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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Rudschies
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überschwänglicher. »Man brät die Tauben auf Spießen. Dann werden Pflaumen, Rosinen und Datteln, auch geröstetes Brot in gutem Wein mit Herzogspulver eingeweicht. Dazu kommt nur wenig Honig. Alles wird eingekocht, bis es glänzt und dickflüssig ist. Wir geben die Tauben in den Topf und legen sie in diesem Nektar ein. Daher das Wort ›konfieren‹, das aus dem Französischen stammt und ›einlegen‹ heißen soll. Das hat die herzogliche Tafel in Landshut noch nie gesehen, Ihro Durchlaucht.«
    »Ich glaube Euch jedes Wort, Meister Theodor. Woher habt Ihr das Rezept?«
    »Oh, der Hofrat von Eck lässt mir öfter neue Koch- oder Backrezepte zukommen. Er weiß, dass ich ihm immer dankbar dafür bin.«
    Fast hätte Sabina gefragt, wie verbunden er Eck sei. Die Herzogin holte tief Luft und hielt sich zurück. Denn solche Geschenke waren bei verwandten Höfen – und welche Höfe waren nicht verwandt? – durchaus üblich. Grünberger redete begeistert weiter.
    »Den Münchner Hofkoch versorgt er auch mit Rezepten. Das ist wirklich selbstlos, nicht wahr? Besonders wenn man bedenkt, wie mager der Hofrat von Eck ist. Aber Kochrezepte scheinen ihn aufrichtig zu interessieren. Das Rezept der konfierten Tauben hat er vom Koch des Herrn Landgrafen Philipp von Hessen. Der wiederum hat es vom Hofkoch des Königs Franz von Frankreich. Ein königliches Gericht! Wundervoll! Dann habe ich noch Birkhuhn in schwarzer Fruchtsoße, Erbsen in Malvasierwein, eine ungarische grüne Torte und köstliche Pasteten. Eine mit Eiern und ganz viel Knochenmark wie am Hof des Herzogs von Berry, der der Bruder des französischen Königs Karl V. gewesen ist. Dann eine Hühnerpastete nach lombardischer Art, da wird unser Signor Soldani staunen. Schließlich süße Sahne und Mandeltörtchen und das frische Quittenbrot des Jahres und Konkavelite wie jedes Jahr, es muss aber einfach sein. Ich hoffe, die Auswahl der Speisen findet Eure Zustimmung?«
    »Gewiss, Meister Theodor, alles bestens. Ihr seid wahrlich ein großer Koch.«
    Grünberger hörte nur das Kompliment und nahm nicht wahr, dass Sabina dem Schluss seiner Ausführungen nicht mehr zugehört hatte. Auch Anna Lucretia war verblüfft. Wieso bekam Leonhard von Eck Rezepte vom hessischen und vom französischen Hof? Philipp von Hessen war das Haupt der protestantischen Partei und hatte den katholischen König Franz von Frankreich für Luthers Sache gewonnen. Denn es war für diesen eine zu schöne Gelegenheit, seinen Erzrivalen, den Habsburger Kaiser Karl V. zusammen mit dem Herzogtum Bayern, seinem treuen Verbündeten, zu schwächen. Es war bekannt, dass Eck überall geheime Kontakte knüpfte. Aber so eng, dass Küchenrezepte ausgetauscht wurden? Da staunte Sabina doch.
    »Ein Rezept ist keine Anleitung zum Mord, Tante«, flüsterte sie ihr zu. »Macht Euch nichts daraus!«
    Die Herzogin verließ mit ihrer Nichte die Küche.
    »Hier geht alles seinen gewohnten Gang. Ich kann nirgends Gefahr für deinen Vater erkennen.«
    Anna Lucretia senkte den Kopf. Sie wollte nur noch in ihre warme Stube. Doch kaum hatte sie den inneren Burghof betreten, da rief sie der Küchenmeister Kärgl zurück.
    »Fräulein von Leonsperg! Es ist mir sehr peinlich, aber wieder kann ich hier niemanden entbehren. Das Waschkorbgebäck muss ins Spital. Es gibt auch welche für das Blatternhaus. Darf ich Euch bitten, diese im Namen des Hofes hinzutragen? Oder seid Ihr verhindert? Mein Weib brauche ich heute hier.«
    Wortlos nahm Anna Lucretia die schweren Körbe, aus denen es verführerisch duftete. Sie machte sich keine Illusionen über den Wert ihrer guten Werke, solang ihr Herz so gespalten war. Doch es sollte nicht an ihr liegen, dass die Kranken im Spital und die Aussätzigen im benachbarten Blatternhaus das feine, gut haltbare Sauerrahmgebäck nicht bekamen. Es war für diese Menschen die einzige Zeit im Jahr, an der man ihnen helles Mehl und etwas vom kostbaren Zucker gab. Die Nächstenliebe ging nicht so weit, dass man dafür die spärliche Winterbutter opferte – dennoch enthielt der Teig aromatisches Mohn- und Walnussöl.
    Anna Lucretia sah weder links noch rechts. Es wiederholte sich alles, ohne dass ein Licht in der Finsternis aufging. Theresa sah sie eifersüchtig an. Der Baumeister verließ nach wie vor sein Haus kaum. Die Leute in der Stadt hielten sich von ihr fern.
    Nach dem Karpfenessen, dem feierlichen Gottesdienst, der Mettensuppe und der Mettensau auf der Trausnitz fühlte sich Herzog Ludwig wieder viel

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