Süßes Spiel der Sehnsucht
erklärlicher wurden. Auch wenn sie nun wusste, warum ihre Mutter sich für ihren Liebhaber und gegen ihre Töchter entschied, tat es nicht weniger weh.
»Ich werde darüber nachdenken müssen, Mama«, sagte Arabella schließlich.
»Natürlich brauchst du Zeit, alles zu verkraften, was ich dir erzählt habe. Und ich verstehe es, wenn du mir nicht verzeihen kannst, sogar wenn du wi llst, dass ich wieder fortgehe. « Sie krümmte die Schultern, als wappnete sie sich für einen Schlag, und murmelte: »Ich werde für immer nach Frankreich zurückgehen, wenn ihr es wünscht.«
»Ich weiß noch nicht, was ich will.« Arabella hielt eine Hand an ihre Schläfe. »Und im Moment kann ich gar nichts entscheiden. Ich möchte erst mit Roslyn und Lily sprechen. «
»Ich würde sie gern sehen«, sagte Victoria zögernd.
Arabella wollte das Leid ihrer Mutter nicht vergrößern und erwiderte daher betont sanft: »Es kann sein, dass sie dich nicht sehen möchten, Mama. Lily ist sehr verletzt, genau wie Roslyn.«
»Ich ... verstehe.« Victoria rang hilflos die Hände. »Falls ihr mich erreichen wollt, ich wohne im Red Boar in Chiswick. Henry kam mit mir nach England, und wir werden einige Tage dort bleiben, bevor wir nach Surrey weiterreisen. Henri möchte seine Familie besuchen.«
Als ihre Tochter nichts sagte, stand Victoria, auf und schritt langsam zur Tür. Dann blieb sie noch einmal stehen, den Kopf gesenkt und sichtlich zerrissen vor Schmerz. »Gott schütze dich, Arabella.«
Es brach Arabella das Herz, die Pein in der Stimme ihrer Mutter zu hören, und als Victoria ohne ein weiteres Wort hinausging, konnte sie nicht mehr an sich halten.
Sie sprang aus ihrem Sessel und lief ihr nach. »Mama?« Victoria drehte sich um. »Ich werde mir Mühe geben, Roslyn und Lily alles so zu erzählen, dass sie es verstehen."
»Ja, tu das bitte«, sagte Victoria mit einem matten Lächeln.
Nachdem ihre Mutter fort war, stand Arabella noch eine lange Zeit da, ganz in ihre Gedanken versunken und mit ihren widersprüchlichen Gefühlen ringend. Letztere durchliefen die ganze Skala von Verzweiflung bis Hoffnung, während Arabella über Vergebung nachdachte.
Gewiss hatte Victoria einen schwerwiegenden Fehler gemacht. Aber ihr war von ihrem Mann wie von ihrem Stiefbruder übel mitgespielt worden. Und sie bedauerte aufrichtig, ihren Töchtern wehgetan zu haben.
Vielleicht zählte einzig das. Ja, ihre Mutter liebte sie drei.
Arabella beschloss, ihren Schwestern genau das begreiflich zu machen, und ging auf ihr Zimmer, um die Rückkehr der beiden abzuwarten.
Sie könnten ihre Mutter zurückbekommen, und das war zu schön, als dass sie die Chance vertun durften.
Lily wurde kreidebleich, als Arabella ihnen mitteilte, dass ihre Mutter in Chiswick war. Roslyn hingegen war zwar im ersten Moment schockiert, dann jedoch sehr ernst und nachdenklich. Beide hörten sich an, wie Arabella ihnen die Unterhaltung mit Victoria in allen Einzelheiten wiedergab und sie anhielt, ihrer Mutter zu vergeben.
Das Gespräch verlief sehr emotional und zog sich weit in den Abend hin. Wie Arabella bereits prophezeit hatte, war Lily am schwersten zu überzeugen, wenngleich sie mehr um Roslyn als um sich selbst besorgt schien.
»Hast du dir gut überlegt, was das zur Folge haben könnte, Roslyn?«, fragte Lily. »Der Skandal wird erneut aufgerollt werden, nachdem wir gerade erst angefangen haben, ihn hinter uns zu lassen. Mir macht es wen aus, denn ich hatte nie vor, mich zu vermählen, aber falls du heiraten willst, wird Mamas Rückkehr zweifellos jede Aussicht auf eine gute Partie zunichte machen."
Roslyn nickte bedächtig. »Vielleicht, aber ich denke, das Risiko muss ich eingehen.«
Am Ende einigten sich alle drei auf eine Versöhnung. Victoria war ihre Mutter, und sie wollten sie wiederhaben, ungeachtet dessen, was sie früher getan hatte und wie viel es sie künftig kosten könnte.
Es war bereits nach acht, als Arabella die alte Danvers-Kutsche anspannen ließ, damit sie zum Red Boar Inn fahren konnten, wo ihre Mutter wohnte. Auf dem Weg dorthin sprachen sie kaum, und beim Betreten des Gasthofes blieb Lily ein wenig zurück. Entsprechend war sie am nächsten an der, Tür des kleinen Salons, als sie kurze Zeit später geöffnet wurde. Victoria stand da und schien Angst zu haben hereinzukommen. Sie sah ihre Töchter eine nach der anderen an, bis Arabella das gespannte Schweigen brach. »Wir sind froh, dich wiederzuhaben, Mama.«
Ein Seufzer schüttelte
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