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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Rudschies
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erklärt mir, warum ich keine Gemächer auf der Trausnitz habe, warum dem Herzog vom Münchner Hof Jahr für Jahr neue Heiratspläne vorgelegt werden? Nur mit mir nicht, nicht einmal morganatisch! Warum führt ein geheimer Gang von der neuen Stadtresidenz in mein Haus? Auch dort fehlen Zimmer für mich. Warum hat die Herzogin Sabina am Hof das Sagen und nicht ich? Nicht mein Feind! Warum macht Ihr Euch die Mühe, Eck? Ich spiele keine Rolle mehr. Lasst mich jetzt allein!«
    Eck zog aus seinem schwarzen Talar ein weißes, kostbares Spitzentüchlein, tupfte damit Ursulas Tränen ab. Er versuchte, es ihr in die Hand zu drücken. Ihre Stimme versagte. Sie hatte schon gehört, dass die feinen Damen aus Venedig diese duftigen Musselintüchlein neuerdings aus einer Tasche oder ihrem Dekolleté holten, um sich Mund, Stirn, Nase oder Wangen kokett damit zu putzen. Jetzt hantierte der gefürchtete Hofrat – ein Gelehrter!- mit diesem durchsichtigen, verspielten Nichts.
    »Seht, Fräulein von Weichs, die Dinge sind nicht immer so, wie man vermutet. Oder sie ändern sich aus bestimmten Gründen. Meint Ihr, Ihr werdet das Taschentüchlein noch brauchen können? Ich schenke es Euch gern.«
    Doch Ursula ließ sich nicht beirren.
    »Ihr seid gekommen, um mir Auskunft über die letzten Tage zu geben, sagtet Ihr. Tut das! Dann werden wir sehen, ob sich etwas geändert hat, wie Ihr mir weismachen wollt.« Eck erzählte geduldig von den Ereignissen auf der Trausnitz. Ursula fiel ihm ins Wort. »Ich verstehe Euch nicht, Doktor Eck. In der Stadtresidenz sprach sich niemand schärfer als Ihr gegen diese Diät aus, jetzt schlagt Ihr Euch auf die Seite der Befürworter. Das macht keinen Sinn. Und was mich betrifft: Was soll sich geändert haben?«
    Eck faltete seine langen, knochigen Hände.
    »Ach, Fräulein von Weichs, es ist, so scheint mir, eine Frage der kritischen Aufrichtigkeit. Meine Pflicht ist es, niemals vorschnell mit den Wölfen zu heulen. Doktor Widmannstetter mag hochgelehrt sein, aber er ist kein Arzt. Soll ich nichts hinterfragen? Paracelsus, eine außergewöhnliche Erscheinung, ist an einer mysteriösen Vergiftung gestorben. Sein Herr, Herzog Ernst, ein Erzbischof, der die Priesterweihe bisher immer abgelehnt hat, hat auch nicht auf sein Erbrecht verzichtet. Er kann zwar nicht regierender Fürst werden, aber beim Ableben seiner Brüder kann er jederzeit große Geldforderungen stellen. Wer weiß? Vielleicht stellt er doch die Erbfolgeregelung für Landshut und Straubing infrage? Herzog Ludwig hat das Beispiel gegeben – und gewonnen. Cui bono? Wem nützt die Tat? Soll ich auch da nichts hinterfragen? Ich bin es meinen beiden Herren, Herzog Wilhelm wie Herzog Ludwig, schuldig, so oft ich auch als Spielverderber erscheinen mag. Als treuer Diener meiner beiden Herren muss ich jetzt meine Haltung ändern zugunsten einer ehelichen Verbindung zwischen Euch und Herzog Ludwig.«
    Ursula erbleichte. Alles drehte sich um sie herum.
    »Eine Heirat? Mit mir? Haltet mich nicht zum Narren! Es wäre zu grausam.«
    »Nichts liegt mir ferner in diesem Moment, Fräulein von Weichs. Für den Herzog war es richtig, eine gute Partie zu suchen, solange seine Gesundheit und seine Zeugungskraft nicht angegriffen waren. Jetzt aber ist es wichtig für die bayerischen Lande, dass er lebt. So lang, so gut, so ruhig wie möglich. Dafür muss er jemanden an seiner Seite haben, der sein Leben und sein Wohlergehen niemals aufs Spiel setzen würde.«
    »Bei allem Respekt, Doktor Eck, und bei allem Groll gegen die Herzogin Sabina: Ihr glaubt doch nicht, dass die Herzogin das Leben ihres Bruders gefährden würde?«
    »Fräulein von Weichs, glauben will ich nur an unseren Herrn und Schöpfer im Himmel. Auf Erden will ich sichergehen. Doch das ist mir bei der Herzogin nicht möglich. Das bleibt selbstverständlich unter uns, liebes Fräulein von Weichs. Mit ihrem Eintreten für diese Diät ist Herzogin Sabina ein großes Risiko eingegangen, denn niemand weiß, wie dies Essen ihrem Bruder bekommt. Warum hat die Herzogin das getan? Hier fängt meine Unsicherheit an. Aus echter schwesterlicher Zuneigung? Ergo aus Verzweiflung über die eindeutig schädliche Völlerei? Vielleicht. Vielleicht aber auch aus Groll wegen der Rückgabe Württembergs an ihren verhassten Gatten. Oder aus Gier, weil sie ein Abkommen geschlossen hat mit ihrem Bruder, Herzog Ernst. Mehr weiß ich nicht in diesem Augenblick. Aber bei meinem Fürsten will ich eine Person wissen, die sich zu

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