Süßes Spiel der Sehnsucht
einen ganz weichen Ausdruck, und es war unüberhörbar, wie gern er Eleanor hatte.
Nachdem er so offen über seine Kindheit und Jugend gesprochen hatte, war Arabella ebenso ehrlich zu ihm, als er sie nach ihrer fragte, und erzählte ihm Dinge, die außer ihren Schwestern und engsten Freundinnen niemand wusste.
Als sie noch ein Kind war, hatte ihre Familie die Saison über in London gelebt und den Rest des Jahres auf dem Loring-Anwesen in Hampshire. Doch wo immer sie sich gerade aufhielten, stritten sich ihre Eltern furchtbar. Auf dem Lande waren die Mädchen so oft es ging nach draußen geflohen, was zur Folge hatte, dass alle drei begeisterte Spaziergängerinnen und exzellente Reiterinnen wurden. In London suchten sie Zuflucht in der Literatur und Musik, um der vergifteten Atmosphäre zwischen Victoria und Charles Loring zu entkommen.
»Roslyn las immerzu«, erinnerte Arabella sich lächelnd. »Sie war fasziniert von den neuesten Forschungen und brachte sich sogar selbst Latein bei. Und selbst Lily vergrub sich in Büchern. Sie las dicke Wälzer über Geschichte und Geologie und träumte davon, in der Welt herumzureisen und Abenteuer zu erleben ... was für sie als Tochter eines Baronets natürlich nicht infrage kam. «
»Und du?«, erkundigte sich Marcus interessiert. »Hast du deine bezaubernde Nase auch in Bücher gesteckt? «
»Ja, aber nicht so viel wie Roslyn. Außerdem begeisterte ich mich mehr für Literatur und Poesie als für Wissenschaft.«
»Wenn eure Eltern sich so wenig leiden konnten, warum gingen sie dann nicht einfach getrennter Wege? «
Das hatte Arabella sich bereits unzählige Male gefragt. »Ich weiß es nicht. Vielleicht bereitete es ihnen Vergnügen, einander zu verletzen, um sich für das eigene Unglück am anderen zu rächen. Meine Mutter gestand einmal, sie hätte sich kurz nach ihrer Heirat in meinen Vater verliebt. Doch er erwiderte ihre Gefühle nicht, und seine Untreue vernichtete schließlich jede Zuneigung, die sie für ihn empfand. «
»Deinen Erfahrungen nach ist es nur verständlich, dass du eine Aversion gegen Vernunftehen hast«, sagte Marcus.
»Ich bin froh, dass du es endlich verstehst«, entgegnete Arabella bemüht unbeschwert.
»Was allerdings nicht bedeutet, dass du ein hoffnungsloser Fall bist«, fuhr Marcus fort. »Nein, ich werde vorerst nicht weiter versuchen, dich vom Gegenteil zu überzeugen «
Arabella wusste nur zu gut, dass Marcus sein Werben nicht aufgeben würde, bis einer von ihnen die Wette gewonnen hatte. Er war entschlossen, sie zu heiraten, weil er eine Adlige brauchte, die ihm Erben gebar. Seit dem Picknick jedoch hatte er eindeutig seine Taktik geändert. Es schien, als wollte er ihr beweisen, dass er nicht nur ihr Liebhaber, sondern auch ihr Freund sein könnte.
Sie vermutete, dass es eine ausgeklügelte Strategie war, um ihren Widerstand zu brechen. Falls ja, musste sie zugeben, dass sie wirkte, denn Arabella genoss die ruhigen Abende mit ihm. Tagsüber herrschte ein reges Treiben im Haus. Es wimmelte von Modisten und Arbeitern, die sich mit Arabella besprechen wollten, und immer häufiger kamen Besucher, mit denen sie höfliche Konversation trieb. Entsprechend waren ihr die friedlichen Abende nach all der Hektik höchst willkommen. Vor allem aber war es Marcus, der sie so überaus angenehm machte.
Und auch ihm gefiel es offenbar, die belebten Tage mit ihr ausklingen zu lassen. Am Abend vor dem Ball sprach er es sogar offen aus. Sie saßen beim Tee im Salon zusammen, während draußen ein Frühlingssturm tobte.
»Das ist erstaunlich angenehm«, bemerkte Marcus, der seine langen Beine zum knisternden Kaminfeuer hin ausstreckte. »Wir könnten fast ein altes Ehepaar sein.« Dann warf er Arabella ein amüsiertes Lächeln zu . »Obwohl, wenn wir eines wären, würdest du nicht Jede Nacht allein schlafen.«
Arabella spürte, wie sie errötete. Eine solch zweideutige Bemerkung sah dem Marcus ähnlicher, wie sie ihn kennengelernt hatte. Die letzten drei Abende indes hatte er sie lediglich mit einem keuschen Handkuss verabschiedet, wenn sie sich ins Bett zurückzog. Natürlich hatte selbst diese verhaltene Geste sie erregt, und Nacht für Nacht lag sie wach, dachte an ihn und erinnerte sich an die fantastischen Wonnen, die er ihr beim Picknick bereitet hatte. Unweigerlich fragte sie sich, ob er versuchen würde, dieses Erlebnis zu wiederholen.
Nun, heute Abend wohl nicht, stellte Arabella eine halbe Stunde später fest, als er ihr süße Träume
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