tagen zu Ohren gekommen. Als ihm klar geworden war, dass der Mann, der ihn eingeführt hatte, über ein mächtiges Talent verfügte und möglicherweise gefährlich geistesgestört war, hatte er unverzüglich Gabe zu Rate gezogen, aber sie hatten beide keine Möglichkeit gesehen, den Fall in diesem Stadium der Polizei zu übergeben, da es noch zu keiner Gewalttat gekommen war. Sie waren sich einig, dass die Agentur Jones keine andere Wahl hatte, als zu handeln.
Leiser Gesang setzte in der ersten Reihe der Kapuzengestalten ein und griff rasch auf die zweite und dritte über. Es war ein Gemisch aus verballhorntem Latein und wirkungsvoll eingestreuten griechischen Wörtern. Caleb bezweifelte, dass auch nur ein Einziger der Anwesenden den Sinn verstand. Die Altardiener, junge Männer unter zwanzig, kamen nach ihrem Akzent zu schließen von der Straße.
Er hatte sie rasch gezählt, als er und die anderen den Raum hintereinander betreten hatten. Es waren fünfzehn in Fünferreihen
vor dem Altar stehende Gestalten. Zwei weitere Altardiener standen zu beiden Seiten des Tisches, der eine etwas größer als der andere und von massiverem Körperbau. Ein Mann, kein Jüngling. Der Anführer und seine engsten Gefährten waren noch nicht erschienen.
Das raue Grollen des Gesanges wurde stärker und lauter. Caleb lauschte gedankenverloren, während er den Vorhang vor dem Eingang im Auge behielt.
» … großer Charun, o dämonischer Geist, wir streben nach der Kraft, die du jenen verheißt, die dem wahren Pfad folgen …
… Heil unserem Herrn, dem Diener Charuns, der über die Mächte der Finsternis gebietet …«
Die schwarzen Samtportieren vor der Bogentür wurden abrupt weggezogen. Ein Jüngling in einem wallenden grauen Gewand, das für ihn viel zu groß war, trat feierlich ein. Er hielt den Griff eines mit Edelsteinen besetzten Dolches in beiden Händen. Das Licht der Leuchten schien höher aufzuflammen und ließ die tödliche Waffe aufblitzen. Kraft glitt zischend durch Calebs Sinne.
Kein Zweifel, dachte er, die Gruppe hat den Dolch gefunden, der bei dem uralten etruskischen Kult angewendet worden war. Ein gefährlicheres paranormales Artefakt war nicht denkbar.
Stille senkte sich über die Anwesenden. Die krankhafte Energie unheiliger Lust war nun verstärkt im Raum spürbar. Caleb griff in die Falten seines Gewandes und umfasste den Griff seines Revolvers. Die Waffe wäre gegen diese große Gruppe kräftiger junger Männer nur von begrenztem Nutzen. Ein Schuss oder zwei - dann würden die Altardiener ihn
überwältigen. Er zweifelte nicht daran, dass die ihrem Führer bedingungslos Ergebenen nicht zögern würden, sich für diesen zu opfern. Davon ganz abgesehen, war das Allerletzte, was er wollte, der Tod eines armen Burschen, der das Pech hatte, unter den hypnotischen Einfluss des Großmeisters des Kultes zu geraten.
»Sehet den Diener Charuns und erweist ihm alle Ehren«, psalmodierte der Junge mit dem Dolch ein wenig brüchig. »Heute blicken wir hinter den Schleier, um große Kräfte zu gewinnen.«
Wieder erschien eine Gestalt im Eingang, groß, schmal, in ein schwarzes Gewand gehüllt, mit großen, blitzenden Ringen an den Fingern. Die Gesichtszüge wurden von der Kapuze verdeckt.
Die vom Diener ausgehende dunkle, krankhafte Energie war noch an Calebs Standort in der zweiten Reihe spürbar.
Die Altardiener fielen auf die Knie, Caleb folgte zögernd ihrem Beispiel.
Der Diener Charuns blickte den Jungen mit dem Dolch an.
»Ist das Opfer bereit?«
»Ja, Mylord«, sagte der Junge.
Der zum Opfer Bestimmte erwachte aus seinem Drogenschlaf.
»Was soll das?«, lallte er mit schwerer Zunge. »Wo zum Teufel bin ich?«
»Still«, befahl der Junge mit dem Dolch.
Das Opfer zwinkerte, noch immer desorientiert. »Bist du das, Arnie? Was soll diese dämliche Aufmachung?«
»Still«, kreischte Arnie. Er klang sehr jung und sehr verängstigt.
»Genug«, ordnete der Führer an. »Er hätte einen Knebel und eine Augenbinde tragen sollen. Es ziemt sich nicht, dass das Opfer das Antlitz des Dieners Charuns
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