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Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer

Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer

Titel: Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Eckiges Gesicht, dessen Kanten durch ein wenig Fett gemildert wurden; ein Anflug von Stoppeln entlang des Kinns. Breiter Nacken, breite Schultern, aber nicht zu imposant. Starke Arme und Beine, kräftiger Oberkörper. Schwielige Hände, lange, geschickte Finger. Über dem Batisthemd und der dunklen Hose ein langer Wollmantel, dazu schwarze Stiefel und Lederhandschuhe. Während ich meine Gestalt in den verspiegelten Aufzugtüren begutachtete, übte ich erneut mein Lächeln. Meine Zähne waren vergilbt, was auf übermäßigen Koffein- und Nikotingenuss hindeutete.
    Ganz bestimmt nicht erste Wahl. Aber der Kunde hatte immer recht. Außerdem war ich schon deutlich schlimmer herumgelaufen. Und ich konnte von Glück reden, dass Virginia nicht auf Frauen stand; als männliches Wesen in einem lesbischen Körper gefangen zu sein hätte mich echt fertiggemacht. Wie hätte ich ohne zweites Gehirn vernünftig denken sollen?
    Der Aufzug machte pling, und die Türen öffneten sich. Leer. Umso besser. Meinen Namen und meine Lebensgeschichte im Hinterkopf, betrat ich den Lift und sah mir die Schalttafel an. Dann drückte ich die Taste mit der Nummer 16. Ich widerstand dem Drang, der Sicherheitskamera meinen nackten Arsch hinzustrecken, und ließ stattdessen meine Macht ausschweifen, um den Lift und den Liftschacht zu überprüfen. Ein simpler Mechanismus: Stahlseile, die über eine Rolle liefen und an der Kabinenoberseite befestigt waren, um die metallene Kiste anzuheben. Außerdem gab es ein Gegengewicht, Zahnräder, einen Motor … und ein Bremssystem am oberen wie am unteren Ende des Aufzugschachts. Perfekt.
    Der Lift machte erneut pling. Oberstes Stockwerk: Geschäftsräume von Morse Consulting. Virginias Arbeitgeber. Die Tür glitt auf und ich betrat den Flur. Showtime.
    Ich ging über den Flur zum Haupteingang des Büros und drückte gegen die Tür. Verschlossen, wie erwartet. Virginias Kollegen waren nicht mit ihrem Job verheiratet. Und Virginia würde es bald auch nicht mehr sein, wenn sie mich erst mal kennengelernt hatte. Bevor ich sie tötete, würde ich sie ins Leben zurückholen. Das war das Mindeste, was ich für sie tun konnte.
    Während ich an ihren Duft von Brombeeren und Jasmin dachte, drückte ich den Klingelknopf neben der Tür.
    Kurz darauf kam meine Auserwählte um die Ecke – einen Arm bereits in der Jacke –, um nachzusehen, wer um diese Zeit noch ins Büro wollte. Was für ein Anblick: ihr wildes lockiges Haar, das tiefschwarz wirkte im Vergleich zu ihrem blassen herzförmigen Gesicht; ihre grünen Augen, die wie Smaragde funkelten, so völlig anders als Eris’ hämischer Jadeblick. Ihre fülligen Lippen, die jetzt schon aussahen, als hätte ich sie mit meinem Mund attackiert, sie rot und wund geküsst, bis sie geschwollen und lädiert waren. Ein farbenfroher Schal – fröhlich rot wie die Sünde –, der sich um ihren Hals schlängelte und ihre rechte Brust umspielte, um mich mit seinen Troddeln zu verhöhnen. Aber damit hörte die sexuelle Darbietung auch schon auf: Ihr dicker blauer Pulli hing ihr wie ein Zelt bis über die Oberschenkel und verdeckte die Wölbung ihres Bauches und ihrer Hüften, während ihre weite beige Hose die Kurven ihrer Beine unkenntlich machte. Sogar ihre Füße wurden von klobigen Schnürschuhen entstellt.
    Ich gönnte mir einen letzten flüchtigen Blick auf ihren Schal, dann sah ich ihr ins Gesicht. Als ich so auf sie wartete, kam ich zu dem Schluss, dass sie mir in Rot gut gefiel.
    Sie öffnete die Glastür. Ich Lächeln war warmherzig, aber ihre Augen verrieten, dass sie auf der Hut war. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Ich erwiderte ihr Lächeln – nicht zu offensiv, nur eine kleine Bewegung meiner Lippen – und sagte: »Ja, vielen Dank. Ich habe um halb sieben einen Termin mit Mr. Brook.« Ihrem Chef.
    Sie legte den Kopf schräg und musterte mich nachdenklich. »Tut mir leid, aber der ist schon weg.«
    »Wirklich?« Ich runzelte die Stirn, in der Absicht, verärgert und bestürzt zugleich zu wirken. »Wir haben den Termin schon vor Wochen festgemacht …«
    Das waren offenbar die richtigen Worte, denn ihr skeptischer Gesichtsausdruck wich einem verlegenen Lächeln. »Tut mir leid«, sagte sie. »Das passiert ihm leider häufiger.«
    Ich ließ die Schultern ein wenig sinken, versuchte mich enttäuscht zu geben. Ich schüttelte seufzend den Kopf. »Trotzdem danke für die Auskunft.«
    »Er ist eigentlich ganz okay«, erwiderte sie, während sie ihren anderen Arm in den Ärmel

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