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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Rudschies
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sein. Von dort kommt das ganze Unheil. Irgendwann wird uns etwas Ungewöhnliches auffallen.«
    Doch was? Sie sahen in jeden Topf und entdeckten doch nichts. Aus dem Kessel, in dem ein Karpfen nach dem anderen verschwand, um kurz danach wunderbar blau wieder herausgehoben zu werden, roch es ganz unverdächtig nach Wein, Ingwer, Kümmel und Safran. Genauso die Soße: geröstetes Brot in Wein eingeweicht, fein gemahlene Mandeln, frittierte Zwiebeln, Rosinen, klein geschnittene Pflaumen, ein wenig Essig – so war es jedes Jahr. Dazu kamen die Gewürze für das Herzogspulver, das Grünberger in einem Mörser zubereitete. Etwas Zucker, Nelken, Zimt, Kardamom und Muskatblüte. Die edle Mischung nach der Art der burgundischen Herzöge kam auf die Tafel der Trausnitz nur an bedeutenden Feiertagen. Sabina lobte den äußerst selbstzufriedenen Grünberger.
    Anna Lucretia wiederum schaute dem Zuckerbäcker Xaver Kurzbein über die Schulter. Eine Magd hatte ihm gerade eine Schüssel voll pochierter Karpfenmilch in die Pastetenküche gebracht. Eine andere rollte Teigkreise neben ihm aus. Aus der delikaten Karpfenmilch, ein paar Datteln sowie durch ein Sieb gepressten Kastanien bereitete er eine Füllung, die er ebenfalls mit dem Herzogspulver abschmeckte. Dann wurden die Teigkreise mit ihrer Füllung zu Halbmonden geschlossen, mit ein wenig Wein begossen und in den Ofen geschoben. Da gab es kein Gift und schon gar keines, das nur den Herzog vergiftet hätte. Die einfache Vorbereitung der Fleischklößchen für die Mettensuppe hatte Grünberger seinen Hilfskräften überlassen, genauso wie die Zubereitung des mit Huhn gefüllten Schweinehackbratens. Waren die Gehilfen Giftmischer? Wie denn und warum? Und wieso sollte es nur den Fürsten betreffen? Der Oberkoch summte fröhlich vor sich hin beim Zerstoßen der Gewürze im Mörser. In der Siedeküche klagte der alte Küchenmeister.
    »Grünberger, was ist heute hier los? Uns geht bald das Salz aus. Das kann doch nicht sein!«
    »Ach, Meister Joris, das beklagt Ihr immer an Weihnachten.« Der kleine, runde Mann lachte gelassen. »Womit sonst sollen wir unsere Schweine pökeln und die Mettenbrühe machen? Und was ist mit dem großen Festessen morgen? Der Dürnitz ist voll. Alle haben seit Wochen gefastet wie jedes Jahr. Und, Gott sei gelobt, wir leben alle noch!«
    Theresa, die ihrem sichtlich übermüdeten Mann beim Rechnen und Erstellen der Listen half, schüttelte verwundert den Kopf. Anna Lucretia bemerkte das, ging zu ihr und fragte sie leise nach dem Grund. Die Kärglerin zuckte ratlos mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht, gnädiges Fräulein. Ich bin nicht jedes Jahr hier gewesen. Aber das Salz verschwindet in Unmengen. Soll die Mettensau auf einem Salzbett liegen? Das habe ich noch nicht gesehen.« Anna Lucretia war sichtlich enttäuscht. »Was erwartet Ihr, Fräulein von Leonsperg? Vom Salz wird ja niemand krank, oder? Ist gut, Kärgl, ich bin gleich da.«
    Die Tochter des Herzogs entfernte sich zügig und schloss sich wieder ihrer Tante an. Sie fiel inmitten des emsigen Treibens in der Küche allzu sehr auf. Was konnte sie dem Weib übel nehmen? Sie wussten beide von den Giftanschlägen. Theresa wusste, dass sie es wusste, aber nicht, dass die Herzogstochter wusste, dass Theresa auch nach des Rätsels Lösung suchte, um ihren Baumeister wiederzubekommen. Anna Lucretias Kopf pochte schmerzhaft in der brütend heißen, rußigen Luft. So ein Unsinn! Doch sie konnte nicht anders, solang noch die Möglichkeit bestand, durch Überreiter etwas zu erfahren. Die Herzogin von Württemberg hingegen ließ nicht locker.
    »Grünberger, was habt Ihr für die Festessen der Weihnachtstage vorgesehen?«
    Der Oberkoch zeigte weiterhin beste Laune und Engelsgeduld. Anna Lucretia gefiel das nicht; doch sie konnte nicht sagen, warum.
    »Ganz feine Dinge, Ihro Durchlaucht. Dabei habe ich sogar den Paracelsus berücksichtigt. Ich werde die Soßen nach wie vor ohne Zucker, aber mit reichlich Trockenobst rühren, wie Ihr das schätzt. Dafür eignen sich vortrefflich die Ambrosia-Hühner sowie die konfierten Tauben.«
    »Mit den Hühnern bin ich einverstanden, aber was sind konfierte Tauben?« Sabina runzelte die Stirn. »Davon habe ich noch nie gehört. Konfiert? Klingt nach kandiert, also viel Honig und Zucker. Das gefällt mir nicht.«
    »Sehr richtig, Ihro Durchlaucht. Das klingt wie kandiert, schmeckt wie kandiert, ist es aber nicht. Das ist das Geheimnis.« Grünberger wurde immer

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